Neckar-Odenwald-Kliniken

Zu diesen Plänen gibt es Kritik - und viel Konstruktives

Nach Vorstellung der geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen an den Neckar-Odenwald-Kliniken war die Meinung der Bürger gefragt

16.01.2020 UPDATE: 17.01.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden
Neue Wege muss man aufgrund der finanziellen Schieflage an den Neckar-Odenwald-Kliniken (hier das Krankenhaus Mosbach) beschreiten: Nach Vorstellung der Umstrukturierungspläne nutzten besorgte Bürger rege das Angebot zum Gedankenaustausch. Foto: Heiko Schattauer

Von Heiko Schattauer

Mosbach. Es stehen wegweisende Tage bevor, für die tief in die roten Zahlen gerutschten Neckar-Odenwald-Kliniken, für den Kreis, für die Menschen in der Region. Nachdem im vergangenen Jahr ein Minus von über 12 Mio. Euro aus dem Betrieb der Krankenhäuser in Mosbach und Buchen vom Kreis als Träger der Einrichtungen auszugleichen war bzw. ist, will man nun die Notbremse ziehen: Ein Struktur- und Maßnahmenplan, der u. a. mit tiefen Einschnitten in Form von Fachbereichsschließungen verbunden wäre, soll helfen, die finanzielle Entwicklung zu entschärfen.

Im Dezember wurden die Pläne vorgestellt, die von Klinik-Verantwortlichen und Chefärzten gemeinsam erarbeitet und vom Aufsichtsrat mehrheitlich für geeignet bewertet worden waren. Im Nachgang waren nun Bürger aufgefordert, ihre Meinung zu den "Sanierungsmaßnahmen" kundzutun, ehe der Kreistag in seiner Sitzung am 29. Januar über die Pläne entscheiden muss.

Bestimmendes Thema in den Schreiben, die im eigens an den Kliniken eingerichteten Postfach "Zukunft@Neckar-Odenwald-Kliniken.de" eingingen, war – wie nicht anders zu erwarten – die geplante Schließung des Fachbereichs Gynäkologie/Geburtshilfe am Standort in Mosbach.

Befürchtet wird unter anderem eine "massive Verschlechterung der Versorgung Schwangerer und neugeborener Kinder" und "ein qualitativer Einschnitt in die medizinische Versorgung der im Kreis geborenen Kinder". Die Erhaltung der Abteilungen Geburtshilfe/Gynäkologie sollte an beiden Standorten mit der gleichen Notwendigkeit bewertet werden wie die Abteilungen für Innere Medizin und Chirurgie.

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Dass bei einer Konzentration am Standort Buchen erst zusätzliche Räume geschaffen werden müssen und damit wiederum erhebliche Kosten entstehen, wird als Argument gegen die Planungen und vor allem gegen eine rasche Verbesserung der finanziellen Situation ins Feld geführt. Als "illusorisch" wird da dann auch mal die angepeilte Reduktion des Defizits aufgrund der Konzentration von Fachbereichen eingestuft.

Mehrfach wird zudem die Gefahr von Abwanderungen angeführt, "die Abteilung mit der stärkeren Belegung" zu schließen, wird in diesem Zusammenhang als "Fehler" erachtet. Gestellt wird zudem die Frage: "Was, wenn die Station in Buchen nicht auf die rentablen Zahlen kommt?" In der Konsequenz fürchtet mancher da, dass der Kreis seine Geburtshilfe/Gynäkologie komplett verlieren wird.

Ins Spiel gebracht wird aber auch eine mögliche Variante, die zumindest die Vorhaltung einer reinen Geburtshilfe-Station am Standort Mosbach vorsehen würde. Noch ein bisschen weiter (also über das prägende Thema hinaus) geht ein anderer Vorschlag: Ein Klinik-Standort sollte demnach als Rund-um-die-Uhr-Akutklinik betrieben werden, während der zweite Standort ein "Ambulant-Elektiv-Haus" sein könnte. Nur so gebe es auch ein "relevantes Potenzial an Einsparungen".

Der Blick der Bürger geht aber durchaus auch über den regionalen Tellerrand hinaus: So wird in einer Zusendung die Einschätzung vermittelt, dass Einrichtungen wie Krankenhäuser nur durch "staatliche Bezuschussung" zu führen sind. Und dass von Bund und Land einfach mehr Unterstützung in Sachen medizinischer Versorgung einzufordern ist. Zugleich wird aber auch die kritische Frage nach Controlling- und Kontrollmaßnahmen in Bezug auf die Neckar-Odenwald-Kliniken und deren finanzielle Lage gestellt. Thematisiert wird ebenso eine mögliche (Teil-)Privatisierung.

Überhaupt zeigen sich die Bürger, die Entwicklung und Zukunft der Kliniken umtreiben, bei aller Kritik auch sachlich-konstruktiv. Die Notwendigkeit für Maßnahmen wird von den allermeisten anerkannt, ebenso die ungünstigen Rahmenbedingungen und das Bemühen der Verantwortlichen auf der Suche nach Wegen der Besserung.

Bemerkenswert: Jede Zusendung, die seit Mitte Dezember unter "Zukunft@Neckar-Odenwald-Kliniken.de" einging, wurde auch (ausführlich und inhaltsbezogen) beantwortet, fast ausschließlich von Landrat Dr. Achim Brötel, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Neckar-Odenwald-Kliniken. Versichert wird dabei, dass alle Anregungen und Kritikpunkte in den zuständigen Gremien im Zuge der Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden.

Immer wieder wird in den Antworten des Landrats aber auch deutlich, dass die finanzielle Lage Veränderungen unumgänglich mache, eine Vorhaltung von zwei Geburtshilfe- und Gynäkologie-Stationen schlicht nicht mehr zulasse. Und etwa für den gesamten Landkreis Heilbronn schon längere Zeit nur noch eine solche Einrichtung zur Verfügung stehe. Auch Gründe, die den Ausschlag für eine Konzentration in Buchen gegeben haben (verlässlichere Hebammenversorgung, Einzugsgebiet, fachliche Nähe zu anderen Abteilungen), werden erörtert.

Insgesamt, so das Vorab-Fazit von Achim Brötel und den Klinik-Verantwortlichen, sieht man den erstmals in dieser Form praktizierten Meinungsaustausch positiv. Zum einen, da die Bürger das Angebot mit kritisch-konstruktiven Beiträgen wahrgenommen haben. Zum anderen, da man Positionen und Überlegungen ausführlich und auch ganz persönlich vermitteln konnte.

Hintergrund

Neckar-Odenwald-Kliniken informieren am 23. Januar in Mosbach zum Thema Geburtshilfe

Um weitere Kommunikation bemühen sich die Verantwortlichen der Neckar-Odenwald-Kliniken in Bezug auf vorgesehene Umstrukturierungen. So wird über die geplante

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Neckar-Odenwald-Kliniken informieren am 23. Januar in Mosbach zum Thema Geburtshilfe

Um weitere Kommunikation bemühen sich die Verantwortlichen der Neckar-Odenwald-Kliniken in Bezug auf vorgesehene Umstrukturierungen. So wird über die geplante Schließung der Geburtshilfe am Standort Mosbach am Donnerstag, 23. Januar, um 18 Uhr informiert. Dabei werden Klinikgeschäftsführer Frank Hehn und der Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Dr. Winfried Munz, in der Mensa des Ärztehauses am Standort Mosbach die geplanten Umstrukturierungen der beiden Krankenhausstandorte der interessierten Bevölkerung vorstellen und in diesem Zusammenhang aufzeigen, warum die Schaffung einer zentralen Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe in Buchen elementarer Bestandteil dieses Konzepts ist.

"In den vergangenen Wochen sind verständlicherweise sehr viele Fragen, Anregungen und Vorschläge bei uns eingegangen", erklären Hehn und Munz im Vorfeld des Termins, bei dem man mit Bürgern ins Gespräch kommen und werdende Eltern davon überzeugen will, dass diese am Standort Buchen "in einer leistungsfähigen Geburtshilfe medizinisch und persönlich sehr gut betreut sein werden".

Insbesondere wollen beide auch die Vorteile einer zentralen Geburtshilfe mit über 1000 Geburten (so das Ziel) ausführen. Erläutert werden soll von Dr. Munz auch die schwierige Personalsituation der Hebammen in Mosbach, die "wahrscheinlich mittelfristig ohnehin ein Betreiben der Station nicht mehr möglich mache", wie es in der Ankündigung der Informationsveranstaltung formuliert ist. "Schon jetzt fehlen uns mehrere Hebammen und der Arbeitsmarkt ist komplett leergefegt. In Buchen können wir hingegen auf ein sehr gut aufgestelltes Beleghebammensystem der Praxis ,Kugelrund zurückgreifen. Deshalb sind wir gerade mit den Mosbacher Hebammen in intensiven Gesprächen, so dass diese zukünftig in Buchen arbeiten können", erklärt Munz im Vorfeld.

Zudem wollen Hehn und Munz darlegen, dass die Zentralisierung zu einer Stärkung der für Frauen aller Altersstufen wichtigen Abteilung für Gynäkologie und dort vor allem der operativen Expertise führen werde. Man wolle für verschiedene Erkrankungen wie zum Beispiel Endometriose Zentren bilden und auch die Betreuung von Krebspatientinnen ausweiten. Da die Allgemeinchirurgie ebenfalls in Buchen konzentriert werden soll, habe man in diesen Bereichen damit alle Experten an einem Ort.

"Natürlich ist uns klar, dass der Verlust der Geburtshilfe in Mosbach ein schmerzhafter und emotionaler Schritt ist. Aber dies ist noch immer die weit bessere Alternative als ein Landkreis komplett ohne Geburtshilfe", so der Geschäftsführer und der Chefarzt. Auch dürfe man eben nicht die Augen vor langfristigen Entwicklungen im Gesundheitssystem verschließen, in der kleine Geburtshilfen nicht mehr vorgesehen seien. Diese Argumente wolle man aber mit viel Zeit für Diskussionen am 23. Januar werdenden Eltern und der interessierten Bevölkerung vorstellen. (lra) 

Info: "Die Diskussionen um die Schließung der Geburtshilfe in Mosbach haben keine Auswirkungen auf die aktuelle Betreuung dort" – das betonen die Klinik-Verantwortlichen. Die Geburtshilfe stehe werdenden Eltern derzeit uneingeschränkt zur Verfügung. Regelmäßig werde zudem zu Informationsveranstaltungen eingeladen, Termine sind auf der Webseite der Kliniken abrufbar.

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