Bleiben Dutzende Kinder ohne Betreuungsplatz?
Kindergartenplanung zeigt hohen "Fehlbedarf" - Lage in den Ortsteilen besonders angespannt

Die Kindertagesstätte "Sternschnuppe" will eine neue Gruppe ganztägig betreuen - der Bedarf ist dennoch nicht gedeckt. Foto: Alex
Von Christoph Moll
Neckargemünd. Am 1. September hat das neue Kindergartenjahr 2018/2019 begonnen. Und in Neckargemünd fehlen rechnerisch fast 60 Krippen- und Kindergartenplätze. Dies geht aus der Bedarfsplanung hervor, die der Gemeinderat in seiner zurückliegenden öffentlichen Sitzung trotzdem einstimmig verabschiedet hat. Das Defizit besteht, obwohl der Beschluss die Aufnahme von zwei Gruppen für unter Dreijährige bei der SRH und in der Kindertagesstätte "Sternschnuppe" beinhaltet. Die Aufnahme in die Bedarfsplanung ist die Voraussetzung für die Förderung der Betriebskosten eines Trägers von 63 Prozent bei Einrichtungen für über Dreijährige und 68 Prozent bei Einrichtungen für unter Dreijährige.
Malon Weiher von der Stadtverwaltung erklärte, dass die Einwohnerstatistik die Grundlage für die Bedarfsplanung bildet. Bei unter Dreijährigen geht die Stadt davon aus, dass die Hälfte der Kinder einen Betreuungsplatz benötigt. Im Detail wird damit gerechnet, dass 15 Prozent der Null- bis Einjährigen, 50 Prozent der Ein- bis Zweijährigen und 85 Prozent der Zwei- bis Dreijährigen betreut werden sollen.
Um den Bedarf zu decken, hat die Stadt bereits vor zwei Jahren die Erweiterung des evangelischen Kindergartens in Mückenloch um eine Gruppe für unter Dreijährige mit zehn Plätzen beschlossen. Diese konnte aber bis heute noch nicht eingerichtet werden (siehe Artikel links). Trotz der Verzögerungen geht die Stadt aber davon aus, dass die Plätze noch im nächsten Kindergartenjahr zur Verfügung stehen. Deshalb wurden die Plätze bereits berücksichtigt - obwohl sie noch nicht zur Verfügung stehen. Übrigens: Das wurde auch schon im vergangenen Jahr so gehandhabt.
Eine weitere Maßnahme ist die Aufnahme der neuen Krippengruppe bei der SRH mit zehn Plätzen zum 1. September in Ganztagesbetreuung. Außerdem will die Kindertagesstätte "Sternschnuppe" ihr Angebot für unter Dreijährige ausbauen. Auch hier ist eine neue Gruppe mit zehn Plätzen angedacht. Die Betreuung soll künftig ganztägig stattfinden.
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Insgesamt sieht die Stadt - zumindest rechnerisch - ein "enormes Defizit" an Plätzen für unter Dreijährige. Malon Weiher sprach von 24 Plätzen, obwohl hier schon die beiden neuen Gruppen und die neue Gruppe in Mückenloch bereits berücksichtigt sind. Wie hoch das Defizit tatsächlich ist, ist unbekannt. "Die Anfragen von Eltern nehmen zu, die Nachfrage an Plätzen für unter Dreijährige steigt", berichtete Weiher. "Junge Eltern wollen schneller in den Beruf zurück." Deshalb sei ein weiterer Ausbau von Ganztagesplätzen notwendig.

Wer betreut den Nachwuchs der Stadt Neckargemünd? Vielen Kindern fehlt ein Platz. Foto: Reichel
Bei den über Dreijährigen geht die Stadt davon aus, dass alle Kinder betreut werden sollen. Lediglich bei den Fünf- bis Sechsjährigen sind es nur 60 Prozent, weil hier einige Kinder bereits in die Schule gehen. Die sogenannten Regelgruppen mit einer Betreuung von vier Stunden am Vormittag seien bereits "ausgestorben", so Weiher.
Drei Viertel aller Plätze haben "verlängerte Öffnungszeiten", ein Viertel sind Ganztagesplätze, die weiter an Bedeutung gewinnen. "Der Ausbau von Ganztagesplätzen muss vorangetrieben werden", stellt Weiher klar. So soll zum Beispiel die Kindertagesstätte im Wiesenbacher Tal bis zum Jahr 2020 auf Ganztagesbetrieb umgestellt werden.
Insgesamt fehlen im Stadtgebiet rechnerisch 32 Plätze, wobei die Lage in der Kernstadt nicht so kritisch darstellt wird wie in den Ortsteilen. Hier bestehe ein "hoher Fehlbedarf", so Weiher. Die Stadt weist darauf hin, dass der Rechtsanspruch auf einen Platz auch dann erfüllt ist, wenn innerhalb des Stadtgebiets ein Platz zur Verfügung steht. Eltern aus Mückenloch müssten also auch mit einem Platz für ihr Kind in Kleingemünd leben. Das Problem: "Hierzu müssten jedoch ausreichend Plätze zur Verfügung stehen, was aktuell nicht der Fall ist", heißt es in der Ausarbeitung der Stadt.
Viele Neckargemünder Kinder seien schon jetzt in auswärtigen Einrichtungen untergebracht, gab Weiher zu bedenken. Und es gibt Fragezeichen: Weiher nannte die "nicht abschätzbare Zahl an Flüchtlingskindern". Bürgermeister Frank Volk erinnerte daran, dass die Situation mit der Ansiedelung einer Einrichtung des privaten Trägers "Mäusezauber" im Gewerbepark an der B45 Richtung Bammental entspannter wäre. "Dann hätten wir alle Vorgaben erfüllt", meinte er. Der Gemeinderat hatte die Aufnahme verweigert und beschäftigte sich auch weiter mit diesem Thema. Volk empfahl deshalb "auf Sicht zu handeln".