Einnahmeausfälle

Muss Neckargemünd das Freibad für immer schließen?

Bürgermeister Frank Volk warnt in einem Brandbrief vor Folgen und bittet um Unterstützung

29.04.2020 UPDATE: 30.04.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 56 Sekunden
Frank Volk schläft derzeit schlecht. Foto: Alex

Neckargemünd. (cm) Die beiden gewichtigsten Sätze stehen fast ganz am Ende: "Ich weiß noch nicht, wie ich den Bürgerinnen und Bürgern die endgültige Schließung unseres Freibades, unseres Museums, unserer Stadtbücherei, unserer Volkshochschule und unserer Musikschule im Laufe des Jahres erklären soll. Denn dazu wird es kommen, wenn uns nicht wirklich richtig geholfen wird." Sie stammen vom Neckargemünder Bürgermeister Frank Volk, der in einem Brandbrief in aller Deutlichkeit vor den finanziellen Folgen der Coronakrise warnt.

Das Schreiben ist – mit der Bitte um Unterstützung – gerichtet an den Gemeinde- und an den Städtetag Baden-Württemberg, Rhein-Neckar-Kreis-Landrat Stefan Dallinger und an Heddesheims Rathauschef Michael Kessler als Vorsitzendem des Bürgermeister-Kreisverbandes Rhein-Neckar. Zudem ging es an die lokalen Landtagsabgeordneten Hermino Katzenstein (Grüne) aus Neckargemünd und Albrecht Schütte (CDU) aus Bammental.

In dem Brief geht Volk zunächst auf das "100-Millionen-Sofort-Paket" ein. Dieses erwecke den Eindruck, das Land ersetze die durch die Coronakrise entstandenen Mehrkosten und Mindereinnahmen. Aus der Sicht der Kommunen sehe dies jedoch anders aus. Von den 100 Millionen seien in Neckargemünd 86.646,40 Euro angekommen. "Alleine die nicht-berechneten Gebühren der drei kommunalen Kindertageseinrichtungen, des Hortes an der Grundschule und der Kernzeitbetreuung für den Monat April beliefen sich auf 73.350 Euro", betont der Bürgermeister. "Dazu kommen die Beiträge der anderen Träger mit 55.177,86 Euro." Diese würden auch ihren Anteil erwarten.

Doch es gibt noch weitere Einnahmeausfälle. Bei der Volkshochschule entstehe derzeit monatlich ein Defizit von 21.000 Euro, das die Stadt tragen müsse. Bei der Musikschule seien es etwa 10.000 Euro und beim öffentlichen Nahverkehr 72.157,20 Euro. "In der Summe kommen wir also auf monatlich etwa 232.000 Euro, die durch einmalig 86.646,40 Euro gedeckt sein sollen?", fragt Volk. Hinzu komme, dass die gewerblichen Mieter von kommunalen Liegenschaften eine Reduzierung der Pacht erwarten. Die Vergnügungssteuer mit etwa 5000 Euro im Monat falle komplett aus und die "Gewerbesteuer-Nullbescheide" würden sich inzwischen stapeln.

"Gleichzeitig haben wir deutliche Mehraufwendungen, alleine in den vergangenen Tagen habe ich die Beschaffung von Masken und Desinfektionsmitteln in Höhe von etwa 20.000 Euro bewilligt", gibt Volk zu bedenken. Es gehe um viele kleine Posten. Auch um 29 Spielplätze abzusperren, brauche man zusätzliche Zäune. Man müsse befürchten, dass die Landesregierung noch zahlreiche weitere Aufgaben stellen wird, deren Umsetzung und Finanzierung den Kommunen dann alleine obliegen wird.

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"Inzwischen fällt es nicht nur mir angesichts der Sorge um die kommunalen Finanzen schwer, nachts einzuschlafen", gibt Volk zu. "Mit aller Kraft haben wir uns in den vergangenen Jahren dafür eingesetzt, unsere Gemeinde im ländlichen Raum attraktiv und zukunftsfähig zu machen, zu einem kleinen Zentrum in der Region zu entwickeln, sie als Bildungsstandort und Vorreiter im Klimaschutz zu positionieren. Nun wissen wir nicht mehr weiter." Letztendlich seien alle Planungen für strukturelle Verbesserungen, Investitionen in die Lebensqualität der Einwohner, Abbau des immensen Sanierungsstaus obsolet. Alles müsse aufgeschoben werden.

"Wenn sich an der finanziellen Ausstattung der Gemeinden nichts ändert, werden wir uns nur noch mit Mühe gegen den Niedergang stemmen können", so Volk. "Wir sehen uns mit einem immensen Problem in einer Größenordnung konfrontiert, wie es sie seit den Aufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat."

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