Die Fischkinderstube in Edingen-Neckarhausen im Faktencheck

Wurde der Wasserweg geprüft? Was zahlt das Land? Und wie lange fließen Fördergelder? Die RNZ hat bei den Behörden nachgefragt

14.09.2016 UPDATE: 15.09.2016 06:00 Uhr 3 Minuten, 29 Sekunden

Noch ist es ruhig in der Hauptstraße von Neckarhausen, bald sollen hier aber die Laster für den Bau der Fischkinderstube rollen. Mit einem Schreiben haben sich die Anwohner vergangene Woche an die Gemeinderäte gewandt. Foto: Pilz

Von Maren Wagner

Edingen-Neckarhausen. Die geplante Fischkinderstube erregt auch sechs Jahre nach ihrer Vorstellung die Gemüter. Mit einem Brief haben sich Johannes Fischer und Heike Dehoust als Anwohner der Hauptstraße in Neckarhausen an die Gemeinderäte gewandt. Sie wollen verhindern, dass Erde, Ton und Kies an ihren Häusern vorbei gefahren werden. Fischer und Dehoust tragen in ihrem Schreiben Informationen zur Fischkinderstube und dem Abtransport zusammen. Die RNZ hat die wichtigsten Aussagen aufgegriffen und Behördenvertreter damit konfrontiert.

Das sagen die Anwohner: Gemeinde und Gemeinderat haben sich mit dem Abtransport nur am Rande beschäftigt.

Das sagen die Behörden: Im Gemeinderat kam der Antransport relativ wenig zur Sprache, räumt Dominik Eberle vom Bauamt ein. Die Verwaltung aber habe sich seit Oktober 2015 damit befasst. Man habe Varianten der Abfuhr geprüft, bestätigt Achim Bohrmann vom Ingenieurbüro IUS. Nachdem klar war, dass Lastwagen am günstigsten seien, stand auch die Plouguerneau-Allee früh zur Debatte. "Wir haben aber von Anfang gesagt, dass die Plouguerneau-Allee Probleme macht", sagt Bohrmann. So kam es zur Haupt- und Speyerer Straße.

Im Gemeinderat kam der Abtransport am 11. Mai zur Sprache. Das Gremium stimmte der Streckenführung über Neckarhausen zu, beauftragte die Verwaltung aber, die Plouguerneau-Allee zu prüfen. Bauamtsleiter Göhrig teilte dem Gremium damals schon mit, dass der Feldweg ungeeignet sei. Dennoch beschloss der Rat am 15. Juni, die Abfuhr über die Plouguerneau-Allee abzuwickeln. Die Verwaltung hatte zu dem Zeitpunkt einen Kostenvergleich vorgelegt, nach dem die Alternativroute etwa 200.000 Euro kosten würde. Der Weg müsste von drei auf rund sechs Meter ausgebaut werden, dafür müssten Teilflächen angekauft werden. Der Rat stimmte zu. Am 20. Juli aber informierte die Verwaltung, dass die Fachbehörden die Route aus Sicherheitsbedenken ablehnen.

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Das sagen die Anwohner: Eine Abfuhr über den Wasserweg wurde nicht wirklich in Betracht gezogen oder geprüft.

Das sagen die Behörden: "Das stimmt nicht", entgegnet Bauamtsleiter Horst Göhrig, "wir haben wirklich den Wasserweg im Visier gehabt." Das Ingenieurbüro schätzte dafür aber Mehrkosten von knapp 50 Prozent, die die Gemeinde tragen müsste. Also wurde der Wasserweg nicht weiter verfolgt. Denn am 17. März 2010 hatte der Gemeinderat beschlossen, dass durch das Projekt keine Kosten entstehen dürften. Ausnahme war der Grundstücks-Kauf. Der Beschluss gilt bis heute, obwohl der Rat den Ausbau der Plouguerneau-Allee bewilligt hätte.

Das sagen die Anwohner: Woher die Zahlen zu den Mehrkosten stammen, kann nicht belegt werden.

Das sagen die Behörden: Die Zahlen stammen aus Erfahrungswerten des Ingenieurbüros, schreibt die Verwaltung in einer Pressemeldung. Zu Beginn des Projekts habe IUS anhand abgeschlossener Projekte eine Machbarkeitsstudie erstellt, sagt Bohrmann. Das Ergebnis war, dass beim Wasserweg 50 Prozent Mehrkosten zu erwarten seien, unter anderem weil zwei Verladegänge notwendig seien: Erst aufs Schiff, dann auf einen Laster. Mit Transportern müsste nur einmal verladen werden.

Das sagen die Anwohner: Der Fördersatz von 85 Prozent des Landes bleibt gleich, auch wenn die Kosten steigen.

Das sagen die Behörden: "Das Land trägt 85 Prozent der förderfähigen Kosten", betont Eberle vom Bauamt. Im Bewilligungsbescheid stehe, das Projekt müsse wirtschaftlich und sparsam sein. Letztendlich setze das Regierungspräsidium (RP) in Karlsruhe immer die niedrigsten Kosten voraus. Da der Transport mit Lastern günstiger sei als der auf dem Neckar, würde das RP erwarten, dass die Gemeinde die Differenz für den Wasserweg zahle, so Eberle.

Das sagen die Anwohner: Die Haupt᠆straße gehört dem Kreis. Der zahlt dann auch Folgekosten wie Schilder, verschmutzte oder beschädigte Straßen.

Das sagen die Behörden: Viele Kosten fallen laut Göhrig nicht in die Zuständigkeit des Kreises. Für Schilder, Straßenreinigung oder die Reifenwaschanlage zahlt die Gemeinde. Sollte die Straße beschädigt werden, ist die Ausbesserung tatsächlich Aufgabe des Kreises.

Das sagen die Anwohner: Die Ausweitung der Ausschreibung auf den Wasserweg wurde nur an die 15 Bewerberfirmen aus dem Straßenbau gerichtet. Dass diese den Transport auf dem Neckar nicht berücksichtigen, ist klar.

Das sagen die Behörden: Die Ausweitung war für alle offen, entgegnet Göhrig. Allerdings wurden die 18 Firmen, die bereits Unterlagen angefordert hatten, per Fax darüber informiert, dass als Nebenangebot nun auch der Wasserweg zulässig sei. Unter den Interessenten befand sich auch ein Unternehmen, das darauf spezialisiert ist. Ein Angebot für den Wasserweg wurde aber nicht abgegeben. "Weil wir als oberstes Kriterium den Preis hatten", so Göhrig, "und die Firmen wissen, dass der Wasserweg wesentlich teurer ist."

Das sagen die Anwohner: Das Landratsamt hatte nichts gegen die Plouguerneau-Allee, sondern hat sich nur der Gemeinde angeschlossen.

Das sagen die Behörden: Beim Vor-Ort-Termin im Juni hat das Bauamt mit Vertretern des Straßenbauamts und der Straßenverkehrsbehörde die Plouguerneau-Allee begutachtet. "Alle Beteiligten kamen dabei zu dem übereinstimmenden Ergebnis, dass eine Abfuhr über die Plouguerneau-Allee aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht zu empfehlen sei", sagt Ralph Adameit, Pressesprecher beim Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises in Heidelberg, "eine förmliche Entscheidung der unteren Verkehrsbehörde war daher nicht notwendig."

Das sagen die Anwohner: Die Bauarbeiten können aufgeschoben werden, ohne dass die Fördergelder verloren gehen.

Das sagen die Behörden: "Eine Verschiebung der Bauzeit ist nicht möglich", schreibt die Verwaltung. Die Fördermittel des Landes seien daran gebunden, dass das Projekt bis November 2017 abgeschlossen sei. Diese Auskunft stamme aus dem Regierungspräsidium. Joachim Fischer, Pressesprecher des RP, stellt das anders dar. Die Fördergelder seien nicht zwingend zeitlich gebunden, sagt er. Ein Aufschub der Bauarbeiten sei "auf Antrag mit Nachweis des Verzögerungsgrundes möglich". Ob die Prüfung des Wasserwegs ein geeigneter Verzögerungsgrund sei, könne er nicht sagen. Das hänge davon ab, ob der Antrag unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit eine Chance hätte.

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