Neckar-Odenwald-Kreis

US-Gericht verurteilt deutschen Familienvater zu viereinhalb Jahren Haft

Das Strafmaß für den Angeklagten aus dem Neckar-Odenwald-Kreis wegen Besitzes und Transports von Kinderpornos wurde bekannt gegeben.

11.09.2021 UPDATE: 11.09.2021 17:23 Uhr 2 Minuten, 35 Sekunden
Gefängnis

Symbolfoto: Felix Kästle/dpa

Von Joachim Casel und Andreas Hanel

Houston/Neckar-Odenwald-Kreis. Jetzt ist es amtlich: Der angeklagte deutsche Staatsbürger aus dem Neckar-Odenwald-Kreis, der sich seit Dezember 2019 in amerikanischer Untersuchungshaft befindet, wurde am gestrigen Freitag vom zuständigen Gericht in Houston/Texas des Besitzes und des Transports kinderpornografischer Inhalte für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von 55 Monaten verurteilt.

Der 43-Jährige hatte im Vorfeld ein Geständnis abgelegt. Das sichergestellte Beweismaterial (mehrere Videofilme, die der Mann auf seinem Handy abgespeichert hatte) war eindeutig und zeigte Unzucht mit Kindern. Insgesamt fanden die US-Ermittler 1236 Videos und 1522 Fotos.

Noch nicht sicher ist derzeit, in welchem Land der Mann die Haftstrafe absitzen muss. Dies hängt davon ab, ob der Familienvater nach Deutschland ausgeliefert wird oder in ein US-Gefängnis kommt. Momentan liegen aber weder seitens der deutschen Justiz noch vom Anwalt des Verurteilten Auslieferungsanträge vor. Dies liegt wohl vor allem daran, dass das Urteil im Augenblick noch nicht rechtskräftig ist. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben die Möglichkeit, binnen einer Frist Rechtsmittel einzulegen. Erst wenn diese Frist verstrichen ist, ist das Urteil vollumfänglich gültig und kann vollstreckt werden.

Zur Vorgeschichte: Bei einer Dienstreise landete der Angeklagte zusammen mit zwei Arbeitskollegen am 2. Dezember 2019 auf dem Flughafen in Houston/Texas. Dort wurde der heute 43-Jährige gezielt von seinen Arbeitskollegen getrennt und von amerikanischen Ermittlern vernommen. Die Polizisten interessierten sich in erster Linie für das Handy des Mannes. Der Familienvater räumte bei der Vernehmung auch recht schnell ein, dass er Filme mit kinderpornografischem Inhalt auf seinem Handy habe. Er wurde schließlich festgenommen, kam in den USA in Untersuchungshaft und wartete dort auf seinen Prozess. Dieser wurde mehrfach verschoben.

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Nach amerikanischem Recht ist ein Prozess in zwei Abschnitte eingeteilt, das Ermittlungsverfahren ("pretrial procedures") und das Hauptverfahren ("trial"). Nachdem der Deutsche im Mai in Texas ein Geständnis abgelegt hatte, konnte das Verfahren deutlich vereinfacht werden. Die Einsetzung einer Jury war nun nicht mehr nötig.

Und so wartete man mit großer Spannung auf den Urteilsspruch des Richters Charles Eskridge, der das genaue Strafmaß am Freitag festlegte: Vier Jahre und sieben Monate muss der deutsche Familienvater nun hinter Gitter, wie Angela Dodge, die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft in Texas auf Anfrage der RNZ berichtete. Die Strafe soll er in einem Bundesgefängnis ("federal prison") in den USA absitzen. Die Bundesgefängnisse werden von der US-Regierung betrieben und gelten als weniger gefährlich als die Staatsgefängnisse ("state prison"), die unter der Aufsicht der US-Bundesstaaten stehen.

Damit ist die Akte für den Deutschen aber noch keineswegs geschlossen, denn auch die deutschen Behörden ermitteln bereits seit Monaten gegen den Mann. Hier reicht der Vorwurf allerdings erheblich weiter. Während es in Texas "lediglich" um den Transport bzw. Besitz von Kinderpornografie ging, förderten die parallel aufgenommenen Ermittlungen deutscher Behörden viel schlimmere Dinge ans Tageslicht. Dies ist das Ergebnis einer Hausdurchsuchung im privaten Anwesen des Familienvaters.

Demnach hat sich der Mann offenbar auch selbst an Kindern vergriffen. "Ja, es besteht dringender Tatverdacht", erklärte Florian Sommer von der Staatsanwaltschaft Mosbach im Gespräch mit der RNZ. Konkret sagte er: "Die Sichtung der Beweismittel, die bei der Durchsuchung der Wohnräume des Beschuldigten sichergestellt werden konnten, hat den dringenden Tatverdacht ergeben, dass sich der Beschuldigte neben dem Besitz von kinder- und jugendpornografischen Schriften auch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern strafbar gemacht haben könnte." Diese juristische Formulierung bedeutet, dass der Mann selbst auf den beschlagnahmten Filmen bei der Ausübung sexueller Handlungen an Minderjährigen zu sehen ist.

Aufgrund des aufgefundenen Filmmaterials hat die Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Mosbach auf Antrag der Staatsanwaltschaft Mosbach einen nationalen Haftbefehl und einen europäischen Haftbefehl gegen den Beschuldigten erlassen. Die Sichtung des bei der Hausdurchsuchung gefundenen Materials gehe aber trotz dieser Fahndungsergebnisse weiter, so Sommer, der bei dem aufgefundenen einschlägigen Material von einer gigantischen Menge sprach, die im Terabyte-Bereich liege und vielleicht noch weitere schlimme Dinge zutage fördert.

Es bleibt also spannend, denn in den nächsten zwei Wochen, so der voraussichtliche Zeitplan, wird sich die deutsche Justiz mit der Frage beschäftigen, ob man ein Auslieferungsersuchen oder eventuell ein Vollstreckungsübernahmeersuchen an die USA für den deutschen Staatsbürger richten werde. Ein Antrag, der unter Umständen auch vom Verteidiger des Verurteilten zu erwarten ist.

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