Mosbach/Fahrenbach/Hochhausen

Beim Tag des offenen Denkmals vom Eiskeller bis in den Himmel

Zahlreiche Denkmale in der Region öffneten ihre Türen und Tore. Es gab zahlreiche Führungen.

12.09.2023 UPDATE: 12.09.2023 06:00 Uhr 5 Minuten, 7 Sekunden
Beim Tag des offenen Denkmals standen mittelalterliche Anlagen ebenso wie Kirchen und besondere Keller im Fokus. Durch das Neckarelzer Tempelhaus führte dabei Horst Uhl. Foto: Peter Lahr

Von P. Lahr, C. Hafner und C. Bock

Mosbach/Fahrenbach/Hochhausen. "Talent Monument" lautete das Motto des diesjährigen "Tags des offenen Denkmals". Auch in und um Mosbach öffneten am Sonntagnachmittag an vielen Stellen Ehrenamtliche Türen und Tore.

Die Reise ging bei den mittelalterlichen Anlagen des Tempelhauses und der Gutleutkapelle gerne mal in 60 Minuten durch sieben Jahrhunderte. Die Zeit des "Dritten Reiches" konnte aus zwei sehr unterschiedlichen Blickwinkeln erlebt werden: Während in der KZ-Gedenkstätte Neckarelz Schülerinnen der Geschichte-AG der Obrigheimer Realschule die von ihnen konzipierte Ausstellung über Vinzenz Rose präsentierten, ging es in der Kirche St. Cäcilia auf dem Berge um "einen Lichtblick in dunkler Zeit".

Denn es waren "verfemte Künstler", die Pfarrer Franz Roser engagierte, um die Ausstattung der 1935 geweihten Kirche zu gestalten. Schnell wurde bei allen Denkmälern klar, dass es auch zahlreicher engagierter Talente bedarf, um die Monumente zum Sprechen zu bringen.

Vier Führungen durchs Tempelhaus

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"Sie sehen eine katholische Kirche, aber es gibt Merkmale eines wehrhaften Baus. So sind die Mauern im Kellerbereich über zwei Meter stark, und Sie sind über den ehemaligen Burggraben gegangen, der bis 1955 mit Wasser aus dem nahen Elzbach gefüllt war." Mit diesen Worten begrüßte Horst Uhl die ersten Besucher. Im Wechsel mit Richard Zöller gab es gleich vier Führungen, die von besagtem Keller bis hinauf in den rätselhaften Kapitelsaal führten.

Uhl, der 1987 in das Thema "stolperte", über das er seitdem unermüdlich forscht, kennt nicht nur die Tatsachen, er verweist auch auf einige bis heute offene Fragen. Fest steht, dass es sich bei der erstmals am 11. Juni 1300 schriftlich erwähnten Anlage ursprünglich um eine Niederungsburg handelt. Da es keinen Ortsadel in Neckarelz gab, werden die Johanniter als Bau- und erste Burgherren angesehen. Das vierstöckige Gebäude erwarb 50 Jahre später der Ritter Engelhard von Hirschhorn.

1685 lösten Kirchenbänke die Heuballen im Erdgeschoss ab; immerhin zieren noch die originalen, vor Ort geschnitzten Verzierungen die zwischenzeitlich erneuerten Sitzreihen. Die Besucher lernten mittelalterliche Wandmalereien kennen, erfuhren von den insgesamt neun Altären, die das Tempelhaus im Laufe der Jahrzehnte schmückten, dann ging es weiter himmelwärts.

KZ-Gedenkstätte Neckarelz

Als Monument gehört die originale Krankenbaracke, die einst auf dem Schulhof stand und später wohl als Gartenhaus den Lauf der Nachkriegszeit überstand, zur KZ-Gedenkstätte in ihrer heutigen Ausformung. Zum Tag des offenen Denkmals wurde die Broschüre über das Gebäude wieder neu aufgelegt. Ein Stockwerk tiefer, im Seminarraum, erwartete erstmals die Ausstellung "Vinzenz Rose – Einer von uns?" neue Besucher. Vierzehn Mädchen und Jungen hatten sich auf dessen biografische Fährte geheftet. Drei von ihnen opferten ihren letzten Ferientag und standen als Ansprechpartner bereit.

"Wir haben uns wirklich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt", beschreibt Melina das Besondere an der AG. Eine Besichtigung des KZ-Außenlagers im elsässischen Natzweiler beeindruckte sie dabei am meisten. Bei Leni war es ein Zeitzeugengespräch mit einer Frau, die Auschwitz überlebte. "Auschwitz war für mich das Lehrreichste", erzählt Leonie, die sich generell für Kriegsgeschichte interessiert. "Meine Großeltern sind aus Sachsen und erzählten mir vom Zweiten Weltkrieg. Sie sagten zu mir: Leni, das darf man nicht vergessen", nennt ihre Mitschülerin eine weitere Motivation, sich mit Geschichte zu beschäftigen.

St. Cäcilia Mosbach

"Das ist meine Heimatkirche, ich erlebte hier schon Schulgottesdienste und wurde hier gefirmt", beschrieb Stadtführerin Anita Schneider ihren sehr persönlichen Bezug zur Mosbacher Kirche St. Cäcilia. Von der etwas düsteren Krypta bis hinauf auf den Glockenturm führte sie ihre Gäste. Einem weitverbreiteten Irrtum wollte Schneider ebenfalls entgegenwirken: "Obwohl 1935 geweiht, ist St. Cäcilia genau das Gegenteil einer Dritten-Reich-Kirche. Hier konnten Künstler gegen den Trend überleben. Verfemte Künstler erhielten Aufträge."

Architekt Hans Herkommer setzte stilistisch auf die Neue Sachlichkeit, ohne Schnörkel und barocken Kitsch. "Pfarrer Roser war so kunstsinnig. Er verwendete 20 Prozent der Kosten für die künstlerische Ausgestaltung, 20 Prozent für die Orgel und die sieben Glocken und den Rest für den Backsteinbau, der mit regionalem Stein verkleidet wurde."

Den Chorraum mit seiner raffinierten Lichtregie und Anspielungen an die Romanik dominiert Emil Sutors Christkönigsgruppe. Auch Maria hat er mit überlängten Jugendstilmerkmalen in einem Seitenaltar verewigt. Der Offenburger Bildhauer Hermann Kramer schuf für die Krypta eine Cäcilia-Plastik, die an die Auffindung des angeblich unversehrten Leichnams in der San-Castillo-Katakombe in Rom verweist. Auf dem Weg zur beeindruckenden Glockenstube sahen die Besucher auch Teile der unverputzten Backsteinmauerung. Allein die Geschichte der sieben Glocken ist ein Kapitel für sich. Hier nur so viel: Mit 5392 Kilogramm Gewicht gilt die Glocke Emanuel (in gis gestimmt) als zweitgrößte Kirchenglocke des Erzbistums Freiburg.

Kirchen und Bierkeller Fahrenbach

"Premiere geglückt", so lautete das Fazit von Fahrenbachs Bürgermeister Jens Wittmann und Gerd Neukirchner, dem Vorsitzenden des Fahrenbacher Heimatvereins. Auf Impuls des Archivars Dr. Albrecht Ernst hatte man sich erstmals am Tag des offenen Denkmals beteiligt und konnte den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern gleich drei interessante Bauwerke vorstellen.

Wechselvolle Wege zeichnete Dr. Albrecht Ernst in den beiden Fahrenbacher Kirchen nach. Foto: Christian Hafner

Den Einstieg übernahm Ernst, der kenntnisreich und kurzweilig einiges über die örtliche Kirchengeschichte zu berichten wusste. Deren Anfänge lassen sich dank baulicher Überreste rund 800 Jahre zurückverfolgen. Am Beispiel von St. Jakobus, Fahrenbachs katholischer Kirche, zeichnete der Experte den wechselvollen Weg von der Reformation über die Kirchenteilung 1707 bis zur liturgischen Neugestaltung des Gotteshauses am Ende des 20. Jahrhunderts nach. Aufmerksam lauschten die Teilnehmenden Ernsts Ausführungen von konfessionellen Streitigkeiten, ehe man sich zur evangelischen Kirche begab.

Die Reformierten waren seinerzeit in Fahrenbach leer ausgegangen, als das kurpfälzische Kirchenvermögen aufgeteilt worden war. Der Archivar berichtete von Gottesdiensten, die anfangs gar in einer Wirtshausstube abgehalten werden mussten. Seit 1717 stand dann zumindest ein Notkirchlein zur Verfügung, ehe man sich 1826 unter enormen finanziellen Anstrengungen am zentralen Kreuzungspunkt des Dorfes den Traum einer "richtigen" Kirche verwirklichen konnte. Nach Plänen des Amorbacher Architekten Karl Brenner entstand ein Meisterwerk des Klassizismus, dessen würdige Ausstrahlung an die Antikenbegeisterung des preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel erinnert.

Manfred Biedert führte im Schein der Stirnlampe durch den Eis- und Bierkeller in Fahrenbach. Foto: Christian Hafner

Düsterer wurde es dann bei der dritten und letzten Station, dem Eis- und Bierkeller an Fahrenbachs Ortseingang. Manfred Biedert berichtete im Lichte seiner Stirnlampe von der Geschichte des dunklen Gemäuers. Der damalige Kronenwirt Ludwig Schumacher hatte von 1873 bis 1874 eine "Wirtschaftshalle mit Eis- und gewölbtem Bierkeller" erbaut; das Gebäude feiert im nächsten Jahr also seinen 150. Geburtstag.

Zu Zeiten, als Kühlschränke und dergleichen noch in weiter Ferne waren, nutzten die heimischen Brauer – und davon gab es im kleinen Odenwalddorf damals vermutlich mindestens vier – Eisstangen zur Kühlung des Gerstensaftes. In der kalten Jahreszeit durch eine Öffnung im Dach des kreisrunden Kuppelgewölbes hineingeworfen, verschmolzen die Eisbrocken zu einer amorphen Masse, und bei Bedarf konnte durch einen Zugang mit dem Eispickel die benötigte Menge abgebaut werden.

Notburgakirche Hochhausen

Einen Blick in das „Schatzkästchen“ Notburgkirche ermöglichte Monique von Helmstatt. Foto: Christina Bock

Von außen wirkt sie unscheinbar, doch im Innern ist sie ein "Schatzkästchen": die Notburgakirche Hochhausen. In dem mittelalterlichen Bauwerk schaffen antike und moderne Kunstwerke eine außergewöhnliche Atmosphäre. Manches lässt sich erst auf den zweiten Blick entdecken, wie die mittelalterlichen Wandmalereien im Glockenturm oder das Grabdenkmal der Notburga, das sich versteckt im Chorraum befindet. Über diese verborgenen Details konnte man beim Tag des offenen Denkmals mehr erfahren. Monique von Helmstatt, Vorsitzende des zugehörigen Fördervereins, hatte zu einer Führung eingeladen, im Anschluss sorgte das Duo "Saxophon hochzwei" für musikalische Unterhaltung.

"Wenn Besucher in die Notburgakirche kommen, zieht zuerst der farbenprächtige Flügelaltar die Blicke auf sich", erklärte Monique von Helmstatt. Über das spätgotische Kunstwerk hätte die Fördervereinsvorsitzende viel zu erzählen, doch interessant sind auch die zahlreichen Hinweise auf die Namensgeberin der Kirche, die sich in verschiedenen Ecken des Gebäudes finden.

Im Jahr 1492 wurde die Kirche der Ortsheiligen Notburga geweiht und damit zum Wallfahrtsort. "Die Pilger brachten viel Geld in die Kassen der damaligen Grundherren", erklärte von Helmstatt. "Damit konnten sie kostbare Kunstwerke kaufen und die Kirche aufwerten."

Aus etwa dieser Zeit stammt das Epitaph, das Grabdenkmal der Notburga. "Es soll aber älter wirken und so das Alter der Legende beglaubigen." Zu Notburgas platt wirkender Nase sagt von Helmstatt: "Die hat sich durch die vielen Küsse der Gläubigen verformt." Beim Konzert im Anschluss spannten Bastian Fiebig und Stefan Weilmünster einen musikalischen Bogen von Barock über Klassik bis in die Moderne. Es gab ein kurzweiliges Programm mit einer Mischung von Transkriptionen, Originalwerken und humorvoller Moderation.

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