Mosbach

So ist die Duale Hochschule in 40 Jahren gewachsen

Die Duale Hochschule Baden-Württemberg Mosbach, 1980 als Berufsakademie gegründet, feiert heute 40 Jahre des Bestehens

30.09.2020 UPDATE: 01.10.2020 06:00 Uhr 4 Minuten, 27 Sekunden
Sie drehen am Rad – und bewegen eine ganze Region: Die aktuelle Rektorin Prof. Dr. Gabi Jeck-Schlottmann und Gründungsrektor Prof. Alexander von Freyhold freuen sich über 40 Jahre duale Erfolgsgeschichte an der DHBW Mosbach. Fotos: Schattauer/DHBW

Von Heiko Schattauer

Mosbach. Vier Jahrzehnte Duale Hochschule bzw. Berufsakademie in Mosbach. Das kleine Pflänzchen, das 1980 ausgesät worden war, ist in den vergangenen 40 Jahren prächtig gewachsen, aus 18 Studenten im Premierenjahr sind inzwischen mehr als 3000 geworden, die sich heute auf die Campus Mosbach und Bad Mergentheim verteilen. Aus einem Studiengang haben sich 27 entwickelt, aus zwei Mitarbeitern wurden rund 250. Zum 40. Geburtstag der ehemaligen Berufsakademie und heutigen Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mosbach blicken wir gemeinsam mit dem Gründungsrektor Prof. Alexander von Freyhold und der aktuellen Rektorin Prof. Dr. Gabi Jeck-Schlottmann auf die Geschichte und Geschichten der Bildungseinrichtung.

Die Anfänge

Kringelig gelacht haben sie sich einst, die Kollegen von Alexander von Freyhold im Kultusministerium. Mosbach? Und eine Berufsakademie? Von Freyhold hat nicht gelacht, im Gegenteil: "Ich hab’ den Finger gehoben – und es einfach gemacht." Das war im Frühjahr 1980, ein halbes Jahr und jede Menge Arbeit später traten tatsächlich die ersten Studenten an der Berufsakademie Mannheim, Außenstelle Mosbach, an. 18 Mutige an der Zahl, die allesamt ein duales Studium und einen Diplom-Abschluss in der Fachrichtung Industrie anstrebten. "Wir hatten im Kultusministerium in den 1970er-Jahren das Referat Berufsakademie aufgebaut", erinnert sich Prof. von Freyhold, "und der damalige Landtagsabgeordnete des Neckar-Odenwald-Kreises, Manfred Pfaus, hat sich dann später gemeinsam mit der IHK Rhein-Neckar für die Einrichtung einer BA in Mosbach stark gemacht." Das nachhaltige Bohren zeigte schließlich auch in Stuttgart Wirkung. In den Räumen der Steyler Mission in der Arnold-Janssen-Straße durften von Freyhold und seine Sekretärin Siglinde Brunner (mehr gab es an der Akademie nicht) gemeinsam mit den ersten 18 Studenten ihre Bildungs-Mission starten. Brunner hielt der Hochschule übrigens über die vollen 40 Jahre die Treue, wofür sie jüngst erst ausgezeichnet wurde.

Hintergrund

> 1980: Gründung der Berufsakademie Mosbach mit 18 Studierenden (Fachrichtung Industrie), zunächst als Außenstelle der BA Mannheim. Bereits ein Jahr später öffnet der Bereich Technik (Maschinenbau).

> 1988: Einweihung des Neubaus im Lohrtalweg, der nach

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> 1980: Gründung der Berufsakademie Mosbach mit 18 Studierenden (Fachrichtung Industrie), zunächst als Außenstelle der BA Mannheim. Bereits ein Jahr später öffnet der Bereich Technik (Maschinenbau).

> 1988: Einweihung des Neubaus im Lohrtalweg, der nach Erweiterung heute auf rund 2500 qm u. a. zwölf Hörsäle beheimatet. Wahrzeichen sind Schwungrad und Dampfkolben.

> 1991: Gründung der EWA Europäische Wirtschaftsakademie, nachdem bereits Ende der 1980er-Jahre Kooperationen für Austauschprogramme mit internationalen Hochschulen geschlossen und das erste BA-Auslandsamt überhaupt gegründet worden war.

> 2000: Gründung der Stiftung "Pro DHBW Mosbach".

> 2002: Eröffnung des Campus Bad Mergentheim als Außenstelle.

> 2004: Staatlich anerkannter Bachelor – die Abschlüsse der BA sind nun hochschulrechtlich Abschlüssen anderer Hochschulen gleichgestellt und berechtigen zum Masterstudium an einer Hochschule oder Universität.

> 2005: Rektor Prof. Alexander von Freyhold wird verabschiedet, Prof. Reinhold R. Geilsdörfer tritt seine Nachfolge an.

> 2006: Umstellung von Diplom auf Bachelor (und Master).

> 2009: Umwandlung der Berufsakademie in die Duale Hochschule Baden-Württemberg.

> 2010: Eröffnung des Campus Heilbronn als Außenstelle der DHBW Mosbach. – Vier Jahre später wird Heilbronn eigener DHBW-Standort.

> 2011: Prof. Dr. Dirk Saller wird Rektor an der DHBW Mosbach, Prof. Geilsdörfer Präsident der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

> 2013: Start des ersten kooperativen Masterstudiengangs mit der "German Graduate School of Management and Law" in Heilbronn. Ein Jahr später nimmt das Center for Advanced Studies (CAS) mit gemeinschaftlich konzipierten und erbrachten Masterprogrammen seinen Betrieb auf.

> 2014: Prof. Dr. Saller tritt nach den Differenzen um die Verselbstständigung der Außenstelle Heilbronn zurück. Prof. Dr. Gabi Jeck-Schlottmann wird Rektorin.

> 2014: Start des inter. Programms "Sommer im Schloss" in Bad Mergentheim für Abiturienten aus der EU.

> 2015: Einweihung des Passivhaus-Neubaus am Lohrtalweg. Über viele Jahre hatte man zuvor u. a. mit Containern versucht, die herrschende Raumnot zu lindern.

> 2017: Start des Forschungsprojekts zur Optimierung der Selbststudiumsphase.

> 2018: Gründung des Baukompetenzzentrums, über dessen bauliche Umsetzung noch verhandelt wird.

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Die Entwicklung

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"Die Unternehmen aus der Region waren von Beginn an begeistert", weiß von Freyhold, der die BA bis 2005 leitete, aus den ersten Jahren und der entfachten Euphorie für das neue Bildungsangebot zu berichten. Anspruch sei von Beginn an gewesen, mit dem dualen Studium (Theorie- und Praxisphasen an der BA bzw. im Partnerbetrieb im Wechsel über drei Jahre) mindestens das Niveau von Fachhochschulen zu erreichen. "Sonst hätten wir es nicht gemacht", stellt der ehemalige Rektor klar. Das System kam am, im zweiten Jahr konnte man zusätzlich zur Fachrichtung Industrie schon die Studiengänge Maschinenbau und Bank anbieten. "Im Ministerium haben die schnell gemerkt, dass wir da richtig was bewegen in Mosbach." Die Folge: Schon 1984 wird die BA Mosbach eigenständig, zu diesem Zeitpunkt sind bereits rund 300 Studenten eingeschrieben, 194 Unternehmen kooperieren mit der Bildungseinrichtung. Eine Entwicklung, die sich kontinuierlich – mitunter auch mal sprunghaft – fortsetzen sollte. Aus der BA wird 2009 die Duale Hochschule Baden-Württemberg Mosbach, damit ist der Hochschulstatus nun auch offiziell manifestiert. Sowohl räumlich als auch personell ist man enorm gewachsen, aktuell sind knapp 3600 Studenten an der DHBW in Mosbach und Bad Mergentheim eingeschrieben.

Die Akzeptanz

Um Anerkennung musste die Berufsakademie immer kämpfen, die Umwandlung zur Dualen Hochschule dokumentiert nur einen Schritt dabei. "Für die Unternehmen gab es nie ein Anerkennungsproblem", sagt Prof. Dr. Gabi Jeck-Schlottmann, die seit 1987 die Geschichte der BA/DHBW mitschreibt. Gegen das Vorurteil "Ihr habt ja nur eine bessere Berufsausbildung" habe man vor allem im inneren Kreis der Bildungslandschaft anzukämpfen gehabt, so die amtierende Rektorin. "In der Wirtschaft war unser Modell von Anfang an hochgeschätzt", sagt Alexander von Freyhold, auch im benachbarten Ausland blicke man mit Bewunderung auf das System. Mit den Jahren seien Anerkennung und Akzeptanz aber auch im Hochschulzirkel gestiegen: "Da gibt es einen Wandel, wir haben inzwischen gemeinsame Forschungsprojekte mit renommierten Universitäten", unterstreicht Jeck-Schlottmann.

Die Hochschule und Mosbach

"Die Verbindung wird zunehmend besser", berichtet die Rektorin lächelnd, "inzwischen gehört die DHBW ganz fest zu Mosbach." Wenn die Studenten nicht da seien, dann fehle was – so wie gerade aufgrund der Corona-Pandemie. Das sei nicht nur die Sicht und der Wunsch der Rektorin: "Ich werde oft darauf angesprochen, dass die Mosbacher vor allem das Leben schätzen, dass die Studierenden in die Stadt bringen." Vom wirtschaftlichen Wert mal ganz abgesehen. Dafür habe man auch seitens der Hochschulführung viel getan, in Netzwerken gearbeitet und gerührt. "Die Bedeutung der DHBW für Mosbach ist erkannt", ist sich auch Prof. von Freyhold sicher. Auch der leidige Konflikt um die Verselbstständigung der ehemaligen Außenstelle Heilbronn hat dazu beigetragen, dass die Identifikation mit der "eigenen" Hochschule größer geworden ist.

Höhen & Tiefen

Eine unausgewogene Betrachtung, denn die ersten vier Jahrzehnte der Mosbacher Bildungseinrichtung waren eindeutig von mehr Höhen als Tiefen geprägt. Das Wachstum war enorm, wenn auch die Infrastruktur nicht immer Schritt halten konnte, Raumnot praktisch zum ständigen Begleiter wurde. "Die Tiefpunkte waren konjunktureller Art, wie etwa Anfang der 1990er-Jahre oder 2008", erinnert sich Jeck-Schlottmann. Und dann waren da natürlich auch lange Zeit die Hürden der Anerkennung und Gleichstellung. Erst seit 2004 etwa wurde der BA-Abschluss auch als Hochschulabschluss gewürdigt. Finanzen und Personalausstattung stellen bis heute immer wieder Hürden dar, "zu wenig Geld, Raum und Personal" habe aber auch schon früher gegolten, erzählt Alexander von Freyhold. Dennoch habe man "eine traumhafte Entwicklung" genommen, sind sich die beiden Führungskräfte einig. Die Verbindung zu den Partnerunternehmen – inzwischen rund 1000 – sei gewachsen und eng, zumal man ganz viel Know-how (auch von Dozentenseite) in die Firmen trage. Zu den Meilensteinen der Entwicklung zählen Jeck-Schlottmann wie von Freyhold, die Kooperation mit der Steyler Mission, das neue Hauptgebäude am Campus (1988), die Gründung der Stiftung (2000) – "Ohne die wären viele Projekte nicht realisierbar gewesen" –, die Außenstelle Bad Mergentheim (2002) oder die Einweihung des neuen, lange umkämpften Gebäudes 2015.

Kuriositäten

"Kurios war der Gedanke, das in Mosbach zu machen", erinnert sich Alexander von Freyhold schmunzelnd an die Einschätzung der Kultusministeriumskollegen von einst. Von kuriosen Begegnungen berichtet derweil Gabi Jeck-Schlottmann: Beim 90. Geburtstag der Mutter im hessischen Norden war sofort der Bogen ins weit entfernte Mosbach gespannt. Der Sohn des gratulierenden Bürgermeisters hatte sein Studium nämlich erfolgreich im Odenwald absolviert.

Gegenwart und Zukunft

Zuletzt war es sehr ruhig an der DHBW, der Grund ist allgemein bekannt. "Ab heute sind wieder Studierende da", freut sich Gabi Jeck-Schlottmann über die Ankunft der neuen Erstsemester zum 1. Oktober. Die sollen "ihren Campus und die Stadt auch kennenlernen" begründet die Rektorin, warum man den enormen Aufwand des Präsenzunterrichts betreiben will. Auch wenn man für die Wissens-Vermittlung auf dem Online-Weg zuletzt viel positives Feedback von Unternehmen und Studenten bekommen habe. "Wir haben eine Vision", sagt die Rektorin – das einst vom damaligen OB Gerhard Lauth skizzierte Bild vom "Oxford des Odenwalds" bleibe Antrieb und Motto. Lehre, Forschung, Weiterbildung – praxisorientiert, angewandt, verzahnt, damit soll man Mosbach sofort in Verbindung bringen. Und dann soll es noch Alleinstellungsmerkmale geben wie das Baukompetenzzentrum, um dessen Etablierung man sich schon geraume Zeit bemüht. Nachhaltigkeit sei da ein ganz wichtiges Thema, verdeutlicht Jeck-Schlottman die Richtung, in die es gehen soll, auch mit neuen, interdisziplinären Studienangeboten wie Holzbau. Gleichzeitig geht es um Digitalisierung in allen Studienangeboten und Profilen, im Bauingenieurwesen etwa durch ein neues Labor für "Digitales Planen und Bauen". "Wir werden weiterdenken und uns weiterentwickeln", bekräftigt Alexander von Freyhold, der auch 15 Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Rektorenamt noch das "Wir" verinnerlicht hat. Ein Zeichen der Verbundenheit, das die Brücke vom Gestern über das Heute bis ins Morgen schlägt.

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