Was (nicht) gegen übervolle Schülerbusse getan wird
Die Situation im Busverkehr war schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie angespannt, nun hat sie sich verschärft

Von Stephanie Kern
Neckar-Odenwald-Kreis. Es ist ein Thema, das schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie die Gemüter der Eltern erhitzte. "Jetzt hat sich das Problem verschärft", meint Tanja Bayer. Die Mosbacherin ist Vorsitzende des Elternbeirats am Mosbacher Nicolaus-Kistner-Gymnasium und des Gesamtelternbeirats der Mosbacher Schulen. "Es erreichen uns immer wieder Beschwerden", sagt Bayer im Gespräch mit der RNZ.
Schon bevor das Coronavirus alles veränderte, fielen Busse aus, kamen zu spät, waren (aus Elternsicht) zu voll. "Es ist ein komplexes Thema, das sehe ich", sagt Bayer. "Dennoch haben viele Eltern Sorge, dass die Busse zu voll sind." Die Befürchtung: Die sorgfältig ausgearbeiteten und gut umgesetzten Hygienekonzepte der Schulen werden ein paar Meter weiter, nämlich an den Bushaltestellen und in den Bussen, ad absurdum geführt. Dort treffen dann nämlich Schüler verschiedener Schulen, verschiedener Klassen und verschiedener Jahrgangsstufen aufeinander. Im Schulhaus und auch auf dem Schulhof werden sie strikt getrennt.
In der aktuellen Corona-Verordnung gibt es keine Regelung zur eingeschränkten Nutzung von Bussen, das bestätigt auch das Landratsamt des Neckar-Odenwald-Kreises. "Die Busse können theoretisch zu 100 Prozent ausgelastet werden", erklärt Pressesprecher Jan Egenberger. Das Land habe aber ein Förderprogramm auf den Weg gebracht. Hiernach können vom Aufgabenträger (hier ist das der Landkreis) Verstärkerbusse eingesetzt werden, wenn in den Bussen regelmäßig alle Sitzplätze besetzt und die im Linienverkehr vorgesehenen Stehplätze zu mindestens 40 Prozent ausgenutzt sind. Dies Zahlen sind lediglich Fördervoraussetzungen. Will der Landkreis keine Verstärkerbusse einsetzen, dürfen die Busse theoretisch also auch zu 100 Prozent ausgelastet werden.
Tanja Bayer und viele andere Eltern stellen sich allerdings die Frage, was passiert, wenn nur einer der Busnutzer positiv auf das Coronavirus getestet wird. "Es ist doch dann nicht nachvollziehbar, welche Schüler noch im Bus waren", meint Bayer. Schutz vor einer Ansteckung im Bus und an den Haltestellen sollen die Alltagsmasken bieten. Doch auch hier sehen die Eltern Schwachstellen. Je voller die Busse, desto stickiger wird es. Manch einem Kind mit Maske könnte da auch mal schlecht werden. Und die andere Frage, die sich stellt: "Wer kontrolliert das?".
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"Für die Kontrolle sind die Ortspolizeibehörden und der Polizeivollzugsdienst verantwortlich", heißt es dazu aus dem Landratsamt. Der Kreis appelliere aber auch an die Vernunft der Schüler, die Maskenpflicht einzuhalten und die Alltagsmasken während der ganzen Fahrt zu tragen. "Hier kommt auch den Eltern eine entscheidende Rolle zu, die ihre Kinder immer und immer wieder entsprechend sensibilisieren und über Hygienemaßnahmen informieren müssen", sagt Egenberger. Das Hygienekonzept der Schulen werde "keineswegs ad absurdum geführt".
Die Situation rund um die Schulen sei aktuell auch wegen der großen Zahl von Elterntaxis chaotischer als sonst, meint hingegen die Elternvertreterin. Sie glaubt, dass in den kommenden Wochen mehr Schüler auf den Bus umsteigen. "Ich glaube nicht, dass alle Eltern ihre Kinder das ganze Schuljahr über fahren können. Es wird dann schon so sein, dass die Busse noch voller sind." Auch da sieht sich das Landratsamt allerdings gerüstet.
"Die Verantwortlichen beim Kreis sind mit den Verkehrsunternehmen im ständigen Kontakt und reagieren entsprechend auf Veränderungen in der Auslastung." Der Neckar-Odenwald-Kreis habe die besonders betroffenen Linien analysiert und auf insgesamt 17 Kursen Verstärkerbusse eingesetzt. Weitere 24 Kurse werden aktuell geprüft. "Aber es ist noch nicht klar, ob die Prüfungen dann auch zu einem höheren Bedarf führen", so Egenberger.
Ganz generell herrschte bei Kommunen und Kreisen auch Verärgerung über die Ankündigung der Landesregierung, für zusätzliche Busse zu sorgen. So kritisierte Landrat Achim Brötel bei der Vereidigung von Elztals Bürgermeister Marco Eckl am Freitagabend: "Donnerstags vor Schulbeginn wurden vom Land Verstärkerfahrten im Schülerverkehr angekündigt. Die Schlagzeile steht. Wie das montags umgesetzt werden soll, weiß hingegen keiner, auch das zuständige Verkehrsministerium nicht."
Die Erwartungshaltung der Eltern sei durch die Ankündigung und Berichterstattung hoch gewesen, heißt es aus dem Landratsamt. "Man muss deshalb betonen, dass es nicht möglich sein wird, dass jedes Kind mit 1,5 Meter Abstand mit dem öffentlichen Nahverkehr zur Schule kommen kann. Das wäre möglicherweise wünschenswert, ist aber aufgrund der verfügbaren Busse und Fahrer sowie natürlich endlicher finanzieller Mittel auf Landes- und Kreisebene nicht möglich", verdeutlicht Jan Egenberger.
Tanja Bayer und viele andere Eltern interessieren sich aber nicht für die Zuständigkeiten. "Es ist zweitrangig, wer schuld ist. Unsere Kinder sollen sicher, zuverlässig und Risiko-minimiert in die Schule transportiert werden." Auch wenn es Verständnis für die aktuelle Situation gebe. Es werde gerade so viel Geld ins System gesteckt, aber bei Schülern müsse gespart werden, merkt Bayer an. "Vielleicht sollte die Landesregierung das Thema forcieren, um zu zeigen, dass ihr Kinder und Jugendliche nicht egal sind." Tanja Bayer will zum Schluss noch eines betont wissen: "Ich bringe viel Verständnis für die Situation auf. Aber ich muss das nicht lösen, dafür werden andere Menschen bezahlt." Sie seien nun aufgefordert, Lösungen zu finden.