Landwirte fordern "Artenschutz mit uns, nicht gegen uns"
Kritik am Volksbegehren "Rettet die Bienen" - Auch sie stellen grüne Kreuze als Mahnmal auf ihre Felder

"Der Bauer allein ist nicht schuld", sagen Horst Fießer (v.r.), Christian Treiber, Rainer Stephan, Dieter Müller, Frank Stephan und Simon Stephan. Bürgermeisterin Patricia Rebmann steht an ihrer Seite. Foto: Geschwill
Von Sabine Geschwill
Eppelheim. "Die Belange der Landwirte werden hier nicht berücksichtigt", ärgert sich Dieter Müller. Er ist einer von derzeit neun Eppelheimer Landwirten, die sich gegen das Volksbegehren "Rettet die Bienen" stellen. Sie sehen die Landwirtschaft und die Regionalität der Produkte in großer Gefahr. Um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, haben sie sich unter der Leitung von Horst Fießer der Aktion des Bauernverbandes angeschlossen. Sie stellen grüne Kreuze, die sie selbst gezimmert und mit grüner Farbe angestrichen haben, als Mahnmale auf ihre Felder.
Vor gut zwei Wochen war das Volksbegehren in Baden-Württemberg angelaufen. Der dazugehörige Gesetzesvorschlag sieht vor, dass der Anteil der Flächen, auf denen Pestizide genutzt werden, bis zum Jahr 2025 halbiert werden soll. In Landschaftsschutzgebieten sollen sie ganz verboten werden. Die ökologische Landwirtschaft soll zudem bis 2035 auf 50 Prozent ausgebaut werden.
Hintergrund
Grüne Kreuze stehen in der Region rund um Heidelberg nicht nur in Eppelheim. Auch an der Bundesstraße B45 in Höhe von Bammental, an der Landesstraße L600 zwischen Bammental und der Einmündung in die B45 und an der Landesstraße L547 zwischen dem Wieslocher
Grüne Kreuze stehen in der Region rund um Heidelberg nicht nur in Eppelheim. Auch an der Bundesstraße B45 in Höhe von Bammental, an der Landesstraße L600 zwischen Bammental und der Einmündung in die B45 und an der Landesstraße L547 zwischen dem Wieslocher Stadtteil Schatthausen und dem Leimener Stadtteil Gauangelloch machen Landwirte auf ihre Anliegen aufmerksam. Weitere grüne Kreuze stehen an der Straße zwischen dem Leimener Ortsteil Ochsenbach und Gauangelloch sowie an der L600 zwischen Gaiberg und dem Leimener Ortsteil Lingental. (cm)
Horst Fießer, Obmann der Eppelheimer Landwirte, versteht die Welt nicht mehr: "Wir bringen hier alle schon seit Jahren freiwillige Leistungen im Artenschutz." Er zählt die ökologischen Vorrangflächen auf, die jeder Bauer zur Verfügung stellt und die insektenfreundlich bewirtschaftet werden. Er verweist auf die Herbstbegrünung der Felder in Form von Blühwiesen und auf den späteren Schnitt beim Grünland, um die Blütezeit zu verlängern.
Bei der Rapsblüte gelte generell Insektizid-Verzicht und im Ackerbau werden Schadinsekten nicht prophylaktisch, sondern nach Dringlichkeit bekämpft. "Spritzen ist bei uns nicht die Regel, denn wir haben hier keine Monokulturen, sondern eine vielschichtige Landwirtschaft", erklärt Fießer. Die Auswirkungen des Volksbegehrens würden Landwirte, Obstbauern und Winzer stark einschränken.
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Deswegen stellen sie die grünen Kreuze auf. Zwei stehen schon: eins an den Birkighöfen am Grenzweg zu Plankstadt, das andere an der Schwetzinger Straße in Höhe des Eppelheimer Ortseingangs. Zwei weitere werden auf der Ackerfläche nahe der Grillhütte aufgestellt und im Norden in Höhe der Kreuzung Grenzhöfer Straße und Handelsstraße. Die Kreuze sind bestückt mit Infomaterial, das vom Bauernverband Rhein-Neckar zur Verfügung gestellt wurde. Ein Plakat haben die Eppelheimer Landwirte selbst entworfen. Darauf steht: "Rettet die Bienen, Gesetz ohne Verstand. Erst stirbt der Bauer, dann das Land."
So wollen sie auf ihre Situation aufmerksam machen. Sie bitten die Bürger, das Volksbegehren "Rettet die Bienen!" nicht zu unterschreiben. Stattdessen wollen sie gemeinsam mit den Naturschützern nach Lösungen suchen, um den Artenschutz voranzubringen. Und zwar ohne dass die regionale Landwirtschaft per Gesetz kaputt gemacht werde. "Artenschutz mit uns, nicht gegen uns!", stellt Simon Stephan hervor. "Man muss beim Insektensterben alles in Betracht ziehen; der Bauer ist nicht allein schuld", meint Dieter Müller und bringt etwa die "Lichtverschmutzung" und ihre Auswirkungen für nachtaktive Tiere ins Spiel.
Die geforderte Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes bis 2025 sei weder sinnvoll noch realisierbar, erklären die Landwirte. "In Jahren mit höherem Schädlings- oder Pilzbefall müssen die Ernten ausreichend geschützt werden können", erklärt Horst Fießer.Wenn im Wald nicht mehr gegen den Borkenkäfer oder im Obst- und Weinbau gegen die Kirschessigfliege vorgegangen werden könne, seien die Kulturlandschaft, regionale Produkte und viele Arbeitsplätze gefährdet, sind sich Simon und Rainer Stephan, Horst Fießer, Dieter Müller, Frank Stephan und Christian Treiber einig.
Bürgermeisterin Patricia Rebmann steht den Eppelheimer Landwirten zur Seite, betont aber: "Als Bürgermeisterin bin ich zur Neutralität verpflichtet, aber privat habe ich eine Meinung." Aus ihrer Sicht ist dieses Volksbegehren zu kurz gedacht und ein Schnellschuss. Volksbegehren findet sie als demokratisches Mittel grundsätzlich gut.
Aber hier hätte man sich mit den Landwirten, Obstbauern und Winzern zusammensetzen und gemeinsam nach einem Weg suchen können. "Unsere Bauern sind nicht unsere Feinde", so Rebmann. "Sie leben nicht nur von, sondern auch mit dem Land. Sie brauchen die Bienen - also werden sie alles dafür tun, damit diese sich wohlfühlen."



