Neckargemünd

Der Volkshochschule droht die Insolvenz

Die Einrichtung benötigt eine Sonderumlage zum Überleben. Die Räte in Neckargemünd, Bammental, Meckesheim und Spechbach stimmen zu.

23.04.2021 UPDATE: 24.04.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden
Im stadteigenen Prinz Carl im Herzen der Neckargemünder Altstadt ist die Volkshochschule beheimatet – gemeinsam mit der städtischen Musikschule. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Es wurde ernst. Bürgermeister Frank Volk erklärte sich als Vorstandsmitglied der Volkshochschule Eberbach-Neckargemünd (VHS) für befangen und gab die Leitung der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderates an seinen Stellvertreter Jürgen Rehberger (Freie Wähler) ab. Auf der Tagesordnung stand die Zahlung einer Sonderumlage an die VHS. Es ging damit um nichts anderes als die Rettung der Einrichtung, die durch die Corona-Krise in finanzielle Schieflage geraten ist. Die Sonderumlage soll die Liquidität sicherstellen und das weitere Aufrechterhalten des Betriebs ermöglichen.

"Die VHS musste 2020 und muss 2021 sowie voraussichtlich auch 2022 erhebliche Defizite verkraften", sagte Rehberger. "Die Kurse können nicht in der bisherigen Form stattfinden." Im vergangenen Jahr fehlten rund 125.000 Euro, dieses Jahr sind es wohl 200.000 Euro und 2022 könnten es noch einmal 81.000 Euro sein. Trotz extremer Sparmaßnahmen könnten die Defizite nicht aus eigener Kraft gestemmt werden. "Das Damoklesschwert einer Insolvenz schwebt über der VHS", machte Rehberger deutlich. Die Volkshochschule teilte mit, dass ihr Fortbestand durch eine Liquiditätslücke "akut gefährdet" sei. Ohne Unterstützung könnte Anfang Juni 2021 die Zahlungsunfähigkeit eintreten.

Im vergangenen Jahr hätte das Defizit noch durch Rücklagen einigermaßen ausgeglichen werden können. Trotz des vorzeitigen Einziehens der Beiträge der Mitgliedskommunen für 2021 sei nun eine Sonderumlage von rund 275.000 Euro fällig, wobei der Anteil von Neckargemünd bei etwa 58.000 Euro liege. Dies würde eine überplanmäßige Ausgabe im Haushalt bedeuten. Im kommenden Jahr wären es noch einmal etwa 80.000 Euro, wovon rund 17.000 Euro von Neckargemünd aufzubringen wären. Diese Summe müsste im Haushalt 2022 eingestellt werden. Sollten die Volkshochschulen vom Land unterstützt werden, würden sich die Umlagen reduzieren, so Rehberger. Die Mitgliederversammlung der VHS habe dem Vorgehen so zugestimmt. "Man würde sich freuen, wenn die Kommunen diesen Weg mitgehen", so Rehberger. "Die VHS ist eine feste Institution, eine Neugründung würde sehr viel Kraft und Zeit kosten."

Hermino Katzenstein (Grüne) berichtete als regionaler Landtagsabgeordneter, dass die Volkshochschulen dem Land ein großes Anliegen seien. Die Grünen und wohl auch die anderen Fraktionen hätten sich sehr dafür eingesetzt, dass diese von den Überbrückungshilfen profitieren. Aus dem Kultusministerium sei jedoch die leider enttäuschende Antwort gekommen, dass erst die neue Landesregierung darüber entscheiden müsse. "Die Antwort ist schwach", meinte Katzenstein und versprach: "Wir bleiben mit Nachdruck dran."

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Winfried Schimpf (SPD) erinnerte sich daran, dass er bei der "Umpolung" vom früheren Bildungswerk zur VHS dabei war. Zehn Jahre habe er ehrenamtlich die Neckargemünder Außenstelle geleitet, was nun durch hauptamtliche Mitarbeiter geschehe. "Die VHS begleitet mich mein ganzes kommunalpolitisches Leben", meinte er. "Es gab nie ein knittriges Rumgemosere hier im Gremium." Dies sei in anderen Orten anders gewesen – zum Beispiel als es vor einigen Jahren um die Rettung der Musikschule ging. "Der Erhalt der Kultur ist uns wichtig", betonte Schimpf. "Deren Förderung gehört zu unseren großen Anliegen."

Gesagt, getan. Der Gemeinderat votierte einstimmig für die Zahlung der Sonderumlage, was bei Malte Awolin für deutliche Erleichterung sorgte. Der Chef der VHS war extra zur Sitzung des Gemeinderates gekommen. "Ich danke herzlich", sagte er. Rehberger hoffte, dass die anderen Mitgliedskommunen genauso abstimmen, "um den Bestand der VHS in diesen schweren Zeiten zu gewährleisten". Bürgermeister Volk dankte als Vorstandsmitglied für die Entscheidung. "Die Situation der VHS bewegt uns sehr", meinte er. Der neue Leiter Malte Awolin sei denkbar ungünstig am 1. April 2020 zum Ausbruch der Corona-Pandemie gestartet. "Er macht es aber hervorragend, auch wenn er selbst von Kurzarbeit betroffen ist", so Volk.

Auch in den weiteren elf VHS-Mitgliedskommunen müssen die Gemeinderäte über die Rettung dieser Bildungseinrichtung abstimmen. Einhellige Voten gab es bereits in Bammental, Meckesheim und Spechbach, wenn auch erst nach eingehenden Diskussionen.

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