Testpflicht schreckt Restaurant-Besucher ab
Wirte berichten zur Wiedereröffnung von verhaltenem Besucherandrang - Gastronomin Bernadette Martini schafft breites Testangebot

Von Caspar Oesterreich
Neckar-Odenwald-Kreis. Freude und Enttäuschung: Gastronomen in Mosbach und Umgebung erleben derzeit ein Wechselbad der Gefühle. Die Erleichterung ist groß, seit vergangenem Wochenende nach Monaten des Lockdowns endlich wieder freizeithungrige Gäste empfangen zu dürfen. Doch der Weg zurück zur Normalität ist weit und mit einigen Stolpersteinen gepflastert.
Im Vergleich zum Frühjahr 2020, als der Andrang nach dem ersten Lockdown für Wirte kaum zu bewältigen schien, "ist die Nachfrage derzeit noch etwas verhalten", berichtet Bernadette Martini, stellvertretende Dehoga-Vorsitzende des Kreisverbands Neckar-Odenwald. "Das Interesse ist sicherlich da, doch das Thema Testpflicht ist für viele potenzielle Gäste ein K.o.-Kriterium", verdeutlicht sie im Gespräch mit der Rhein-Neckar-Zeitung. Einerseits, weil manche Menschen vor dem Aufwand zurückschrecken würden, anderseits, "weil es schlicht zu wenig Testangebote in der Region gibt", kritisiert Martini. "Für die Große Kreisstadt ein Armutszeugnis", fasst sie ihre Enttäuschung über "unbefriedigende Öffnungszeiten im kommunalen Testzentrum" in Worte.
Seit dem Feiertag bietet Martini deshalb nun selbst jedem – egal ob Mosbacher Bürger oder Besucher der Stadt – die Möglichkeit eines kostenlosen Schnelltests in ihrem Hotel und Gasthaus "Lamm" an. Terminlos, den ganzen Tag über, auch samstags und sonntags. Abgerechnet wird mit der Kassenärztlichen Vereinigung. "Ich mache das nicht, weil ich nichts anderes zu tun habe, sondern weil es notwendig ist." Ein Engagement, für das viele Gastronomen in der Branche dankbar sind. Es sei ein "riesiger organisatorischer Aufwand" gewesen, sagt Martini, "zum Glück hat uns der Kreis und vor allem Landrat Dr. Achim Brötel aber dabei unterstützt".
Für Petra Biehler-Anderer löst das Testangebot ihrer Kollegin ein großes Problem. Abgesehen von Genesen und vollständig Geimpften hätte man am vergangenen Sonntag nur wenig Gäste begrüßen können, "weil diese schlicht keinen negativen Test vorweisen konnten", berichtet die Geschäftsführerin des Ludwigs. "Noch besser wäre es aber für uns, wenn gar kein Test mehr erforderlich wäre", sagt sie, und spricht damit vielen Gastronomen aus der Seele. Biehler-Anderer findet es unfair, dass etwa in Rheinland-Pfalz keine Testpflicht für die Außengastronomie mehr gilt, während die Gastronomen in Baden-Württemberg noch mit dieser Hürde zu kämpfen haben.
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"Es ist gut, dass das Testangebot durch Frau Martini erweitert wird", sagt auch Marcus Freiherr von Gemmingen-Hornberg, Inhaber des Hotel Restaurants Burg Hornberg. Schließlich müssten seit Kurzem auch dienstreisende Hotelgäste alle drei Tage einen negativen Coronatest nachweisen. Bisher galt das nur für touristische Besucher. Seit vergangenem Dienstag können Restaurant-Gäste wieder die malerische Aussicht von der Burgterrasse genießen. "Wir haben im Lockdown viel investiert, einiges erneuert", erzählt von Gemmingen-Hornberg. Mit Sandro Kreis könnten sich Besucher sogar auf einen neuen Küchenchef freuen. Jetzt brauche es nur noch klare Vorgaben zu Festen, etwa bei Geburtstagsgesellschaften oder Kommunionsfeiern. "Ich hoffe, dass die Politik bald konkrete Informationen geben kann."
Till Scheithauer ist einer der wenigen Gastronomen im Kreis, der sein Lokal noch nicht geöffnet hat. "Mit der Sperrstunde ab 21 Uhr würde das sich für uns nicht lohnen", erzählt er. Trotzdem begrüßt der Inhaber der Kneipe Tante Gerda die Initiative Martinis. "Wobei ich definitiv die Stadt in der Pflicht sehe, ein ausreichendes Angebot zu schaffen." Auch wenn es keine gesetzliche Vorgabe zum Betreiben eines Testzentrums für Kommunen gibt, "ist es doch im Interesse der Verwaltung, für eine belebte Innenstadt zu sorgen", betont Scheithauer.
Hintergrund
Auch am Sonntag wird getestet
Seit der Eröffnung des kommunalen Testzentrums (KTZ) Mosbach Anfang März wurden die Öffnungszeiten und Berechtigtenkreise mehrfach den Bedürfnissen angepasst. Zuletzt wurde zum 1. Juni die Testung von Kindern ab sechs
Auch am Sonntag wird getestet
Seit der Eröffnung des kommunalen Testzentrums (KTZ) Mosbach Anfang März wurden die Öffnungszeiten und Berechtigtenkreise mehrfach den Bedürfnissen angepasst. Zuletzt wurde zum 1. Juni die Testung von Kindern ab sechs Jahren aufgenommen. Dank des Engagements des DRK konnte nun für den kommenden Sonntag, 6. Juni, von 10 bis 12 Uhr ein weiteres Testangebot geschaffen werden, das sich an alle richtet – Einwohner wie auch Gäste der Stadt. Die Termine für den Sonntag können im Laufe des Freitagvormittags unter www.mosbach.de/schnelltest.html gebucht werden.
Die Strategie des Landes sah zunächst vor, dass man sich bei Ärzten und in Apotheken testen lassen kann. Mangels ausreichender Testangebote hat die Stadt Mosbach gemeinsam mit dem DRK ein freiwilliges Angebot in der Innenstadt geschaffen. Mit Änderung der Corona-Verordnung Anfang Mai hat das Land den Weg geebnet, dass weitere Personen und Stellen das Ergebnis von Schnelltests auf das Coronavirus offiziell bescheinigen können. Dies sind neben Arbeitgebern, Kindergärten und Schulen insbesondere auch Anbieter von Dienstleistungen wie etwa im Einzelhandel oder in der Gastronomie. Bei diesen Tests handelt es sich um angeleitete Schnelltests, die unter Aufsicht vorgenommen werden.
Um das Testangebot im KTZ aufrecht zu erhalten, insbesondere aber auch um weitere Termine am Wochenende anbieten zu können, sind die Stadt und das DRK dringend auf der Suche nach weiteren ehrenamtlichen Testhelfern. Der gemeinsame Aufruf geht deshalb an alle bereits geschulten Testhelfer und jene, die es werden möchten. Wer bereit wäre, das Testzentrum zu unterstützen, kann sich per Mail an: vorzimmer@mosbach.de wenden.
Zwischen 700 und 800 Schnelltests pro Woche werden im Testzentrum aktuell vorgenommen, erklärt Joachim Herrmann vom DRK-Kreisverband, der für die Organisation des städtischen Angebots verantwortlich ist. Die Öffnungszeiten habe man seit März immer wieder der Nachfrage angepasst. "Mit den Lockerungen in der Gastronomie haben wir eine leichte Steigerung der Terminbuchungen festgestellt", berichtet Herrmann, weshalb nun am kommenden Sonntag zwischen 10 und 12 Uhr eine zusätzliche Testmöglichkeit geschaffen wird.
Während sich die Testsituation in Mosbach mit den zusätzlichen Angeboten wahrscheinlich entschärfen wird, bleibt die Lage in den kleineren Gemeinden angespannt, wie Jasmin Hakalovic-Schwab deutlich macht. Die Inhaberin der Gaststätte "Zur alten Scheune", dem Landhotel Engel sowie dem Tanzlokal Ponderosa in Krumbach verköstigt ihre Gäste momentan noch zum Großteil außer Haus.
Zwar hat seit Donnerstag das Restaurant für Gäste wieder geöffnet, "da es in Limbach aber nur montags und donnerstags Testangebote gibt, dafür nur wenige am Wochenende extra nach Buchen oder Mosbach fahren wollen, ist unser Bestellservice derzeit noch stark nachgefragt", sagt sie und betont: "Die Leute würden ja gerne kommen, doch der Aufwand ist vielen einfach zu hoch."



