Wissenschaft und Pflanzen zum Anfassen
Kulturen mit Kamerafallen und Nützlingen schützen: Das Institut für Kulturpflanzen gab Einblicke in seine Arbeit.

Dossenheim. (dw) Interesse und Neugierde hätten ihn an die Bergstraße gelockt, sagte Andreas Hauck. Schon immer habe er den "Tag der offenen Tür" besuchen wollen, den das nach Julius Kühn benannte Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) mit seinen beiden Einrichtungen für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau sowie biologischen Pflanzenschutz am Standort "Dossenheim" veranstaltet. Jetzt habe es geklappt. So ist er aus Schönau aus dem Odenwald in die Ebene gekommen. Viele andere hatten es ihm gleichgetan. Kaum hatte das Haus am Sonntag mit seinem Freigelände die Pforten geöffnet, strömten die Menschen herbei. Im Gebäude wie im Freien fanden sich Stationen, an denen aus dem Forschungsalltag berichtet wurde.
Hauck, der einen 3000 Quadratmeter großen Garten mit Obstbäumen sein Eigen nennt, versprach sich Information. Ihn und seine Bäume beschäftigen die Wühlmäuse. Keine Pflanzung ohne Schutzkorb, so sein Credo. Wühlmäuse stehen beim JKI gerade nicht im Fokus. Hier beschäftigt man sich viel mit Insekten, insbesondere auch mit den "invasiven". Nicht heimische Arten erhalten dieses Etikett, wenn sie sich "massenhaft vermehren und hier natürlich vorkommende Ökosysteme, Biotope oder Arten schädigen", definiert das zuständige Ministerium den Begriff. Invasiv sind etwa die in China beheimateten Stinkwanzen. "Das Thema wird uns in Zukunft noch mehr beschäftigen", meinte eine Mitarbeiterin angesichts des Klimawandels.
Spannend war "Insekten fördern – Nützlinge schützen". Der Titel der Station klang schlicht. Dort wurde aber gezeigt, wie künstliche Intelligenz (KI) sinnvoll einsetzbar ist. Biologe Maximilian Sittinger forscht dort zusammen mit anderen. Die KI kann hier einen wertvollen Beitrag bei der Erfassung von Populationen leisten – etwa des Nützlings Schwebfliege. Bislang sei diese Untersuchung mit Einschränkungen verbunden gewesen, erklärte Doktorand Maximilian Sittinger. Die Erfassung konnte nur über kurze Zeiträume erfolgen. Dabei wurden die Fliegen in Fallen gelockt, getötet und untersucht. Mit der neuen Methode überleben die Tiere. Gezielt angelockt nimmt eine Kamera sie auf. Nach dem "Klick" fliegen die Tiere einfach weiter. Die KI gleicht die Aufnahme mit Daten ab und bestimmt die Art. Die Qualität der Auswertung hängt vom Umfang des hinterlegten Materials ab. Kontinuierliche Anwendung verbessert das System daher von selbst.
"Sie bestimmt, was von oben bestimmbar ist", beschrieb Sittinger die Anwendung weiter. Die KI-gestützte Methode ermögliche überdies Zeitreihen, die statistische Ausreißer erkennbar machen. Dem Wissenschaftler ist klar, dass sich herkömmliche Methoden mit Untersuchung des Insekts und KI ergänzen. Seit der Pandemie haben Viren ein noch schlechteres Image, als sie es zuvor schon hatten. Dabei können sie durchaus Gutes bewirken. Das Baculovirus ist ein solches. Im Obstbau ist das Familienmitglied Apfelwickler-Granulovirus von Amts wegen "zugelassene" Schädlingsbekämpfung, daher eine "Lizenz zum Töten", wie Dr. Jörg Wennmann, Leiter des Fachgebiets "Molekulare Insektenpathologie und Bioinformatik", augenzwinkernd den Titel der Station erklärte.
Forschung fördert Wissen, hat offensichtlich Humor und produziert auch Genüsse. Kellermeister Christoph Pfeiffer bot Wein an, den er aus Trauben der Außenstelle in Bernkastel-Kues kelterte. "Er macht sehr guten Wein", sagte Professor Dr. Johannes Jehle, Leiter der aus Darmstadt zugezogenen Forschung "Biologischer Pflanzenschutz."
Der Standort im neuen Gewand, so wie er sich den Besuchern darstellte, war weit mehr als bloße Herzensangelegenheit von Professor Dr. Wilhelm Jelkmann. Jelkmann leitet das hier schon immer beheimatete Institut "Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau" zunächst kommissarisch, seit 2008 offiziell. Mit Ablauf des Monats Juli geht er in Ruhestand. Eine Nachfolge würde gerade gesucht, so Kollege Jehle.