Peter Gérard hält die Fäden in der Hand
Im mittlerweile 21. Jahr als Vorsitzender des Heimat- und Kerwevereins "Alt Weinheim" hält er die Fäden der Organisation in der Hand und blickt voller Optimismus auf die Kewe

Seit 1997 steht Peter Gérard an der Spitze des Kerwevereins. Für Vereine und Anwohner ist er der Mann für alle Fälle, was das viertägige Fest im Herzen der Altstadt angeht. Foto: Kreutzer
Von Matthias Kehl
Weinheim. Wenn die Kerwe am morgigen Freitag um halb fünf auf dem Balkon des Alten Rathauses eröffnet wird, wird Peter Gérard wieder mittendrin sein. Im mittlerweile 21. Jahr als Vorsitzender des Heimat- und Kerwevereins "Alt Weinheim" hält er auch dieses Jahr die Fäden der Organisation in der Hand und blickt voller Optimismus auf die 60. Auflage des bedeutendsten Weinheimer Volksfestes.
Die Punkte der Checkliste, die auf Gérards Schreibtisch liegt, sind allesamt abgehakt. "Es kann wieder losgehen", sagt der 58-Jährige, für den das viertägige Kerwefest das größte Ereignis darstellt. Wer in der Woche vor dem Kerwe-Start durch die Kernstadt läuft, sieht bereits zahlreiche blau-weiße Fähnchen in den Gassen hängen, die jedes Jahr von den Helfern eigenhändig gebügelt werden, wie Gérard verrät. Die Schausteller fahren in der Altstadt mit ihren Wagen vor, überall werden Tische und Bänke geschleppt, man hört das Klirren von Getränkekisten. Es ist unverkennbar: Die Kerwe steht vor der Tür.
Auch wenn der Festtagsbetrieb mal wieder mitten in die Zeit der Sommerferien fällt, rechnet der langjährige Vorsitzende des Heimat- und Kerwevereins wieder mit großem Zulauf bei dem von Freitag bis Montag dauernden Traditionsfest. "Schätzungsweise 50.000 Leute besuchen jährlich die Kerwe", sagt Gérard. Dementsprechend umfangreich seien die Vorbereitungen für den Verein.
Über die vier Festtage sind inklusive Auf- und Abbau etwa 120 Kerwe-Helfer im Einsatz, allein 70 am Samstag, dem stärksten Besuchertag. Gérard fungiert dabei als Universal-Organisator und Mann für alle Fälle. Beim Rundgang durch die Allstadt trifft er an jeder Ecke Bekannte, die noch eine kurze Rückfrage bezüglich letzter Details zum anstehenden Kerwefest haben. Der 58-jährige Vorsitzende des Heimat- und Kerwevereins nimmt sich für jeden von ihnen Zeit und steht mit Rat und Tat zur Seite.
Auch interessant
"Keine Sorge, der wird rechtzeitig wieder vollgepumpt", erklärt er einer Dame im Gerberbachviertel, die die fast leere Bachrinne begutachtet. Anlässlich der Gerberbach-Regatta wird diese nämlich noch vollständig gereinigt. Weinheim putzt sich heraus für 60. Jubiläum seines größten Festes.
Seit dem 10. August 1957 erstreckt sich der Kerwe-Betrieb in Weinheim auch auf den Altstadt-Bereich. Restaurants, Bars und Straußwirtschaften sorgen im Gerberbachviertel, auf dem Marktplatz, in der Grundelbachstraße und den Innenstadtplätzen seitdem für eine ausgelassene Stimmung. Während die Musik vor Jahrzehnten noch "aus der Buchse kam", wie Gérard ausführt, werden die Besucher heute über den gesamten Kerwe-Betrieb mit Livemusik begleitet.
Einige Brauchtümer wie der Kerwepfarrer und der Kerwe-Kranz sind passé. Doch das Gros der Traditionen an Kerwe ist nach wie vor unverzichtbar und macht die viertägige Veranstaltung zu einem unverwechselbaren Ereignis. Die wiedereingeführte Kerwe-Rutsche an der Höllenstaffel gehört zu diesen altbewährten Bräuchen, ebenso wie der Handwerkermarkt entlang des Gerberbachs. In dieser Aufzählung darf freilich auch die Schlossparkbeleuchtung nicht fehlen, die der Kerwe romantischen Charakter verleiht.
Mit drei Böllern gibt die Bürgerwehr am Freitag aber zunächst den Startschuss zum Festtagsbetrieb. Kuchen und Wein für den Oberbürgermeister werden am Weinheimer Langen Tisch vom Kerwepaar serviert, welches passenderweise diamantenes Kerwepaar-Jubiläum feiern darf. Am 10. August 1957 waren Karl Lohrbächer, heutiger Ehrenvorsitzender des Kerwevereins und seine spätere Frau Renate Rönz das erste Paar, das Oberbürgermeister Rolf Engelbrecht die traditionellen Kerwe-Gaben servierten. "60 Jahre später werden sie nun mit dem Traktor von zu Hause abgeholt und zur Kerwe gefahren", berichtet Gérard. Auf dem Weg dorthin werden der 79-jährige Karl Lohrbächer und seine drei Jahre ältere Frau Renate dann Oberbürgermeister Heiner Bernhard mit seiner Frau Gudrun abholen, der die letzte Kerwe seiner Amtszeit antritt.
Des Einen Vergnügen ist des Anderen Arbeit: Peter Gérard selbst ist von 8.30 bis 2.30 Uhr im Kerwehaus aktiv, verlässt es quasi nur zum Schlafen. Zwischendurch genehmigt er sich eine "schöne Haxe", die zum Traditionsfest für ihn einfach dazugehört. Wenn nach dem Festtagsbetrieb die Aufräumarbeiten erledigt sind, darf auch der Vorsitzende des Kerwe-Vereins mal einen Tag durchschnaufen: "Das muss dann auch dringend sein", sagt er.
Doch bereits in den Wochen danach rüstet sich Gérard bereits wieder für das nächstes Jahr. Denn: Nach der Kerwe ist vor der Kerwe.



