Edingen-Neckarhausen

Bürger könnten bald per App mitreden

"Bürgerbeteiligungs-App" im Rat vorgestellt - Bis zu drei Befragungen im Jahr möglich - Entscheidung soll im November fallen

25.10.2019 UPDATE: 26.10.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden

Die "Bürgerbeteiligungs-App" soll es ermöglichen, über das Smartphone Bürgerbefragungen zu erheben. Gleichzeitig ist es auch möglich, am Computer abzustimmen oder auch auf Antrag per Brief. Foto: Pilz

Von Nicoline Pilz

Edingen-Neckarhausen. Wird Edingen-Neckarhausen deutschlandweit die zweite Kommune nach Tübingen, in der die Bürger mit einer sogenannten "Bürgerbeteiligungs-App" über bestimmte Sachverhalte abstimmen können? In der Sitzung des Gemeinderats am Mittwoch machte Bürgermeister Simon Michler keinen Hehl daraus, dass er das Projekt forcieren und 2020 starten will. Nicht nur, weil es ihm um die Frage geht, wo die Bürger von Edingen-Neckarhausen Neubaugebiete sehen. Es gebe weitere Fragen, so Michler. Zwei, drei Bürgerbefragungen im Jahr seien für die Gemeinde zu bewältigen.

In der Sitzung am Mittwoch ging es erst einmal darum, das Projekt vorzustellen. Entwickelt haben die App die Firmen aaronprojects und neongelb. Sie soll es ermöglichen, über das Smartphone Bürgerbefragungen vorzunehmen. Gleichzeitig ist es auch möglich, am Computer abzustimmen oder auch auf Antrag per Brief.

Die Kosten für das Angebot betragen pro abstimmungsberechtigtem Einwohner (ab 16 Jahre) und Befragung einen Euro. Dazu kommen jährliche Wartungskosten von rund 2000 Euro. Finanziell sei das im Rahmen, meinte Michler. Jels-Hendrik Grewe von der Firma neongelb erläuterte, dass wesentliche Hintergrundinformationen, die zur Entscheidungsfindung der Bürger beitragen, auf der App enthalten seien oder weiterführende Inhalte verlinkt wären.

In Tübingen ist die Bürgerbeteiligung per App als dreijähriges Pilotprojekt an den Start gegangen, im März erfolgte die erste Umfrage zu wichtigen Investitionen der Stadt. Von 74.741 berechtigten Bürgern hätten 16,4 Prozent (12.223 ) an der Abstimmung teilgenommen, so Grewe. Mit 20,73 Prozent Anteil war dabei die Gruppe der 51- bis 60-Jährigen am aktivsten, die 21- bis 25-Jährigen dagegen mit 10,61 Prozent am wenigsten beteiligt. Immerhin nahm das Abstimmungsergebnis Einfluss auf die Haltung von Oberbürgermeister Boris Palmer zu den fraglichen Investitionen.

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Grewe sagte weiter, die Standards der App, was Datenschutz und Sicherheit angehe, seien hoch. Der Landesdatenschutzbeauftragte sieht sie bei dieser deutschlandweit bislang einmaligen App als gewährleistet an. Eine Abstimmung soll zu 100 Prozent anonym verlaufen.

Und so würde es vor sich gehen: Die Bürger von Edingen-Neckarhausen werden einmalig von der Gemeinde angeschrieben und auf das neue Angebot aufmerksam gemacht. Sie erhalten gleichzeitig mit dem Schreiben einen persönlichen Code, der über ihr beim Melderegister hinterlegtes Ordnungsmerkmal im Verbund mit durch das Unternehmen generierten Codes entwickelt wurde.

Bei jeder Abstimmung wird geprüft, ob dieser Zugangscode bereits verwendet wurde oder nicht. So werde sichergestellt, dass jeder nur einmal abstimmen könne. Zudem erfolgt jährlich ein Abgleich der Liste aller gültigen Zugangscodes, um zu überprüfen, ob Codes gesperrt werden müssen, weil die zugeordneten Personen weggezogen oder gestorben sind. Neubürger oder diejenigen, die das 16. Lebensjahr erreicht haben, werden neu angeschrieben.

Grundsätzlich verschlossen sich die Fraktionen Bürgermeister Michlers Ansinnen nicht. Klaus Merkle von der Unabhängigen Bürgerliste (UBL) sah aber keine Eile. Man könnte doch abwarten, was die Validierung am Ende in Tübingen erbringe.

"Wir wollen das Ganze kennenlernen, was es kann, was es bringt und wo die Grenzen sind", sagte Andreas Daners (SPD). "Wir sollten diesen Schritt tun, denn wir können auch mal vorangehen, nicht immer nur hinterhertrotten", meinte Edgar Wunder (Die Linke). Diese App sei kein Ersatz für einen Bürgerentscheid, aber ein neues Format, das es wert sei, es auszuprobieren.

"Wir sind für basisdemokratische Elemente und begrüßen neue Formen", meinte Ulf Wacker zu diesem Zeitpunkt noch für die Offene Grüne Liste. Und da sei man auch gerne Vorreiter. Man habe aber Bedenken, dass die Fragestellungen für politische Zwecke missbraucht werden könnten. Er plädierte auch dafür, das Projekt zunächst als Versuch zu starten, um die Ergebnisse dann zu analysieren.

"Wir sind offen für neue Medien, auch, um die jüngere Generation zu erreichen", erklärte Bernd Grabinger (CDU). Durch die App verspreche man sich bei den Jüngeren stärkere Akzeptanz. "Wichtig ist uns aber die Fragestellung bei einer Abstimmung. Und da müssen wir nachdenken, wie wir vorgehen", sagte er. Seine Fraktion sei in großer Mehrheit für das Projekt.

Die Entscheidung für oder gegen die Bürgerbeteiligungs-App soll in der Gemeinderatssitzung im November fallen.

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