Erste Funde bei Grabungen in der Nordstadt
Wissenschaftler untersuchen derzeit Neubaugebiet – Archäologen profitieren noch von Luftbildarchäologie von Heukemes

Berndmark Heukemes gilt als Pionier der Luftbildforschung in Deutschland, von der die heutigen Wissenschaftler immer noch profitieren.
Von Axel Sturm
Ladenburg. Die archäologischen Voruntersuchungen auf dem Gelände der neuen Nordstadt haben vor zwei Wochen begonnen. In der Erde des zwölf Hektar großen Neubaugebietes werden Funde erwartet, die von Bedeutung für die Aufarbeitung und Dokumentation der Stadtgeschichte sein könnten. Benjamin Nix vom Landesamt für Denkmalpflege jedenfalls geht fest davon aus, dass interessante Dinge ans Tageslicht kommen werden.
"Wir sind in Ladenburg und daher ist es klar, dass wir uns auf einem archäologisch bedeutenden Gebiet befinden", sagte Nix. Funde wie Tonscherben, Metallfunde und sogar vollständig erhaltene Gefäße kamen schon zum Vorschein. "Es könnte spannend werden", sagte der Archäologe.
Davon ist auch der Ladenburger Stadtbildpfleger Egon Lackner überzeugt. Schon vor Jahrzehnten hat der damalige Museumsleiter und Stadtbildpfleger Berndmark Heukemes im Kurzgewann ein römisches Gräberfeld entdeckt. Als sicher gilt, dass dieses Gebiet von den Römern besiedelt wurde, denn es wurden damals auch Reste von römischen Bauten freigelegt. Damals steckte die von Heukemes in Deutschland entwickelte Luftbildarchäologie noch in den Kinderschuhen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gelang es ihm, die amerikanischen Besatzer davon zu überzeugen, bei der Suche nach Funden aus dem antiken Ladenburg mitzuwirken. Heukemes wusste, dass in England die Luftbildarchäologie half, zugeschüttete Straßen und Gebäude aus Flugzeugen heraus aus großer Höhe zu sichten.
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Die Amerikaner willigten ein, sodass Heukemes als erster deutscher Archäologe das wirksame Suchverfahren anwenden konnte. Er fotografierte das Stadtgebiet um Heidelberg und Ladenburg und konnte beweisen, dass in der Ladenburger Südstadt einst das größte römische Theater jenseits der Alpen stand. Auch das Gebiet Kurzgewann, in dem die neue Nordstadt entstehen wird, erforschte Heukemes aus der Höhe.
Die Fotos sind den Archäologen, die jetzt das Gebiet erforschen, eine wichtige Hilfe. Nix erläuterte, dass ein erfahrener Baggerfahrer derzeit vier Meter breite Suchschnitte im Boden der Nordstadt anlegt. Diese sind bis zu drei Meter tief, wenn Ausgrabungen angeordnet werden. Die Archäologen prüfen zunächst den Aufbau der Bodenschichten, die Kenntnisse darüber geben, ob es sich um ein einst besiedeltes Gebiet handelt.
Die Nähe zur römischen Stadt, frühere Funde auf den Ackerflächen und die Besiedlungssituation auf den ehemaligen Neckarschwemmkegeln sind dafür verantwortlich, dass das Gebiet der Nordstadt als "archäologische Verdachtsfläche" ausgewiesen ist. Die für Ladenburg zuständige Grabungsleiterin, Britta Rabold, ist regelmäßig vor Ort, um sich über den Stand der Voruntersuchungen zu informieren.
"Wir sind noch ganz am Anfang, daher kann noch keine Bilanz gezogen werden", sagte Nix. Er geht davon aus, dass für die Untersuchungen in der Nordstadt mindestens drei Monate benötigt werden. Besonders spannend wird es wohl werden, wenn die Kleingartenanlage, die derzeit geräumt wird, archäologisch untersucht wird.
Das Denkmalschutzgesetz von Baden-Württemberg schreibt zwingend vor, die archäologischen Strukturen zu erfassen. Ziel sei es, die Funde auszugraben, um sie für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Dies ist allerdings nicht immer möglich. Im Falle einer drohenden Zerstörung durch eine Überbauung ist die Dokumentation der archäologischen Funde daher zwingend vorgeschrieben.
Die Kosten für die Sicherung der Funde trägt übrigens der "Verursacher", also die Stadt. In den vergangenen Jahren kam es in Ladenburg immer wieder vor, dass bedeutende Funde aus Kostengründen nicht freigelegt werden konnten. So wurde zum Beispiel 2005 am Neckartorplatz eine Holzbrücke am damaligen Neckarufer entdeckt. Der spektakuläre Fund wurde aus Kostengründen aber nicht sichtbar gemacht, sondern konserviert und die Fundstelle wieder zugeschüttet.
Erst vor wenigen Wochen hat der Gemeinderat entschieden, das freigelegte Bachbett zur Pflastermühle nach der wissenschaftlichen Auswertung wieder zu verfüllen. Diese Vorgehensweise kritisierte die Vorsitzende des Heimatbundes, Carola Schuhmann, die davor warnte, den Weg der Zuschüttung von Bodendenkmälern fortzusetzen.
Die wissenschaftlichen Untersuchungen im Baugebiet Nordstadt werden von zahlreichen geschichtsinteressierten Bürgern verfolgt. "Jeden Tag bekommen wir Besuch von Menschen, die sich über den Stand der Grabungen informieren", sagte Nix. Und dabei gibt es sicherlich noch einige Zeit lang viel zu sehen.