Innenminister Strobl verteidigt Abschiebung bei Nacht
Nach Kritik am Vorgehen mit kurdischer Familie aus Eppelheim - Landesinnenminister antwortete auf Protest des SPD-Abgeordneten Born - "Belastet nicht mehr als erforderlich"

Eppelheim. (luw) Die kurdische Familie Gürel sei zu Recht nach Istanbul abgeschoben worden, deren Diskriminierung in der türkischen Heimat habe das Land Baden-Württemberg nicht zu beurteilen; und dass die Polizei die Eltern mit ihren zwei kleinen Söhnen nachts um 4 Uhr in Eppelheim aus den Betten klingelte, sei für die Familie die am wenigsten belastende Art und Weise, die Abschiebung umzusetzen: So lässt sich die Antwort von Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) auf ein "Protestschreiben" des SPD-Landtagsabgeordneten Daniel Born zusammenfassen.
Der für den Wahlkreis Schwetzingen zuständige Sozialdemokrat hatte den Minister wie berichtet um Stellungnahme zu der Abschiebung der als gut integriert geltenden vierköpfigen Familie Gürel gebeten. Diese war 2018 aus der Türkei geflüchtet, weil sie nach eigenen Angaben wegen ihres alevitischen Glaubens Gewalt und Diskriminierung erlebt hatte. Sie sprechen Deutsch, die Eltern arbeiteten in Heidelberg und zahlten die Miete für ihre Eppelheimer Wohnung selbst. Der Bericht der RNZ über den Fall sorgte für empörte Reaktionen in der Region und darüber hinaus.

Strobls Antwort liegt der Redaktion ebenso vor wie Borns "Protestschreiben". Der SPD-Abgeordnete wollte vom Innenminister etwa wissen, warum die "Einzelfallprüfung" bei dieser Familie "nicht zu einem nachvollziehbareren Urteil" führte. Strobl erklärt dazu, dass das Gesetz zwar die Möglichkeit einer Aufenthaltserlaubnis "wegen nachhaltiger Integration" vorsehe; im Fall der Gürels sei dies aber insbesondere an deren "erst kurzer Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet" gescheitert. Zudem sei eine "Ausbildungsduldung" nicht mehr möglich gewesen, weil die Mutter Gülay Gürel ihren Ausbildungsvertrag "erst nach der Einleitung" der Abschiebung vorgelegt habe.
Born schilderte zudem, dass die Söhne Alieren und Ataberk im türkischen Kindergarten "misshandelt" worden seien, "weil ihre Religion nicht toleriert wurde". Und die türkische Polizei habe den Eltern danach nicht geholfen, weil sich ihre Verwandten "politisch in Opposition zu Präsident Erdogan befinden". Strobl verweist dazu auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), dem unter anderem die "vollumfängliche Berücksichtigung der Verfolgungslage im Herkunftsland" obliege. Das Land habe hierbei "keine eigene Prüfungs- und Entscheidungskompetenz" und müsse die Ablehnung eines Asylantrags durch das Bamf mittragen, so Strobl. Gleiches gelte für die betreffenden Gerichtsurteile, deren Bewertung dem Minister "aus Respekt vor der Unabhängigkeit der Gerichte" nicht zustehe.

Als unter "humanitären Gesichtspunkten schlichtweg unerträglich" kritisierte Born das Vorgehen, die Familie zum Zweck der Abschiebung nachts um 4 Uhr von der Polizei abholen zu lassen. "Ihre Vorwürfe weise ich entschieden zurück", erwidert darauf Strobl, denn: "Abschiebungen sollen so durchgeführt werden, dass die Betroffenen nicht mehr belastet werden, als dies zur Durchführung der Maßnahme unbedingt erforderlich ist." So habe eine Landesbehörde bei Abschiebungen "keinen Einfluss auf Rahmenbedingungen wie beispielsweise Flugzeiten". Schließlich sollten "Betroffene im Zielland die Möglichkeit haben, noch am selben Tag ihren Zielort zu erreichen und notwendige Behördengänge zu erledigen".
Auch interessant
"Als Demokrat und als Christ" zeigte sich Born nun gegenüber der RNZ "schockiert" von Strobls Antwort. Kein Verständnis habe er etwa für die Darstellung "einer nächtlichen Abschiebung als weniger belastend".