Gaibergs Bürgermeisterin

"Ich bin mit meinen Aufgaben gewachsen"

Petra Müller-Vogel amtiert seit Dienstag als neue Rathauschefin – Im RNZ-Interview verrät sie ihre Pläne

04.09.2018 UPDATE: 05.09.2018 06:00 Uhr 4 Minuten, 39 Sekunden

Nahm gestern zum ersten Mal auf dem Chefsessel im Gaiberger Rathaus Platz: Eine der ersten "Amtshandlungen" von Petra Müller-Vogel war das Lesen der RNZ. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Gaiberg. Petra Müller-Vogel. Das Schild am Chefzimmer des Gaiberger Rathauses ist schon auf dem neusten Stand. Gestern trat die parteilose 53-Jährige aus dem pfälzischen Leimersheim ihr Amt als neue Bürgermeisterin an, nachdem am Kerwemontag das Rathaus noch geschlossen war.

Müller-Vogel hatte sich Anfang Juli im zweiten Wahlgang mit 31,6 Prozent gegen fünf verbliebene Kandidaten durchgesetzt und ist damit die Nachfolgerin von Klaus Gärtner, der nach 24 Jahren in den Ruhestand ging. Im RNZ-Interview verrät sie, wie sie sich vorbereitet hat, welche Pläne sie schmiedet - und dass sie ihr Handy nicht abgeben wird.

Frau Müller-Vogel, Ihre Amtszeit als Bürgermeisterin begann mit der Kerwe und einem Fassbieranstich ohne Spritzer. Hätten Sie sich einen schöneren Start vorstellen können?

Nein, wirklich nicht. Ich glaube, dass es mir den Start leichter macht. Für den Fassbieranstich hatte ich nicht geübt. Ich dachte mir: Wenn das ein Mann kann, dann schafft das eine Frau auch. Ich glaube, dass sich die Gaiberger auf den Neuanfang freuen - jedenfalls habe ich nichts Gegenteiliges gehört. Die Erwartungen sind hoch - das habe ich auch gehört.

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Seit Ihrem Wahlsieg sind inzwischen zwei Monate vergangen. Haben Sie sich schon vom langen Wahlkampf erholt?

Ich musste es erst einmal glauben, dass ich die Wahl gewonnen habe. Im ersten Wahlgang lag ich ja noch auf dem dritten Platz. Bis Mitte August habe ich normal als Angestellte bei der Gemeindeverwaltung in Waldbronn gearbeitet. Vor meinem Amtsantritt war ich mit meinem Mann noch acht Tage in Urlaub auf Mallorca und habe Energie getankt.

So hatte sich Petra Müller-Vogel vor der Wahl bei der Kandidatenvorstellung Mitte Juni präsentiert. Video: RNZ

Sie haben im Wahlkampf immer wieder betont, dass es einmal Zeit für eine Bürgermeisterin wird.

Bürgermeister ist kein Männer-Beruf. Frauen können das genauso gut. Es gibt zu wenige Frauen in diesem Beruf - jetzt sind es im Rhein-Neckar-Kreis schon sechs. Auch die Kollegen im Gemeindeverwaltungsverband freuen sich, dass sie es einmal mit einer Frau zu tun haben.

Wie haben Sie sich auf Ihren Amtsantritt vorbereitet?

Ich hatte mich sehr bewusst für die Kandidatur in Gaiberg entschieden und diese lange vorbereitet. Seit September vergangenen Jahres war ich in den Gemeinderatssitzungen und habe alle Protokolle der Sitzungen seit 2009 gelesen. Ich wollte wissen, ob Gaiberg zu mir passt. Da sind Frauen wohl anders als Männer. Als Vorsitzende des Personalrats habe ich viel gelernt und Kommunikationsseminare besucht. Ich weiß auch, wie man schwierige Gespräche führt. Ich bin mit meinen Aufgaben gewachsen und habe mich gegen Widerstände durchgebissen. Als Personalrat lernt man, nicht aufzugeben. Auch die Amtsleiter haben gemerkt, dass sie nicht alles mit mir machen können.

Haben Sie auch das fachliche Wissen, das ein Bürgermeister braucht?

Ich habe schon mehrere Tagesseminare zum Haushalts-, Bau- und Verwaltungsrecht besucht. Außerdem werde ich noch ein sechsmonatiges Trainee-Programm an der Verwaltungshochschule in Kehl mit mehrtägigen Seminaren absolvieren, das ich selbst bezahlen werde. Damit können auch Quereinsteiger wie ich Beamte werden - obwohl ich das ja nun durch die Wahl bin. Außerdem besuche ich ein Seminar für neue Bürgermeister.

Mit welchem Gefühl wacht man auf, wenn man weiß: Ab heute bin ich Bürgermeisterin?

Ich bin oft gefragt worden, ob ich aufgeregt bin. Ich bin aber entspannt. Ich nehme es, wie es kommt. Es gibt Tage, die anstrengend sein werden - das weiß ich.

Wie anstrengend war der erste Tag?

Ich bin gegen 8 Uhr ins Rathaus gekommen und habe meinen Dienst per Unterschrift gegenüber dem Landratsamt angetreten. Den Schlüssel habe ich auch schon. Natürlich habe ich erst einmal das Gespräch mit den Mitarbeitern gesucht.

Im Zimmer des Bürgermeisters hat sich bisher noch nicht viel verändert.

Außer einer Flasche Wasser habe ich noch nichts mitgebracht. Jetzt die Wände anders zu streichen, macht keinen Sinn. Das Rathaus wird ohnehin saniert. Dann werden auch alle Zimmer neu möbliert.

Gab es denn eine Einarbeitung durch Ihren Vorgänger?

Wir haben uns im August zu einem Gespräch getroffen und er möchte in den nächsten Tagen noch einmal ins Rathaus kommen, um mir sein Ablagesystem zu erklären. Eine Übergabe wie in anderen Jobs gibt es aber bei Bürgermeistern nicht.

Wissen Sie schon, wie Ihre nächsten Wochen aussehen?

Eine lange Eingewöhnungszeit gibt es nicht. Es stehen einige Termine mit den Gemeinderatsfraktionen und Vereinsvertretern an. Außerdem muss meine erste Gemeinderatssitzung am 19. September vorbereitet werden. Meine Amtseinführung wird wohl am 25. September stattfinden. Da geht die Rechnung dann auf mich - am Wahlabend hatte ja unser Ehrenbürger Manfred Lautenschläger die Kosten für die Getränke übernommen. Außerdem möchte ich mit Mitarbeitern Einzelgespräche führen.

Apropos Mitarbeiter: Sie haben sich bei der Wahl mit einem Vorsprung von nur 14 Stimmen gegen Hauptamtsleiter Alexander Wenning durchgesetzt.

Wir hatten nach der Wahl ein Gespräch und wollen es mit einer Zusammenarbeit probieren.

Welche Ziele haben Sie sich für die ersten 100 Tage gesetzt?

Ich möchte gerne ein Gemeindeentwicklungskonzept auf den Weg bringen. Wir haben viele engagierte Bürger, brauchen aber auch externe Unterstützung. Am Anfang ist es mir wichtig, erst einmal zuzuhören. Danach setze ich Prioritäten.

Wie geht es mit dem nicht unumstrittenen Neubaugebiet weiter?

Das Projekt ist schon weit vorangetrieben. Nur der Bebauungsplan ist noch nicht abgesegnet. Jeder Bürgermeister würde sich wünschen, solch ein Baugebiet zu haben. 80 Prozent der Grundstücke sind in Gemeindehand. Vielleicht wird es noch eine Bürgerversammlung geben, bei der sicher viele Bedenken ausgeräumt werden können. So wird es zum Beispiel keine Lärmschutzwand geben, sondern einen Erdwall. Es ist aber sicher noch mit einigen Widerständen zu rechnen. Im Wahlkampf hatte ich den Eindruck, dass das Baugebiet das Dorf in der Mitte spaltet. Inzwischen glaube ich aber, dass deutlich mehr Bürger für das Baugebiet sind als dagegen. Mit 50 Bauplätzen handelt es sich auch nicht um ein großes Gebiet. Es bleibt noch viel Grün.

Das Klima im Gemeinderat gilt als rau.

Ich habe einige schräge Sitzungen mit extremen Widerständen teilweise auch gegen den Bürgermeister erlebt. Es gab viele Blockaden. Am Zwischenmenschlichen kann noch gearbeitet werden. Hier wird mir meine Ausbildung als Mediatorin zu Gute kommen. Der Ton wird sich verändern. Männer gehen mit einer Frau anders um als mit einem Mann. Die Kommunikation untereinander muss besser werden. Ich stelle mir eine Klausurtagung mit Übernachtung an einem anderen Ort vor, bei der sich alle auf einer anderen Ebene kennenlernen. Es muss wieder um die Sache und den Ort gehen. Aus Prinzip gegen etwas zu sein - das sollte es nicht mehr geben. Ich mag es, wenn klare Position bezogen wird - Enthaltungen finde ich nicht gut. Beschlüsse müssen nicht immer einstimmig sein.

Sie hatten versprochen, nach Gaiberg zu ziehen. Was macht die Wohnungssuche?

Die ersten zwei Wochen pendle ich noch, ab dann habe ich zusammen mit meinem Mann eine 60 Quadratmeter große und moderne Ferienwohnung unweit vom Rathaus, die komplett möbliert ist. Unsere Wohnung in Leimersheim behalten wir vorerst, bis wir in Gaiberg ein passendes Haus gefunden haben. Es ist aber nicht einfach. Es gab auch Angebote außerhalb von Gaiberg, die ich aber abgelehnt habe. Mir ist wichtig, dass ich hier lebe, wo ich Bürgermeisterin bin.

Letzte Frage: Ihr Vorgänger war Handy-Verweigerer. Würden Sie auch ohne Smartphone zurecht kommen?

Ich bin ja ein Stück jünger. Es ist wichtig, in dringenden Fällen immer erreichbar zu sein. Ich werde mein Handy jedenfalls nicht abgeben (schmunzelt).

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