Metropolink-Festival in St. Leon-Rot

Künstlerin aus Georgien beißt in den sauren Apfel

Bereits zum dritten Mal war St. Leon-Rot Standort einer Installation im Rahmen des Festivals für Urbane Kunst

19.07.2018 UPDATE: 20.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 47 Sekunden

Eröffneten das Wandkunstwerk: (v.li.) Metropolink-Kurator Pascal Baumgärtner, Künstlerin Salome Rigvava und Hauptamtsleiterin Anette Reich. Foto: Lawinger-Erhard

St. Leon-Rot. (tore) St. Leon-Rot ist um einen Blickfang reicher: An zentraler Stelle ist ein weiteres Wandkunstwerk im Rahmen des Metropolink-Festivals entstanden, die georgische Künstlerin Salome Rigvava schuf es. "Es ist der saure Apfel, in den wir alle schon mal reingebissen haben", kommentierte Hauptamtsleiterin Anette Reich in Vertretung für den kurzfristig verhinderten Bürgermeister das Wandgemälde - gewissermaßen eine Großaufnahme einer jungen Frau, die in einen Apfel beißt, die Mimik dabei sehr lebensnah wiedergegeben.

"Ich habe es zu Hause vor dem Spiegel probiert und mein Gesichtsausdruck sah genauso aus", bekannte Anette Reich augenzwinkernd. Treffend brachte sie eine gewisse Ambivalenz zum Ausdruck: "Es kratzt ein bisschen beim Betrachten" - "Es ist ein echter Hingucker geworden!"

Während die Leinwände, die die Künstlerin Salome Rigvava sonst gestaltet, in öffentlichen Galerien meist als Leihgaben ausgestellt sind, habe man mit der Fassade ein dauerhaftes Kunstobjekt im öffentlichen Raum erhalten, freute sie sich: "Bei uns bleibt es."

Bereits zum dritten Mal war St. Leon-Rot Standort einer Installation im Rahmen des schwerpunktmäßig in Heidelberg stattfindenden Festivals für Urbane Kunst. "Metropolink"-Kurator Pascal Baumgärtner drückt damit die Verbundenheit mit seiner Heimatgemeinde aus. Neben Familie und Freunden war es dieses Jahr der Theaterverein "Scheinwerfer ‘87", der das Entstehen des Kunstwerks begleitete und die Organisation der Eröffnungsfeier übernommen hatte.

Kurz ging Baumgärtner auf den Entstehungsprozess ein: So war es diesmal ein Hauseigentümer, Harald Brecht aus der Marktstraße, der aktiv auf den Festivalkurator zuging, um seine Wand anzubieten, nachdem er von den beiden "Oeuvres" der letzten Jahre (am Schuhhaus Back in der Hauptstraße in Rot und an einem Privathaus in der Walldorfer Straße am Roter Ortsausgang) sehr angetan war.

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"Da war die Sache schnell entschieden." Diese Wand befindet sich gegenüber dem neu gestalteten Amselplatz in St. Leon, in unmittelbarer Nähe zum Eiscafé und zur katholischen Kirche - viel zentraler gehe fast nicht, so Baumgärtner.

Ein weiteres Mal hat St. Leon-Rot sich am Kunstfestival "Metropolink" beteiligt. Nachdem ein Hausbesitzer aktiv auf die Festivalleitung zuging, gestaltete die georgische Künstlerin Salome Rigvava dieses Selbstporträt. Foto: Lawinger-Erhard

Für die Ausführung fiel seine Wahl schnell auf Salome Rigvava. "Sie malt oft Selbstporträts - das hier ist auch eines - und kehrt so ihr Inneres nach außen." Auf diese Weise "reiße" die Künstlerin den öffentlichen Raum auf. "Genau darum geht es uns mit dem Festival", so Baumgärtner: Neue Orte beleben, neue Perspektiven erschließen.

Passend dazu werde im Rahmen des Festivals auch ein Straßenzug im Patrick-Henry-Village in Heidelberg von 20 Künstlern neu gestaltet, unter ihnen auch Salome Rigvava. "Das wird ein Schauplatz der künstlerischen Freiheit!" Im Rahmen des Konversionsprozesses der ehemaligen US-Army-Liegenschaften könne urbane Kunst als "Ventil" fungieren.

Ein weiterer Schwerpunkt des Kunstfestivals liegt auf der Kooperation mit Schulen, neben Heidelberg ist hier beispielsweise auch Walldorf dabei. Baumgärtner bedankte sich bei der Gemeinde St. Leon-Rot und allen weiteren Unterstützern.

Die Künstlerin selbst berichtete von den Schwierigkeiten des Unterfangens: Für sie war es die erste Wand überhaupt, die sie bemalte, bisher habe sie nur auf Leinwände gemalt. "Bei uns zu Hause in Georgien ist das nicht möglich, da ist die Regierung gegen solche Kunstwerke im öffentlichen Raum."

Drei Tage habe sie "durchgemalt", bis das Werk fertig war, die brennende Sommerhitze erleichterte die Arbeit dabei nicht. Zum Einsatz kam vorwiegend Dispersionsfarbe, aber auch Spraydosen.

Nach ihrem Studium an der Kunstakademie in Tiflis, der Hauptstadt Georgiens, folgte ein Auslandsaufenthalt in Deutschland für weitere Studien. Seither stellt Salome Rigvava in aller Welt aus, lebt und arbeitet aber vorwiegend in Tiflis.

Im Oktober ist eine Ausstellung in München geplant. Unterstützt wurde sie in St. Leon von Emzari Bazerashvili, der den gleichen beruflichen Werdegang wie sie aufweisen kann und bereits vor zwei Jahren (gemeinsam mit Georgi Rukhadze) die Wand am Schuhhaus Back in Rot gestaltet hatte.

Dass das Gemälde gut ankommt, merkte man deutlich bei der Eröffnungsfeier. "Good job" gratulierten einige Besucher der Künstlerin - beziehungsweise im Dialekt: "Des isch brudaal." Anwohner berichteten von der Spannung, die sie tagein, tagaus beim Fortschritt der Arbeiten empfunden hätten, regelrecht mitgefiebert habe man.

Die zentrale Lage sorgte dafür, dass viele die Eröffnungsfeier besuchten und die laue Sommernacht anschließend im Hof von Harald Brecht ausklingen ließen. Dort bewirteten die "Scheinwerfer" die Gäste der Vernissage und die Band "Noctilucent" steuerte den passenden Soundtrack bei.

"Kultur ins Gemeindeleben einzubringen, haben wir Scheinwerfer uns seit jeher auf die Fahne geschrieben, von daher war eine Kooperation mit dem Metropolink-Festival absolut sinnvoll. Es hat Spaß gemacht, Teil des Ganzen zu sein und Farbe in das kulturelle Leben von St. Leon-Rot zu bringen," so der zweite Vorsitzende Johannes Rehorst.

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