Ingo Appelt sorgt für Lachtränen, Kopfschütteln und Applaus
Der Komiker trat bei "Kultur im Bürgerhaus" auf. Es gab zwei ganz unterschiedliche "Halbzeiten" zu sehen.

Von Rudi Kramer
Mühlhausen. Seit über dreißig Jahren steht er auf der Bühne und bewegt sich erfolgreich zwischen Comedy und Kabarett: Ingo Appelt. Auch bei seinem Auftritt bei "Kultur im Bürgerhaus" nahm er kein Blatt vor den Mund. Dafür erntete er Lachtränen, Kopfschütteln und viel Applaus. In seinem Programm "Der Staats-Trainer" erlebte das Publikum einen bühnenerfahrenen Alleinunterhalter, der für sein Programm lediglich ein Mikrofon braucht. Dabei trank er nicht einmal einen Schluck Wasser, während er seinem Publikum einheizte.

Ingo Appelt spielte zwei ganz unterschiedliche "Halbzeiten". Der erste Teil war gespickt mit feiner, scharfzüngiger Gesellschaftskritik. Note: Hervorragend! Im Eiltempo hechelte der Komiker durch aktuelle gesellschaftspolitische Themen. Die zweite Halbzeit einschließlich der Nachspielzeit war – wie im Spiel Deutschland gegen Japan – geprägt von nachlassendem Niveau, Schüssen weit unter die Gürtellinie und aneinandergereihten Geschmacklosigkeiten.

"Betreutes Hassen" auf alle Dinge, die es vertragen, gehasst zu werden, schlug er seinen Zuhörern vor. So konnten die Mühlhausener und alle anderen im Saal auch ihren Frust gegenüber Ingo Appelt loswerden. Die Stimmung war von Anfang an angeheizt. Zunächst bekamen zahlreiche Politiker ihr Fett weg und wurden von ihm imitiert. Corona war für ihn eine schlimme Zeit und Jens Spahn und Karl Lauterbach die "Schreckgespenster" für diese Jahre. "Blitzableiter" waren in dieser Zeit die Kinder, die zu Hause betreut werden mussten und viele Nerven kosteten. Jetzt sieht er endlich "Licht am Ende des Tunnels". Wenn auch kein Ende der Ärgernisse: So haben Greta Thunberg und die "Letzte Generation" nach Appelts Ansicht die Umwelt vor lauter Handy-Gucken noch nie richtig gesehen.
Beim Rundumschlag auf die Politiker kam kaum einer ungeschoren davon. Olaf Scholz habe die Bundestagswahl gewonnen, "weil er als einziger im Wahlkampf nichts gesagt hat." Sehr flexibel präsentierten sich derzeit die "Grünen", die sich wie ihr Mitstreiter Anton Hofreiter "von Pazifisten in Waffenhändler" verwandelt hätten. Dem Bundesminister für Arbeit, Hubertus Heil, sei "das Elend des Landes ins Gesicht geschrieben". Der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel trauert Appelt nach: "Merkel hätte weiterregieren müssen, bis die Pandemie vorbei ist." Ab und zu hätte sie auch einmal lächeln können. Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder habe sich im "russischen Dschungel" verirrt. Dorthin habe ihn die Männerfreundschaft zu Putin getrieben. Niemand sei bereit, ihn aus dem Dschungel zu holen.
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Ingo Appelt liebt es, zu essen, schwärmte von köstlich gebratener Gans oder einem deftigen Schäufele und ließ sein Publikum nebenbei wissen, dass derjenige Corona verdient habe, der "veganes Wasser" trinkt. Mit den Worten "Comedy macht gegenseitig glücklich und verdient daher Wertschätzung" gönnte er seinem Publikum eine kurze Erholungspause vom vielen Lachen.
In dieser ersten Hälfte war der Künstler der "Ingo für Deutschland", der "Volks-Ingo", ein Ingo für alle Überforderten und Unterbezahlten, alle Angestrengten und Ausgebeuteten. Ingo Appelt will mit seinem Programm aufrichten und trösten, wenn es sein muss auch mit Zweckoptimismus.
Im zweiten Teil des Abends drehte der Comedian so richtig auf und feuerte sein tabuloses Feuerwerk unterhalb der Gürtellinie ab. Da bekamen die ach so schwachen Männer aufs Dach, die über das Wetter, die Wirtschaftslage, die Kinder, das Klima und das Vatersein klagen. Aber auch die Damen wurden aufs Korn genommen, die sich etwa über schwache Männer genauso beschweren wie über rücksichtslose Machos. Ingo Appelt nahm die berechtigten Ängste der Menschen durchaus ernst und verwandelte sie teilweise in erfrischenden Humor. Die geschmacklosen Entgleisungen hat er eigentlich nicht nötig.