Schweres Busunglück in Eberbach

Wie Anwohner Peter Emig den Unfallopfern erste Hilfe leistete

Anwohner Peter Emig wird Ersthelfer und beherbergt teils über 15 verletzte Kinder in seinem Haus - DLRG Hirschhorn mit vor Ort

17.01.2018 UPDATE: 18.01.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden

Ein Bus ist am Dienstagmorgen in das Haus in der Odenwaldstraße/Ecke Wiesenstraße gekracht, Rettungskräfte sind vor Ort. Doch bevor diese eintreffen, hat ein Anwohner in der Wiesenstraße bereits einiges an Erster Hilfe geleistet. Foto: Martina Birkelbach

Von Martina Birkelbach

Eberbach. "Es war wie im Film. Nur die Schreie, das viele Blut, die Wunden - das war echt, das war kein Film. Ich habe noch nie so viele verletzte Kinder gesehen", sagt Peter Emig. Am Dienstag, am Tag nach dem grausamen Busunglück in der Odenwaldstraße, sitzt der Schock bei ihm noch tief. Von den insgesamt 44 Unfallopfern waren sechs Kinder und zwei Erwachsene schwer verletzt.

Emig wohnt in der Wiesenstraße, ein paar Häuser neben dem Gebäude, in das der Bus prallte. Er wurde zum Ersthelfer, noch bevor die Rettungskräfte eintrafen, er beherbergte teilweise über 15 Kinder in seinem Haus. "Meine Partnerin ist aus dem Bett gesprungen, als sie das laute Krachen hörte. Der Sohn rief, dass ein Bus bei Gerbracht reingeknallt ist und setzte einen Notruf ab. Ich habe mir im Schnellverfahren etwas angezogen und bin raus. Als ich den Bus gesehen habe, hat mich fast der Schlag getroffen. "Das sind zu viele verletzte Kinder", war sein erster Gedanke.

Foto: mabi

Im Regen seien etliche Kinder und Jugendliche aus dem Bus gekrabbelt, eine Person sei bewusstlos gewesen. Gemeinsam mit Arbeitskollegen der Stadtwerke, die noch hinzukamen, brachte Emig den Schwerverletzten in sein Haus. "Helft euch gegenseitig, stützt euch", hat er den leichter Verletzten zugerufen. Das gesamte untere Stockwerk seines Hauses war irgendwann komplett belegt. "Küche, Flur und Wohnzimmer, überall haben wir die Kinder gelagert." Emig hat alle gesichtet, grob abgeschätzt, wie schwer die Verletzungen sind.

Glücklicherweise hat er regelmäßig an Erste-Hilfe-Kursen bei den Eberbacher Stadtwerken teilgenommen, kannte sich zumindest ein wenig aus. "Dann kam plötzlich ein Team der DLRG. Die standen mit einem Rettungskoffer vor der Tür - das war wie ein Gottesgeschenk. Sie haben sicher gearbeitet, sich um den Schwerverletzten gekümmert, mir eine Riesenlast abgenommen." Laut Heinz Thöne, Vizepräsident des DLRG Landesverbandes Baden und Vorsitzender der DLRG Eberbach waren es allerdings "leider nur" die "Helfer vor Ort" der DLRG Hirschhorn.

Auch interessant
Schweres Busunglück in Eberbach: Für Notarzt Schottmüller ist der Einsatz "perfekt" abgelaufen
Schweres Busunglück in Eberbach: So funktionierte die Rettungskette am Dienstag
Schweres Busunglück in Eberbach: Ein Jugendlicher ist noch in sehr kritischem Zustand
Schweres Busunglück in Eberbach: 180 Einsatzkräfte kümmerten sich um die vielen Verletzten (plus Video)
Schweres Busunglück in Eberbach: Wie Nachbarn sich um die Unfallopfer kümmerten

Peter Emig hat in seinem Haus unermüdlich weiter gearbeitet. Er hat seine "Erstinfos" dann an die eintreffende Feuerwehr und den Rettungsdienst weitergegeben, er hat Getränke verteilt, Handtücher über die Wunden gelegt, mithilfe anderer Nachbarn Eltern informiert und er hatte zwischendurch sogar noch den ein oder anderen Scherz zur Aufmunterung der leichter Verletzten parat. "Einige Kinder waren ohne ihr Handy völlig hilflos, sie hatten keine Telefonnummern im Kopf. Es gab auch Eltern, die gerade im Urlaub waren."

Nach und nach trafen immer mehr Eltern ein, Emig hat sie beruhigt, mit ihnen geredet und versucht "das Chaos ein wenig zu lichten". Wann das alles begann und endete? "Ich weiß nicht, ich habe nicht ein einziges Mal auf die Uhr geschaut." Auch gegenüber und auf der "anderen Seite der Straße" haben laut Emig Firmen wie "Elektro Wunder" und "Reinig" Garagen geöffnet und ebenfalls den Verletzten geholfen. Doch das hat er nur kurz gesehen, "unsere Seite war so überladen, ich konnte mich auf die andere Seite nicht konzentrieren". Emig hat an diesem Tag einfach nur "funktioniert". "Es war alles furchtbar, auch dass manche Kinder eingeklemmt waren und rausgeschnitten werden mussten... Es waren teils schreckliche Verletzungen".

Am Abend dann, als alles vorbei war, ist Emig durch sein Haus gelaufen, "überall’ waren noch Blut und Glasscherben - ich hatte irgendwie Angst, dass wir ein Kind vergessen haben, was natürlich nicht der Fall war." Beschäftigt hat den Stadtwerkemitarbeiter das ganze Szenario auch gestern noch: "Ich denke an den Schwerverletzten, ich hoffe, er kommt durch." Die Bilder und Eindrücke werden Emig so schnell nicht verlassen.

"Ich bin so dankbar, dass so viele geholfen haben. Ich danke der DLRG und allen anderen." Das, was in Eberbach passiert ist, war leider kein Film, es war die Wirklichkeit. Und es war gut, dass es Menschen wie Emig gab.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.