Walldorf

So liefen Ingo Appelts Auftritte bim Zeltspektakel

Der bekannte Komiker bot gleich an zwei Abenden jeweils über zwei Stunden Kurzweil - Attacke auf die Lachmuskeln

02.09.2019 UPDATE: 03.09.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 52 Sekunden

Füllte gleich an zwei Abenden das Walldorfer Spektakelzelt: Ingo Appelt, der Kabarett und Komik mischte und mit Spontanität und Schlagfertigkeit überzeugte. Foto: Pfeifer

Von Hans-Dieter Siegfried

Walldorf. Das Fitnessstudio kann getrost für die kommenden Tage gestrichen werden: Zumindest das Training für die Bauchmuskulatur hat Kabarettist und Komiker Ingo Appelt für die Besucher überflüssig gemacht. Bei seinen zwei Auftritten beim Zeltspektakel unternahm er erfolgreich Angriffe auf die Problemzone in der Körpermitte. Lachen war angesagt und das nicht zu knapp. Dass er ein Publikumsmagnet ist, war den Zeltspektakel-Machern bereits im Vorfeld klar, daher wurde er schon früh für einen zusätzlichen Auftritt gewonnen.

In über zwei Stunden brillierte der 52-Jährige, der heuer sein 30-jähriges Bühnenjubiläum feiert, mit Schlagfertigkeit und schier unerschöpflicher Komik. All das, ohne Luft zu holen. Er hat die Fähigkeit, sprunghaft und mit viel Witz unterlegt, Promis und Politiker auf die Schippe zu nehmen. Und nicht nur das: Seine Parodien glänzten durch den entsprechenden Dialekt, gepaart mit der passenden Körperhaltung. So nahm er das Spektakelpublikum mit auf eine berauschende Reise.

Die bekennende "rote Socke" Appelt - er ist langjähriges SPD-Mitglied - ließ dabei nichts aus. Auf die aktuellen Landtagswahlergebnisse in Sachsen und Brandenburg eingehend, kommentierte er: "Ist wie im Kreisverkehr, rechts rein und rechts raus." Sein Ausflug nach Franken, dort ging der gebürtige Essener eine Zeit lang zur Schule, sei mit immensen Schwierigkeiten verbunden gewesen. "Ich brauchte, um die Leute dort zu verstehen, einen Simultan-Dolmetscher", bekannte er, nicht ohne jedoch die inzwischen perfektionierte Aussprache der "Nürnbercher" an Frau und Mann zu bringen.

Klar, auch die Mentalität des dortigen Völkchens zeigte er auf. "Treffen sich zwei Franken. Fragt der eine: Was machen denn deine Kinder? Antwort: Der Sohn ist in die Politik gegangen, die Tochter auf den Strich. Die Reaktion: Na, wenigstens aus dem Mädel ist was geworden."

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Zu solch plumpen Witzen griff Appelt jedoch glücklicherweise nicht gar zu oft und stellte Oberflächliches gleich in eine ernste Relation. Das Gehabe der Briten um den "Brexit" brachte er auf den Punkt, um es gleich mit einem Bild zu ergänzen: "Wenn ich den kleinen, hässlichen Bruder von Donald Trump schon sehe, diesen Boris Johnson ... Ich kann das Wort ’Brexit’ nicht mehr hören."

Appelt nahm kein Blatt vor den Mund, streifte die Flüchtlingspolitik und unternahm einen Ausflug in die hiesige politische Landschaft. Als "Flintenuschi" bezeichnete er die einstige Verteidigungsministerin von der Leyen, fügte die Auszeichnung "schneller Brüter" wegen ihrer sieben Kinder flugs hinzu und imitierte in köstlicher Weise Angela Merkel und Helmut Kohl.

Schwerpunkt des Abends war die Beziehungsverflechtung zwischen Mann und Frau. Sein Programm "Besser ... ist besser" erwies sich als eine atemberaubend schnelle Anhäufung von in sich geschlossenen Kurzgeschichten. Vor allem, so sein wohlgemeinter Ratschlag, müsse sich das männliche Geschlecht in der Rolle eines Dienstleisters sehen, Frühstück in Perfektion zubereiten, und das mit dem nötigen Schuss Humor, der bei Frauen ganz oben stehe. "Dabei ist, seien wir doch mal ehrlich, Humor nichts anderes, als sich an seiner eigenen Zerstörung zu beteiligen", ließ Appelt los. "Wir Männer müssen lernen, mit Frustrationen umzugehen", fügte er hinzu.

Sein nicht enden wollender Angriff auf die Lachmuskeln machte vor nichts Halt. Erdogan und sein Verhältnis zu Ziegen kam ebenso zur Sprache wie ein köstlicher Seitenhieb auf Herbert Grönemeyer, den er als "textlosen Inbegriff der männlichen Weichlichkeit" bezeichnete, untermalt mit den entsprechen Kostproben. Furios sein Auftritt kurz vor Ende des Programms, als sich Ingo alias Herbert an den Flügel begab, um das zu untermauern. Getreu seinem Motto "ganz ohne Sauereien geht’s nicht" fasste Ingo Appelt ungehemmt Themen an, die andere beschämt links liegen lassen.

Was man so einigermaßen wertneutral als "Bettgeflüster" bezeichnen könnte, entpuppte sich bei Appelt als eine Ansammlung von prägnanten Derbheiten, die doch das eine oder andere, wenn auch vorsichtige Nicken im Publikum hervorriefen. Mit dabei auch die unterschiedlichen Tonlagen, die bei Männern aus diversen Körperöffnungen entweichen. "Wir haben da eine eigene Art der Kommunikation", erläuterte er und verglich solche Urlaute mit Walgesängen.

Depressionen beim starken Geschlecht sprach er zudem an: Kein Wunder, wenn man einen genauen Blick auf so manches Kosewort werfe, "ist doch klar, dass wir nicht alles wegstecken können". Sein Beispiel: "Nehmen wir mal ’Schatzi’. Dahinter verbirgt sich die nicht gerade berauschende Kombination aus ’Schaf’ und ’Ziege’ und das geht uns schon nahe."

Ort des Geschehens

Es waren zwei Abende der Vielseitigkeit, eine Mischung aus Derbem und Hintergründigem, köstlich präsentiert. Man hatte nie das Gefühl, Ingo Appelt spule nur sein Programm ab. Seine Spontanität war der Hammer, sein Timing perfekt. Und für den Chronisten hatte er noch einen flotten Spruch auf Lager: "Schreib was Gescheites, du journalistische Flitzpiepe!"

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