Kernkraftwerk Obrigheim: Nach dem Abbau ist vor der Lagerung

Zehn Jahre nach der Abschaltung des Kernkraftwerks Obrigheim ist der Rückbau weit fortgeschritten - Doch wohin mit dem Abfall?

10.05.2015 UPDATE: 11.05.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 16 Sekunden

Der Rückbau im einst dienstältesten deutschen Kernkraftwerk in Obrigheim läuft inzwischen überwiegend per Fernsteuerung. Derzeit wird das "Herz" der Anlage herausgeschnitten. Foto: Schattauer

Von Heiko Schattauer

Obrigheim. Der Rückbau eines Kernkraftwerks ist Mammutaufgabe und Marathon zugleich. Selbst wenn es sich um eine vergleichsweise kleine Anlage wie das Kernkraftwerk Obrigheim (KWO) handelt: Rund 15 Jahre wird der vollständige Rückbau dauern, rund eine halbe Milliarde Euro soll das Ganze kosten. In vier Phasen hat die EnBW als Betreiberin die Zerlegung des Meilers unterteilt, die beiden ersten Schritte sind abgeschlossen.

"Derzeit wird die Isolierung des Reaktordruckbehälters abgetragen", schildert Manfred Möller, was rund um den zehnten Jahrestag der Abschaltung im alten Kraftwerk geschieht. Möller hat den Rückbau in verschiedenen Funktionen begleitet, jetzt ist er Geschäftsführer der EnBW-Gesellschaft für nukleares Reststoffrecycling. Man ist mitten in der dritten Abbauphase, dem Rückbauabschnitt also, in dem das eigentliche Herzstück der Anlage mit seinen zum Teil radioaktiv aktivierten Komponenten demontiert wird.

Dementsprechend wird ein Großteil der Zerlegearbeiten per Fernsteuerung erledigt. Das einstige Brennelementlagerbecken wurde zur Zerlegestation umgebaut. Nach der Isolierung ist der Reaktordruckbehälter selbst dran. Abgeschirmt von Wasser wird er mit Spezialsägen in Teile geschnitten, für eine Zwischen- oder Endlagerung verpackt.

"Wir haben bereits das Gros der nuklearen Anlagenteile abgebaut", erklärt Möller. Wo das schwach bis mittel radioaktive Material am Ende hin soll, ist nach wie vor nicht klar. Der für die Lagerung vorgesehene Schacht Konrad (bei Salzgitter) wird wohl frühestens 2022 in Betrieb gehen. Solange "parkt" der Rückbauabfall auf dem Kraftwerksgelände, in einer dafür umgebauten Halle. "Dafür haben wir natürlich eine Umgangsgenehmigung", sagt Manfred Möller, auch ein Platzproblem gebe es nicht.

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Der größte Teil des Abbaumaterials (laut EnBW rund 98 Prozent) findet seinen Weg zurück in den Wertstoffkreislauf. Auf 275 000 Tonnen wird die Gesamtmenge des Rückbaumaterials beziffert. "Da sind aber alle Gebäudeteile inklusive Einrichtung mitgerechnet", erklärt Möller. Bei einer (möglichen) Nachnutzung von konventionellen Gebäuden der Anlage bliebe ein guter Teil davon auf- statt abgebaut.

Immer noch da sind auch die 342 Brennelemente aus Betriebszeiten. Im März 2007 wurde das letzte Brennelement in das anlageneigene Nasslager überführt. Doch wartet das hochgradig strahlende Material auf eine Entscheidung, was mit ihm geschehen soll. Aufgrund des Atomausstiegs frei gewordene Kapazitäten im bestehenden Standort-Zwischenlager in Neckarwestheim will die EnBW füllen - mit den KWO-Brennelemten.

Nachdem man ursprünglich ein eigenes Zwischenlager in Obrigheim beantragt hatte, ersuchte man inzwischen um Genehmigung für einen Transfer (auf dem Wasserweg/alternativ auf der Straße) nach Neckarwestheim. Wann mit dem Bescheid des Bundesamtes für Strahlenschutz zu rechnen ist, kann die EnBW derzeit nicht einschätzen. "Um den Rückbau wie geplant fortführen zu können, müsste das Nasslager aber bis 2017 geräumt sein", so Möller. Noch hat man also kein Problem. Er macht dennoch deutlich: "Wir brauchen den Schacht Konrad dringend. Und wir brauchen auch ein Endlager für die hochradioaktiven Abfälle dringend." Der Rückbau des KWO indes wird abgeschlossen sein, da wird die Frage nach der geeigneten Lagerung immer noch ungeklärt sein.

Unklarheiten habe es in Bezug auf den Rückbau selbst indes bis dato nicht gegeben. Alle Abläufe seien im Vorfeld detailliert geplant worden, Überraschungen habe man so ausschließen können. Vom Fachwissen, das man sich mit dem Abbau des Altmeilers angeeignet hat, will man nicht nur für die weiteren EnBW-Kraftwerksblöcke (Neckarwestheim und Philippsburg) profitieren. "Das ist auch ein Geschäftsfeld für die Zukunft", sagt Möller mit Blick auf Kernkraftwerke in der europäischen Nachbarschaft.

Zehn Jahre nach der Abschaltung befindet man sich in Obrigheim also längst in der zweiten Hälfte des Rückbaus. Bis 2023 sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein. Ob dann eine Nachnutzung oder vielleicht doch die Abrissbirne kommt - noch ist das völlig offen.

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