Fischkinderstube zu Unrecht angeprangert
Schlimme Stechmücken-Plage am Neckar - Unbekannter beschmiert Hinweistafel - Laut einem Experten stammen die Insekten wohl aus Ladenburg

Die Hinweistafel an der Fischkinderstube wurde beschmiert, in Teilen von Edingen anonyme Handzettel verteilt: Doch laut einem Experten der "Kommunalen Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage", stammen die Schnaken wohl aus Ladenburg, wo nach den jüngsten Starkregenfällen Wiesenflächen unter Wasser standen. Foto: Kraus-Vierling
Von Stephan Kraus-Vierling
Edingen-Neckarhausen. "Die vielen Schnaken kommen von dem Teich, der ausgebaggert wird!" Handgeschriebene Zettel mit diesem oder ähnlichem Wortlaut lagen in den vergangenen Wochen in Briefkästen oder hingen an Zäunen im Edinger "Kongo" - dem Gebietsteil Richtung Neckarhausen. Der Schreiber ist unbekannt, nicht jedoch sein Ziel: Gemeint sind die "Fischkinderstube", die gerade zwischen den Ortsteilen entsteht, und die aktuelle Schnakenplage in der Gemeinde.
Edingen-Neckarhausen und Ladenburg stöhnen gerade über besonders viele Stechmücken. Aber ist das neue Flachgewässer wirklich eine "Fisch- und Schnaken-Kinderstube", wie mutmaßlich derselbe Schreiber auf die Hinweistafel am Radweg geschmiert hat?
"Die Schnake sticht den, den sie erwischt", heißt es in einem Kinderblues. Ob auf dem Balkon, beim Grillen auf der Veranda oder beim geselligen Hock im Biergarten - statt Entspanntheit und Genuss herrscht momentan der reinste Krieg: Mücke gegen Mensch.
Gerade für die Gastronomie sind die Insekten ärgerlich, wie Jürgen Kasper, Wirt des "El El" in Edingen, sagt. Jüngst feierte er in dem Café-Bistro am Messplatz sein fünftes Jubiläum. Ein Schnakenproblem wie jetzt habe er noch nie gehabt: "Die Leute draußen sind total genervt." Nun will der "El El"-Wirt Lavendel als Tischdeko kaufen: "Das soll die Schnaken abhalten." Wobei manch einer schon zuvor zum Opfer wird: "Vorhin ist ein Stammgast vom Neckar hergekommen, der war völlig zerstochen."
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Am Neckar wohnt auch Herbert Henn, aktiv in der Lokalen Agenda und schwer Schnaken geplagt. Vor der jüngsten Ratssitzung fragte er an, ob es hier einen Zusammenhang mit der "Fischkinderstube" gebe.
Diese sei mit ihrem warmen Wasser doch ein optimaler Mücken-Laichplatz. Bürger- und Ordnungsamtsleiter Frank Kucs sagte, man habe sich für die Ursachenfindung und Bekämpfung an die zuständigen Behörden und an die "Kabs" gewandt, die "Kommunale Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage".
Bei Letzterer ist die Gemeinde auch wegen ihrer Altrhein-Exklave "Edinger Ried" bei Brühl finanziell im Boot. Ein Experte der Kabs sei nach erster, noch inoffizieller Begehung nahezu sicher, dass die Mücken nicht aus dem neuen Teich, sondern vor allem von Ladenburger Gemarkung stammen, so Kucs. Dort seien nach den jüngsten Starkregenfällen Wiesenflächen unter Wasser gestanden.
Auch Ladenburgs Verwaltung hat sich an die Kommunale Arbeitsgemeinschaft gewandt, sagt Carolin Loida von der Leitung des Ordnungs- und Sozialamts. Doch warte sie noch auf den Rückruf und habe daher noch nicht gehört, dass die Brutplätze auf der Gemarkung liegen sollen. Ladenburgs Umweltberaterin Anna Struve, erst seit Kurzem auf dieser Stelle, weiß von vereinzelten Bürgeranfragen im Rathaus. Sie will eine amtliche Information anregen, was sich vorbeugend gegen kommende Plagegeister tun lässt, zum Beispiel stehendes Wasser im Freien vermeiden und Regenwassertonnen gut abdecken.
In Edingen fordert einer der anonymen Handzettel: "Die Gemeinde muss die Eier/Larven chemisch bekämpfen." Soll wohl heißen "biologisch"; gemeint ist sicher der "Bazillus thuringenis israelensis" (B.t.i). Mit diesem macht heute die fast 100 Mitgliedergemeinden zählende Kabs von Bingen bis zum Kaiserstuhl den Schnakenlarven in den Rheinauen den Garaus.
Die Menschen dort hatten bis in die 1970er Jahre furchtbar unter den Stechmücken zu leiden. Schon Dichterfürst Goethe erinnerte sich im Lebensrückblick "Dichtung und Wahrheit" an die "entsetzlichen Rheinschnaken", die ihn als Straßburger Studenten bei "einer der schönsten Lustpartien" von den Inseln vertrieben.
Und einige Hundert Jahre später sind Goethes Gedanken immer noch hochaktuell.



