Wenn zwischen 3 und 6 Uhr das Telefon klingelt
Auch nachts gibt's Stromausfälle und Rohrbrüche - Dann ist für Timo Fuß die Nacht rum

Timo Fuß ist bei den Stadtwerken unter anderem für Gas, Wasser, Wärme und Netz verantwortlich. Alle vier Woche bestreitet er auch die nächtliche Bereitschaft. Foto: Biener-Drews
Von Jutta Biener-Drews
Eberbach. Es gibt Umstände, die verhindern, dass Timo Fuß jederzeit alle fünf Phasen eines gesund zu nennenden Schlafs gegönnt sind. Der Diplomingenieur in Diensten der Stadtwerke (SWE) hat im Abstand von vier Wochen sieben Tage lang Bereitschaft und das heißt: auch wenn frühmorgens zwischen 3 und 6 Uhr das Telefon klingelt, muss er ran.
Störung! Manchmal verursacht durch einen Unseligen, der sich um 5.30 Uhr irgendwo verfranst hat oder sich um diese Zeit dringend nach dem Busfahrplan und den Ticketpreisen erkundigen muss. In der Regel aber tatsächlich durch einen Defekt oder einen Zwischenfall irgendwo im weitverzweigten Netz der Strom-, Gas- oder Wasserversorgung. Dann muss Timo Fuß hellwach sein.
Nicht umsonst werben die Stadtwerke auf ihrer Homepage ja mit dem Slogan "Sie können sich auf uns verlassen". Wenn wo was nicht stimmt im komplexen Gefüge des kommunalen Wasser- und Energie-Versorgers, ist rund um die Uhr ein technischer Dienst in Alarmbereitschaft. Entweder signalisieren die technischen Anlagen über die Fernwirkanlage selbst, dass es ein Problem gibt. Oder das Signal kommt von außen über einen Kunden, der die zentrale SWE-Rufnummer angewählt hat.
Nach einer kurzen Bandansage wird der Anrufer hier auf Knopfdruck direkt an Timo Fuß oder einen von insgesamt vier Kollegen weitergeleitet, die sich in der sogenannten Innenbereitschaft abwechseln. Sollte es sich um was richtig Großes handeln, wird auch die Bereitschaftsleitung eingeschaltet. Meist geht es dann um Stromausfälle, sagt Fuß, weil unser Alltag ohne elektrische Energie immer in die Knie geht. Und je nachdem, wo’s im Ernstfall klemmt, klingeln Timo Fuß und Kollegen Fachleute der einzelnen Versorgungsbereiche aus dem Bett, bei Bedarf müssen auch zusätzliche Helfer ran.
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Fuß hat den Überblick. Der 38-Jährige Techniker hat direkt nach dem Studium vor elf Jahren bei den SWE angeheuert und wohnt mit Frau und zwei Kindern in der Steige. Er ist zuständig für Gas, Wasser, Wärme, Netz, Hafen und Leitungsdokumentation. Und er hat die Ruhe weg. Auch wenn die Kundschaft am anderen Ende der Leitung mal wieder nur Dampf ablassen muss. Oder leicht verpeilt ist. Wie dieser Mann, der Fuß an einem Faschingssamstag, halb sechs aus dem Schlaf gerissen hat. "Ich bin in Neckargemünd am Bahnhof, es fährt kein Bus, kein Zug. Ich brauche ein Taxi!"
Geduldig klärt Fuß auf: "Die SWE haben keine Taxen, nur Busse, aber keine nach Neckargemünd". Na dann. Am Faschingssonntag halb sechs, derselbe Mann: "Ich brauch ein Taxi!" Dann gibt es natürlich auch die liebenswürdigen Zeitgenossen, die die Bereitschaft als Kummerkasten nutzen und sich dafür vorab schon entschuldigen: "Ich weiß ja, dass Sie nicht zuständig sind, aber ich muss das jetzt loswerden...". Zum Beispiel, dass der Nachbar im Garten immer Holz verbrennt.
Wie er damit umgeht? "Wir sind zuerst immer freundlich", sagt der Ingenieur, "wie sich das Gespräch dann entwickelt, hängt auch vom Kunden ab". Zurück zu holzen, wenn der "fünfte Anrufer mich anblafft", ist allerdings nicht seine Art, "auch diesbezüglich ist auf die SWE und ihren Slogan Verlass". Und wenn Fuß mal wieder den geballten Unmut ("Saftladen!") abkriegt? "Wir sind natürlich auch nicht dagegen gefeit, mal blöd zu werden", schmunzelt der Ingenieur. "Und dann trifft’s leider oft die Falschen".
Frühe Morgenstunde. Irgendwo in der Stadt geht jemand aufs Klo und stellt fest, dass das Licht nicht angeht. Blick aus dem Fenster: auch draußen alles dunkel. Kein Strom da! Von diesem Moment an ist es die Bereitschaft, die unter Strom steht, weiß Timo Fuß. Ununterbrochen klingelt das Telefon, "da kommen 30, 40 Anrufe pro Minute rein und jeder denkt, er ist der Erste, der sich meldet". Auch aus der Fernwirkanlage oder von den Monteuren während des Einsatzes sprudeln die Meldungen. Das war so, als nachts eine Eule in ein Umspannwerk flog und einen Kurzschluss auslöste, "da war Eberbach für zwei, drei Stunden komplett dunkel und ohne Strom". Oder als mal in Igelsbach frühmorgens ein Trafo explodierte.
Oder es gibt nach einem Rohrbruch kein Wasser. Die Leute wollen dann vor allem wissen, wie lang der Ausfall dauert. Sie sind genervt, sie drängen. Und obwohl Techniker Fuß ein "ungefähres Zeitgefühl hat" für Störfälle jeglicher Art, "entscheidet sich das meist erst am offenen Loch". Heißt beim Wasserrohrbruch so viel wie: Erst muss der Tiefbau eintreffen, müssen die Leitungen freigelegt, muss der Schaden geortet werden. Wenn es eine sensible Stelle im Leitungsnetz getroffen hat, kann sich die Reparatur über Stunden hinziehen.
Aber das ist für die SWE-Bereitschaft glücklicherweise nicht der Normalfall, sagt Timo Fuß. Auch, dass die Elektronik spinnt und nachts alle zwei Minuten Störmeldungen absetzt, ist selten. Und so darf der Ingenieur immerhin in 80 Prozent seiner Nachtdienste an der Matratze horchen. Allerdings ist die Rolle des Pechvogels im Team auch besetzt. Fuß: "So einen ham wa". Einen, bei dem eine Zeitlang das Telefon in einem fort bimmelte, wenn er nachts an der Reihe war.



