Jetzt werden auch schon in Apotheken Hamsterkäufe getätigt
Apotheker in der Region sind auch als Ratgeber gefragt - Viele stellen aufgrund der Lieferengpässe selbst Desinfektionsmittel her

Neckar-Odenwald-Kreis. (mami) Während die meisten Menschen zur Zeit angehalten sind, möglichst zu Hause zu bleiben und den Kontakt zu Mitmenschen so gut wie möglich zu vermeiden, sind die Apotheker tagtäglich dafür zuständig, dass Menschen trotz der Coronakrise ihre notwendigen Medikamente bekommen. Doch sie sind viel mehr als nur reine "Medikamenten-Lieferanten". Sie sind oft auch als Ratgeber in dieser schwierigen Zeit gefragt.
Die Rhein-Neckar-Zeitung hat sich bei einigen Apotheken in der Region umgehört, ob der Ansturm auf die Apotheken zugenommen hat, ob es auch hier Hamsterkäufe und Engpässe gibt und wie die Apotheker ihren Kunden zur Seite stehen und im Allgemeinen mit der Situation umgehen.
> Jan Reuter (Central-Apotheke, Walldürn): "Es ist eindeutig viel mehr los als sonst. Wir können aber auch nur das abgeben, was zugelassen ist. Wir gehen gegen Hamsterkäufe vor, indem wir nur eine Packung pro Haushalt abgeben. Wenn das ein Kunde nicht verstehen will, dann erklären wir es ihm noch einmal auf freundliche Art, aber daran wird sich nichts ändern.
Es wird bei uns auch sehr viel nachgefragt zur aktuellen Situation. Unsere Tipps sind, dass man sich vor allem an die Vorschriften halten sollte, wie den Mindestabstand einzuhalten, aber auch dass die Menschen auch mal spazieren gehen sollten – am besten natürlich alleine –, um aus ihren Wohnungen oder Häusern rauszukommen. Ich glaube, dass viele Menschen primär beruhigt werden möchten."
> Bernhard Goldstein (Erfapark-Apotheke, Hardheim): "Bei uns ist wesentlich mehr los als sonst, und wir haben auch deutlich mehr zu tun. Ich habe schon das Gefühl, dass die Leute nun auch bei den Arzneimitteln mit den Hamsterkäufen anfangen. Wir müssen uns alle umstellen in der aktuellen Situation. Wir haben Wartezonen und ‚Spuckwände‘ aufgebaut und wir lassen immer nur drei Personen gleichzeitig in die Filiale. Auch unsere Lieferanten kommen nicht mehr so oft wie sonst. Dadurch werden sich die Engpässe im Lieferverkehr, die es sowieso schon gibt, noch mehr verschärfen.
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Wir Apotheker sind auch als Ratgeber gefragt. Die Bevölkerung ist tief verunsichert. Bei uns rufen sehr viele Leute an, die Rat suchen, und da helfen wir natürlich so gut wie möglich. Mein Appell ist definitiv, dass die Bevölkerung die Vorgaben der Regierung einhalten soll, also so wenig wie möglich rausgehen, den Abstand zu Mitmenschen einhalten und sich mehrmals am Tag die Hände waschen."
> Rudolf Friesenhahn (Apotheke am Musterplatz und Sonnen-Apotheke, Buchen): "Es ist deutlich mehr los als sonst. Die letzten zwei Wochen waren wirklich heftig. Wir stellen mittlerweile unser eigenes Desinfektionsmittel her, das fast am meisten verlangt wird. Aber dabei haben wir mit den Engpässen im Lieferverkehr zu kämpfen. Den Alkohol für die Mittel zu bekommen, wird auch immer schwieriger. Auch bei Antibiotika und Antidepressiva haben wir mittlerweile noch mehr Lieferprobleme, als wir sie sowieso schon haben.
Aber ich habe das Gefühl, dass die Menschen allmählich sehen, wie wichtig ihre örtlichen Apotheken sind, und dass sie nicht alles im Internet bestellen müssen. Wir sind ja nicht nur für den Verkauf da, wir fungieren auch tagtäglich als Ratgeber. Wichtig für alle ist, dass sie genügend Abstand zu ihren Mitmenschen einhalten, und Händewaschen mit Seife ist unerlässlich in diesen Zeiten."
> Dragana Catibusic (Sanus-Apotheke, Buchen): "Bei uns blieb der Ansturm etwas aus. Wir haben auch keine Engpässe, abgesehen von denen, die es vorher schon gab. Wir versuchen alles Mögliche, um die Menschen zuerst einmal zu beruhigen, damit es auch bei uns nicht zu Hamsterkäufen kommt. Auch deswegen begrenzen wir die Abgabe auf maximal einer Schachtel Paracetamol für eine Person. Um den Menschen weiterhin helfen zu können, stellen wir auch Desinfektionsmittel in kleinen Mengen her."
> Gunnar Koronai (Bauland-Apotheke, Seckach): "Letzte Woche war bei uns überdurchschnittlich viel los. Anfang dieser Woche hat es sich aber wieder etwas gelegt. Wir gehen direkt gegen mögliche Hamsterkäufe vor, indem wir pro Kunden nur eine Packung an Paracetamol oder Ibuprofen rausgeben. Damit dämmen wir diese möglichen Hamsterkäufe ein und schützen auch mehr oder weniger unseren eigenen Bestand. Wir stellen auch Desinfektionsmittel in kleinen Mengen her. Dabei sind aber die Lieferengpässe des Alkohols ein ziemliches Problem. Wir werden auch bei einigen Medikamenten vom Großhandel kontingentiert, weil die großen Abnehmer ebenfalls Engpässe haben. Dadurch ist es uns teilweise gar nicht möglich, dass wir größere Mengen herausgeben."



