788 wurde "Radincheim" erstmals erwähnt
Das Gemüse gab dem Mühlhausener Ortsteil nicht den Namen.

Rettigheim. (kbw) Ob bei der Entstehung des Ortsnamens Rettigheim wohl der Rettich eine Rolle gespielt hat? Oder vielleicht auch das Radieschen, ein anderes, nahe verwandtes Kreuzblütengewächs? Der Name "Radincheim", mit dem der heutige Mühlhausener Ortsteil bei seinen ältesten bekannten Erwähnungen der 780er Jahre nach Christus in Schriftform verewigt wurde, weisen zumindest grob in diese Richtung.
Historiker gehen jedoch eher nicht von einem Zusammenhang mit dem Gemüseanbau aus. In der Beschreibung des Ortsteils auf der Internetseite der Gemeinde wird als Ursprung vermutet, dass die Siedlung einem Mann aus der Sippe der Radin, Rading oder Radinc zugewiesen wurde und sich die Bezeichnung daraus entwickelte.
Die ältesten bekannten Schriftzeugnisse selbst geben darüber keine weiteren Auskünfte. Die älteste Erwähnung, die sich zeitlich eindeutig zuordnen lässt, stammt aus dem Lorscher Codex, einer Sammlung von Urkunden, die die Besitztümer- und Ansprüche des fränkischen Klosters im südhessischen Lorsch dokumentierte.
Darin ist davon die Rede, dass am 25. Mai 788 ein gewisser Zotolt, um für das Heil seiner Seele zu sorgen, dem Kloster ein Feld und einen Pferch – Brachland – schenkte. Weitere Dokumente mit ähnlichen Inhalten werden in etwa auf die Jahre 784 oder 785 datiert, enthalten aber keine präzisen Zeitangaben.
In diesen Dokumenten wird der Ort Radinchheim oder auch Ratinchheim genannt. In einer Urkunde ist etwa davon die Rede, dass ein Iuncman dem Kloster eine Hofstätte und einen Weingarten übergab und dafür neun Morgen aus dessen Güterbesitz in Radinchheim erhielt.
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Bevölkert war das Gebiet wohl schon vorher, es gibt Funde aus der Jungsteinzeit um 2000 vor Christus, die aber nicht zwingend auf eine ständige Besiedlung hindeuten, wie die Gemeinde auf ihrer Internetseite schreibt. Demnach hinterließen auch die Römer spuren. Die Franken waren es jedoch, die sich dauerhaft niederließen.
Weitere Bezeichnungen des Ortes im Laufe der Jahrhunderte waren Rettinchheim, Redickeheim, Redecken, Redtigheim, Redigheimb und Rödigheim, Redenkeim oder – im 12. Jahrhundert – Rethencheim. Der römisch-deutsche Kaiser Friedrich Barbarossa bestätigte damals in einer Urkunden, dass der Ort samt Bewohnern dem Kloster Wigoldesberg gehörte – später bekannt als Kloster Odenheim.
Als wichtiges Datum für Rettigheim gilt auch der 8. Januar 1546. An diesem Tag wurde die Ortsherrschaft von den Chorherren in Bruchsal an den Adeligen Konrad von Helmstadt für 2300 Gulden verkauft. Aus dieser Urkunde geht auch hervor, dass sich dort damals schon ein Kelterhaus befand, demnach wurde in Rettigheim schon Weinbau betrieben. Helmstedt verkauft das Dorf dann an den Bischof von Speyer weiter.
Im 18. Jahrhundert setzte sich nach Angaben der Ortshistoriker dann die Bezeichnung "Rettigheim" durch. Wie in vielen Orten hatte die Bevölkerung wegen Kriegen und Epidemien zwischenzeitlich des Öfteren geschrumpft. 1644, gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges, sollen nur noch sieben Menschen in Rettigheim gelebt haben.
Acht Jahre später waren es demnach wieder 78. Unter Napoleon wurde der Ort Teil des Großherzogtums Baden – im Jahr 1832 wurden dann erstmals Bürgermeister und Gemeinderäte gewählt.