Kinderbetreuung in Neckargemünd

Steigende Kinderzahlen setzen Stadt unter Zugzwang

Der Gemeinderat verabschiedete die Bedarfsplanung der Kindertagesbetreuung - Alle Einrichtungen werden wieder gefördert

20.09.2017 UPDATE: 21.09.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden

Foto: dpa

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Wer in Neckargemünd oder den Stadtteilen nach einem Kindergartenplatz für den Nachwuchs sucht, wird in der Regel auch fündig. Das wurde in der zurückliegenden öffentlichen Sitzung des Gemeinderates deutlich, als es um die Bedarfsplanung der Kindertagesbetreuung für das Kindergartenjahr 2017/2018 ging. "Dieses Mal noch ohne Gebührenanpassung", sagte Bürgermeister Frank Volk. "Wir hatten ja erst zum 1. Januar erhöht." Der Gemeinderat beschloss einstimmig, alle Einrichtungen wieder in die Förderung aufzunehmen. Freie Einrichtungen mit Kindern unter drei Jahren erhalten 68 Prozent der Betriebskosten erstattet, bei Kindern über drei Jahren sind es 63 Prozent.

Hintergrund

Die Suche nach Fachkräften für die Kinderbetreuung gestaltet sich schwierig - auch in Neckargemünd. Es fehlt schlicht an qualifiziertem Personal. Durch den massiven Ausbau der Kleinkindbetreuung in den letzten Jahren hat sich dieses Problem noch verschärft.

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Die Suche nach Fachkräften für die Kinderbetreuung gestaltet sich schwierig - auch in Neckargemünd. Es fehlt schlicht an qualifiziertem Personal. Durch den massiven Ausbau der Kleinkindbetreuung in den letzten Jahren hat sich dieses Problem noch verschärft. Hinzu kommt, dass in den kommenden Jahren viele Fachkräfte in den Ruhestand gehen. Die Resonanz auf Stellenausschreibungen ist meist gering, häufig muss die Stadt sofort ein unbefristetes Arbeitsverhältnis anbieten. Die Stadt Neckargemünd hat auf diese Entwicklung reagiert und bildet nun wieder selbst aus. Sie hat ab diesem September wieder zwei sogenannte Anerkennungspraktikanten aufgenommen. Um die Suche nach neuem Personal zu erleichtern, wurde der sogenannte Fachkräftekatalog erweitert, der die notwendigen Qualifikationen festlegt. Neben staatlich anerkannten Erziehern dürfen auch staatlich anerkannte Kinderpädagogen und Sozialarbeiter, Kinderkrankenpfleger, Physiotherapeuten, Logopäden, Grund-, Haupt- und Sonderschullehrer sowie Hebammen und Dorfhelfer in einer Kinderbetreuungseinrichtung arbeiten. Die Arbeit in diesen sogenannten "multiprofessionellen Teams" stelle eine große Herausforderung dar, erklärte Hildegard Semrau von der Stadtverwaltung. cm

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Hildegard Semrau von der Verwaltung erläuterte, dass die Stadt für die Betreuung von unter Dreijährigen eine Bedarfsquote von 42 Prozent annimmt - und nicht 34 Prozent, wie das Land vorgibt. "Wichtig ist aber der tatsächliche Bedarf", sagte sie. Im gesamten Stadtgebiet sind für unter Dreijährige 133 Plätze vorhanden, mit denen 36,5 Prozent der Kinder in dieser Altersklasse betreut werden könnten. Bei den über Dreijährigen sind es 421 Plätze, was für 105,7 Prozent der Kinder in dieser Altersklasse ausreicht - es gibt also mehr Plätze als Kinder.

In der Kernstadt gebe es für über Dreijährige noch ausreichend Plätze, sagte Semrau. Bei den unter Dreijährigen bestehe jedoch eine rechnerische Unterdeckung. Der tatsächliche Bedarf könne jedoch gedeckt werden. "Gruseliger sieht es in den Ortsteilen aus", meinte Semrau. In Waldhilsbach und auf dem Dilsberg bestehe für über Dreijährige teilweise eine hohe rechnerische Unterdeckung, doch tatsächlich gebe es keine Eltern ohne Platz für ihren Nachwuchs.

Anders in Mückenloch: Hier fehlen tatsächlich neun Plätze für unter Dreijährige. "Der Ausbau des evangelischen Kindergartens hat sich verzögert, weil die Suche nach einem Architekten schwierig war", berichtete Semrau. Jetzt würden die Pläne vorliegen, aber die berechneten Kosten seien höher als gedacht. "Wir sind in Gesprächen und müssen noch an den Plänen feilen", sagte Semrau. "Es muss ein Modell sein, das flexibel ist und in der neuen Gruppe sowohl unter als auch über Dreijährige betreut werden können." Für Letztere gebe es aktuell noch Restplätze, was sich aber ändern könne.

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"Die Bedarfsplanung bewegt sich zwischen statistischer Berechnung und dem Blick in die Glaskugel", sagte Semrau. Viele Eltern würden ihre Kinder etwa in Heidelberg in den Kindergarten geben, weil sie zum Beispiel dort arbeiten. Es werde eine immer frühere und immer längere Betreuung gewünscht. Und: Den prognostizierten Bevölkerungsrückgang werde es in Neckargemünd so schnell nicht geben. "Die Kinderzahlen steigen", sagte Bürgermeister Volk. "Das ist erfreulich, zwingt uns aber zum Handeln."

Die Kinderbetreuung mit ihren verschiedenen Konzepten sei ein Pfund, mit dem die Stadt wuchern müsse, meinte Jürgen Rehberger (Freie Wähler). Sie mache Neckargemünd als Wohnstadt attraktiv. Es könne vorkommen, dass Waldhilsbacher Eltern nur einen Platz in Mückenloch bekommen - dies solle aber möglichst vermieden werden. Rehberger kam auf die Kosten zu sprechen: "Wir müssen immer mehr zuschießen, ohne dass wir vom Land mehr bekommen." Langfristig müsse das Ziel eine für Eltern kostenfreie Kinderbetreuung wie in Rheinland-Pfalz sein.

Dies sollte mindestens für über Dreijährige der Fall sein, meinte Anne von Reumont (CDU). Um dies zu finanzieren, müsse die Stadt "auf etwas anderes verzichten", meinte sie - ohne zu sagen, auf was konkret. Die Ortsvorsteherin von Waldhilsbach sagte, dass die Betreuung bis 14 Uhr im dortigen Kindergarten nicht mehr ausreichend sei. Mütter mit einer Halbtagsstelle müssten "mit quietschenden Reifen anfahren, um sich nicht den sonst berechtigten Zorn der Erzieherinnen auf sich zu ziehen". Der Gemeinderat habe bei der Kinderbetreuung nie Abstriche gemacht, sondern stets ausgebaut, betonte Walter Berroth (SPD).

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