Das Frauenhaus bleibt Zufluchtsort bei häuslicher Gewalt
Zu Hause bleiben ist für Frauen in gewaltgeprägten Verhältnissen keine Option - Bislang keine vermehrten Aufnahmen im Landkreis

Neckar-Odenwald-Kreis. (ub) Was in manchen Familien in der Corona-Krise durch die "Wir-bleiben-zuhause"-Bestimmungen zu Konflikten führt, das ist in anderen Familien schlimme Tagesordnung und eskaliert in verbalen oder tätlichen Übergriffen, zumeist auf Frauen und Kinder.
"Bleib zu Hause" klingt dann wie ein Hohn, wenn das Heim zur Hölle wird. Noch lässt sich nicht sagen, ob eintritt, was befürchtet wird: wegen der in ihren Wohnungen und Häusern isolierten Menschen könnte häusliche Gewalt zunehmen, wenn insbesondere Frauen und Kinder von Partnern und Vätern physisch und/oder psychisch traktiert werden.
Zur Verunsicherung durch die Corona-Krise kommen möglicherweise finanzielle Sorgen, es gibt keine Möglichkeit des Ausweichens, andere Menschen, die etwas bemerken könnten oder denen sich Betroffene anvertrauen können, verschärfen eine Situation, in der als einziger Ausweg mancher nur die Flucht ins Frauen- und Kinderschutzhaus des Neckar-Odenwald-Kreises bleibt.
Dort kam es aber bisher nicht zu vermehrten Aufnahmen, berichtet Renate Körber, Sozialdezernentin im Landratsamt. Noch nicht? "Wir erleben, dass die Beratungsanfragen mit den Schul- und Kindergartenschließungen kontinuierlich zugenommen haben." Das Frauenschutzhaus sei weiterhin geöffnet, freie Kapazitäten seien vorhanden. "An der grundsätzlichen Haltung, Menschen in sehr prekären Lagen zu helfen, hat sich nichts geändert", stellt Körber klar, aber es sei schwieriger geworden. Beispielsweise, wenn sich Opfer in einer angeordneten oder freiwilligen Isolierung befänden. "Diese Personen können nicht im Frauenhaus aufgenommen werden." Hier sei der so genannte Platzverweis für die Täter derzeit die einzige Lösung, der gewalttätige Mann muss (vorübergehend) aus der Wohnung raus.
"Im Frauen- und Kinderschutzhaus gelten dieselben Einschränkungen, mit denen wir uns alle auseinandersetzen müssen", sagt Renate Körber über die aktuelle Lage. Die Versorgung sei sichergestellt, die Einkäufe würden in der Regel von den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen getätigt, die dabei ebenso wie in ihrem Arbeitsalltag im Haus alle Regeln der Infektionsvermeidung beachten würden.
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Der Schichtdienst ist in Corona-Zeiten insofern von Vorteil, als dass bei einem Krankheitsfall zumindest ein Teil der Mitarbeiter weiterhin einsatzbereit ist. "Allerdings können aufgrund der Kontaktverbote momentan keine Hausbesprechungen und Gemeinschaftsangebote abgehalten werden", so die Fachbereichsleiterin.
Weltweit beeinflusst die Corona-Pandemie vieler Menschen Alltag, das ist im Schutzhaus nicht anders, doch gibt es bei den Frauen und Kindern keine an Covid-19 erkrankten Personen und auch keine Verdachtsfälle. "Ebenso nicht beim Personal", kann Körber froh vermelden. "Im Wesentlichen gelten dieselben Regeln wie in anderen Haushaltsgemeinschaften auch. Den Frauen und Kindern werden die Abstands- und Hygieneregeln zur Infektionsvermeidung vermittelt." Die Gemeinschaftsräume werden immer nur von eine "Familie" benutzt. Ansonsten halten sie sich in ihren Zimmern auf. Bei Autofahrten zusammen mit Frauen und Kindern wird ein Mund- und Nasenschutz getragen.
Käme es zu einem Infektionsfall im Frauenhaus, würden für einen begrenzten Zeitraum keine Aufnahmen mehr möglich sein. "Dann würden sich die Mitarbeiterinnen um Aufnahmen in den umliegenden Frauenhäusern bemühen", schließt Körber die kurzfristige Anmietung von Ersatzwohnungen für Neuaufnahmen aus. "Zumal wir nicht das Personal für zwei Standorte hätten."
Dazu befragt, ob man im Landratsamt darüber nachdenke, Unterstützung aus dem Sozialschutz-Hilfspaket der Bundesregierung in Anspruch zu nehmen, antwortet Renate Körber: "Das Sozialschutz-Paket ermöglicht in erster Linie Menschen, denen durch die jetzige Krise das Einkommen und die wirtschaftliche Existenz wegbrechen, einen erleichterten Zugang zu Sozialleistungen. Dies betrifft insbesondere Leistungen nach dem SGB II und SGB XII."
Ein weiterer Bestandteil des Sozialschutz-Pakets sei das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz, das aber nicht für die Landkreise gedacht sei, sondern für die sozialen Dienstleister, deren Einnahmen durch die Schließung von Einrichtungen weitestgehend wegbrächen. "Kurz", formuliert es die Sozialdezernentin, "der Landkreis selbst kann keine Ansprüche aus diesem Gesetz ableiten, wir müssen jedoch die Leistungsansprüche administrieren, soweit wir der Kostenträger sind."



