Afrikanische Schweinepest

Wenn tote Wildschweine zum Krisenfall werden

Sicherheitskräfte und Landkreis-Behörden bereiteten sich in einer Übung auf einen Ausbruch vor - Kein Impfstoff

05.10.2018 UPDATE: 06.10.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 57 Sekunden

Bislang verbreitet sich das Virus zumeist über Wildschweine, für die es daher keine Schonzeit mehr gibt. Doch auch Hausschweine können die Seuche übertragen. Foto: Büttner

Lützelbach. (zg/cab) Bei Christian Kammergruber und Christoph Oberkötter sitzt jeder Handgriff. So muss es auch sein. Denn die beiden tun so, als würden sie ein totes Wildschwein bergen, das sich womöglich mit der Afrikanischen Schweinepest infiziert hat. Die Virus-Seuche, die ausschließlich Wild- und Hausschweine betrifft und gegen die es keinen Impfstoff gibt, ist in mehreren osteuropäischen Ländern aufgetreten, vor Kurzem auch in Belgien. In der Region will man vorbereitet sein. Also gab es kürzlich auf dem Lützelbacher Hainhaus-Gelände im Odenwaldkreis eine Großübung des Krisenfalls.

Gut geschützt: Christoph Oberkötter (l.) und Christian Kammergruber bei der Seuchen-Übung. Foto: Toepfer

Mit dabei sind nicht nur Experten der hessischen Veterinärämter, sondern auch Feuerwehren, Forst- und Jagdbehörden sowie Städte und Gemeinden des Odenwaldkreises. Ebenfalls eingebunden sind die benachbarten Landkreise Neckar-Odenwald und Rhein-Neckar auf baden-württembergischer Seite sowie der bayerische Landkreis Miltenberg.

Das 74 Hektar große Übungsgelände an der Landesstraße L3349 war mal ein Munitionsdepot der US-Streitkräfte. Heute betreibt die Odenwald-Regional-Gesellschaft hier einen Park für Grüne Technologien. Im Seuchenfall wäre es eine Kadaver-Sammelstelle. Also wird hier auch geübt. Kammergruber vom Landesbetrieb "Hessen Forst" und Oberkötter aus dem Veterinärdezernat des Regierungspräsidiums Darmstadt zeigen, wie es geht.

Schutzanzüge sind Pflicht, genauso eine Blutprobe des Tierkadavers zum Nachweis der Seuche. Dann wird dieser in einen speziellen Sack gesteckt, verladen und zur Sammelstelle gebracht. Hier müssen die beiden Experten beim Auspacken ebenfalls wieder Schutzkleidung tragen. Liegt der Kadaver im Container, ist ihre Aufgabe erledigt.

Danach übernehmen die Tierkörperbeseitiger. Normalerweise würden Kammergruber und Oberkötter keinen Applaus bekommen. Bei der Übung ist das anders. Gut 120 Interessierte haben zugeschaut und spenden Beifall.

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"Wir wollen und müssen einen guten Informationsaustausch sicherstellen", sagt Michael Sallmann, der Veterinäramtsleiter des Odenwaldkreises. Also wird auch die Kommunikation im Rahmen der zweitägigen Übung geprobt. "Dabei haben wir die Schnittstellen erfolgreich getestet", so Fabienne Leidel von der hessischen "Task Force Tierseuchenbekämpfung".

Im praktischen Teil wird sogar der Bau von Zäunen zur Sicherung von Risikogebieten gezeigt. Außerdem demonstriert die Polizeifliegerstaffel Egelsbach den Einsatz von Drohnen im Rahmen der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest. "Das alles müssen wir beherrschen", betont Sallmann.

Am Rande der Übung unterstreicht Leidel die große Verantwortung, die der Mensch bei einer Verbreitung des Virus hat. Das allgemein "hohe Eintragsrisiko" auch für Deutschland gehe vor allem auf menschliches Fehlverhalten zurück. So seien kontaminierte Speiseabfälle, die von Fernfahrern an Autobahn-Raststätten weggeworfen würden, oft der Ausgangspunkt für eine Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest: "Zwar können sich auch Tiere untereinander anstecken, aber große Sprünge macht die Seuche hauptsächlich wegen des achtlosen Verhaltens von Menschen."

Grundsätzlich sind die Landkreise für die Bekämpfung zuständig. Zudem hat das Land alle schweinehaltenden Betriebe in Hessen darüber informiert, wie sie ihre Schweinebestände schützen können. Um den Wildschweinbestand zu reduzieren, wurde die Schonzeit bei der Bejagung der Tiere, die keinen Nachwuchs haben, aufgehoben. Informiert wurden die Teilnehmer aber nicht nur über Maßnahmen in Hessen, sondern auch in Bayern und Baden-Württemberg.

Auf Anfrage der RNZ erläutert Sprecherin Silke Hartmann, wie es im Rhein-Neckar-Kreis geht: "Für jeden Halter landwirtschaftlicher Nutztiere besteht eine Meldepflicht beim Veterinäramt und Verbraucherschutz über Art und Anzahl seiner Tiere. Dies gilt auch für alle Halter von Schweinen. Auch wenn es sich um eine private Haltung handelt. Die Betriebsstandorte werden in einer speziellen Datenbank beim Veterinäramt und Verbraucherschutz erfasst. Damit können im Ernstfall verlässliche Angaben gemacht werden, wo Schweinebestände sind und wie viele Tiere wo gehalten werden. Im Rhein-Neckar-Kreis konzentriert sich die Schweinehaltung auf den Kraichgau."

Allerdings gibt Hartmann zu bedenken, dass sich das Virus bisher eher über Wildschweine verbreite. Da ist eine Erfassung eigentlich unmöglich. Schließlich verweist auch sie auf die Bedeutung der länder- und kreisübergreifenden Übungen, wie jetzt in Lützelbach.

Hier wird auch deutlich, welche Aufgaben die Feuerwehren haben. Sie unterstützen die Veterinärbehörden technisch und organisatorisch, beispielsweise durch Absperrungen oder den Bau und Betrieb von Desinfektionsschleusen. Wenn ein Bergeteam einen Kadaver an einem Sammelplatz abgelegt hat, darf sein Fahrzeug das Gebiet nur verlassen, wenn Räder und Radkästen desinfiziert wurden.

Auch das wird auf dem Hainhaus-Gelände demonstriert. Es ist umzäunt, sicher und über die Landstraße gut zu erreichen. Trotzdem ist es weit genug weg von Wohnbebauungen, auch wenn vom Virus keine Gefahr für Menschen ausgeht.

Dass die Übung etwas gebracht hat, merkt man bei Hauke Muders, dem Kreisbrandinspektor des Kreises Miltenberg. Er fühlt sich jetzt besser gerüstet als vorher: "Wir wissen nun, was auf uns zukommen kann." Auch Klaus Hanke, Leiter eines Forstreviers im Neckar-Odenwald-Kreis, sagt, er habe "Einiges dazugelernt". In seinen Augen wird es aber nicht bei Trainingseinheiten bleiben: "Ich bin mir sicher, dass die Afrikanische Schweinepest irgendwann kommt."

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