Wildschweine im Odenwald

Als die Wildschweine mit dem Radio bekämpft wurden

Tiere fühlen sich sauwohl und vermehren sich stark - Früher waren Jagdmethoden von wenig Erfolg gekrönt

02.11.2018 UPDATE: 03.11.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 15 Sekunden

Wildschweine sind schlau, schnell und stark und bereiten Bauern und Jägern manche Probleme. Foto: Thinkstock

Mudau. (lm) Der Odenwald, die Landwirte, die Jäger und das Schwarzwild waren schon immer eine Kombination, die einfach nicht ging. Die "Schwarzkittel" fühlten sich von jeher wohl in dem dichten Waldgebiet, das ihnen nicht nur jede Menge Futter anbot, sondern mindestens genauso viel Platz, um sich zu verstecken und auch an den Ackerfrüchten der Bauern zu laben.

Dazu kommt noch, dass die Wildsauen außer dem Menschen hier keine natürlichen Feinde haben und sich mit zwei Würfen im Jahr unglaublich vermehren. Wildschweine sind schnell, stark und ausgesprochen intelligent. Deshalb haben sich Bauern und Jäger auch schon zu früheren Zeiten einiges zum Schutz ihrer Felder einfallen lassen.

Michael Hemberger war schon als Kind mit dem Vater bei der Jagd dabei und ist selbst seit rund 50 Jahren Jäger. Er erinnert sich an Praktiken vergangener Tage und auch daran, dass die wenigsten effektiv waren.

Die Bauern sprachen sich zum Beispiel untereinander ab: So hatte immer ein Landwirt Nachtdienst an mehreren offenen Feuerstellen neben den zu schützenden Feldern. Das Feuer durfte nicht ausgehen. Doch wenn die klugen Wildsäue merkten, dass sich das Feuer nicht ausbreitete, ließen sie sich nicht mehr von der Selbstversorgung abhalten.

Als weitere Möglichkeit blies einer die ganze Nacht über an wechselnden Orten im Wald in ein Signalhorn. Das hielt zwar das Schwarzwild auf Abstand, aber leider auch das andere Wild und brachte so manchen braven Bürger um den wohlverdienten Schlaf. Noch weiter zurück liegt der Mauerbau zwischen Feld und Wald, indem die Bauern die Steine, die sie auf den Feldern abgelesen hatten, aufschichteten.

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Ganz entgegen dem heute so wichtigen Tierwohl war der Versuch, die Wildsäue durch scharfe Hofhunde von den Feldern abzuhalten, indem diese dort angekettet wurden. Doch nach nur einer solchen Nacht war der Hund meist wieder auf dem heimischen Hof und als Schutzhund nicht mehr zu gebrauchen, so sehr hatte ihm das Wild zugesetzt.

Schon in die "modernere Zeit" gehörte die Installation von Selbstschussanlagen, die so extrem laut waren, dass unvorbereitete Spaziergänger oder auch Jäger auf nahegelegenen Hochsitzen allein vom Krach fast einen Herzschlag bekommen haben. Zum Glück sind diese Anlagen heute verboten.

Als wenig erfolgreich hat sich auch der sogenannte Saufang der Jägerschaft erwiesen. Das ist ein Holzverschlag, der - ähnlich einer Lebendfalle für Mäuse - mittels einer Falltüre funktionierte, die durch das lockende Futter ausgelöst wird. Hatte sich tatsächlich einmal eine Wildsau darin verlaufen, wurde sie vom Jäger von außen geschossen.

Relativ wirksam war dagegen der Einsatz von Radios mit großen Verstärkern und dem ständigen Wechsel von Gesprächen und verschiedenen Musikrichtungen. Allerdings fällt das unter die Rubrik "nächtliche Ruhestörung" und schadet ebenso allen anderen Tieren und den Menschen.

Man hat also mit sehr unterschiedlichen Mitteln versucht, Wildsauschaden einzudämmen. Doch von den heutigen Abschusszahlen war man weit entfernt. Nach Aussage von Michael Hemberger wurden 2017 und 2018 über 500 Sauen auf Gemarkung Mudau geschossen.

Es haben sich für eine erfolgreiche Jagd zwei Möglichkeiten herauskristallisiert: Zum einen die sogenannte Kirrung, die jeden Tag an der gleichen Stelle mit Mais beschickt wird. So hat man viele Wildsauen an einer Stelle. Und wenn die Jagd an dieser Stelle nur einmal stattfindet, ist sie sehr effektiv.

Die zweite Möglichkeit ist die Bewegungsjagd, die auf die Wechsel der Sauen aufbaut. Denn bei diesen Wechseln werden Hochsitze oder Drückjagdsitze mit Jägern belegt.

Die Treiber der Jagd bewegen sich und damit auch das Schwarzwild dann mit etwas Radau durch den Wald bis die Sauen ermüden und dann gezielt erlegt werden können. Damit hofft man, der Schwarzwildschwemme gemäß dem Jagdrecht und dem Tierschutz Einhalt gebieten zu können.

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