Hüller Hille hat Schulden in Millionenhöhe
Das Amtsgericht Mosbach prüft Insolvenzantrag. Auch die Kriminalpolizei ermittelt. Eine Pfändung sicherte 75 Prozent der März-Gehälter.

Von Caspar Oesterreich
Diedesheim. Die – wenigstens halbwegs – gute Nachricht zuerst: In den vergangenen Tagen hat ein Großteil der Mitarbeiter von Hüller Hille ihr März-Gehalt erhalten. Jedenfalls 75 Prozent des eigentlichen Lohns. Allerdings nicht, weil das Diedesheimer Maschinenbauunternehmen plötzlich wieder über liquide Mittel verfügte, sondern weil Vermögen gepfändet und zu Geld gemacht wurde.
In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund hatte die IG Metall Heidelberg für ihre Mitglieder eine Kanzlei beauftragt, die wiederum einen Gerichtsvollzieher an der Steige vorbeigeschickt hatte. "Fast alles ist jetzt gepfändet, inklusive Stapler und Co.", schrieb ein Mitarbeiter vergangene Woche in einer E-Mail an die RNZ.
In Summe ergab das allerdings nur einen Tropfen auf den heißen Stein: Rechnet man alle noch ausstehenden Gehaltszahlungen zusammen, steht Hüller Hille allein bei seinen Angestellten und ehemaligen, die in der Zwischenzeit einen anderen Job gefunden haben, mit rund 2,5 Millionen Euro in der Kreide.
Als im Oktober 2024 die erste Gehaltszahlung ausblieb, zählte die einstige Maschinenfabrik Diedesheim unter ihrem mittlerweile siebten Eigentümer noch 170 Angestellte – 96 sind es heute.
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Immer wieder aufs Neue hatten Geschäftsführer Li Meng und Großinvestor Bingcheng Zhang in den letzten zehn Monaten Hoffnung gemacht, erst nach Weihnachten, dann nach Ostern einen Wendepunkt versprochen. Neue Geldgeber würden bald diesen, bald jenen Betrag überweisen, kündigte die Unternehmensleitung den Mitarbeitern mehrfach per E-Mail an. Und jedes Mal wurde die Belegschaft enttäuscht.
Im Juni schließlich forderte die IG Metall die Chefetage öffentlich dazu auf, ein Insolvenzverfahren zu eröffnen. Dem Vorwurf, ein solches zu verzögern, widersprach Zhang damals gegenüber der Rhein-Neckar-Zeitung ausdrücklich.
Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei waren nach einer Anzeige wegen ausstehender Gehälter zu diesem Zeitpunkt längst schon auf den Plan gerufen, mehrere Vernehmungen fanden statt. Man prüfe derzeit noch, "ob Ermittlungen wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung eingeleitet werden", erklärte Thorsten Zetsche, Erster Staatsanwalt in Mosbach, am Montag auf Anfrage.
Am Dienstagnachmittag bestellte das Mosbacher Amtsgericht dann Rechtsanwalt Olaf Spiekermann zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Gut zwei Wochen zuvor war ein Fremdantrag auf Insolvenzeröffnung eingereicht worden; bis vergangenen Freitag hatte die Geschäftsführung von Hüller Hille Zeit, gegenüber dem Gericht dazu Stellung zu nehmen.
Trotz des Auftritts des vorläufigen Insolvenzverwalters: "Eröffnet ist ein Verfahren offiziell noch nicht", betont Spiekermann am Mittwochmorgen im Gespräch mit der RNZ. Er geht davon aus, "dass es spätestens zum 1. Oktober zu einer abschließenden Entscheidung über den vorliegen Insolvenzantrag kommt". Am Dienstag habe er sich bereits vor Ort einen ersten Eindruck von Hüller Hille gemacht und mit der Geschäftsführung gesprochen.
Insgesamt belaufen sich die Forderungen laut dem Juristen auf einen "hohen einstelligen Millionenbetrag". Der Geschäftsbetrieb sei faktisch zum Erliegen gekommen, das Unternehmen verfüge "über keinerlei liquide Mittel mehr". Für eine Sanierung seien die von ihm vorgefundenen Bedingungen "äußerst schwierig, aber nicht vollkommen aussichtslos", so Spiekermann.
Positiv stimmt den vorläufigen Insolvenzverwalter, "dass sich in den Werken noch einige fast fertiggestellte Maschinen befinden und es sowohl im Fertigungsbereich als auch im Servicebereich einen nicht unerheblichen Auftragsbestand gibt".
Spiekermann will nun mit Hochdruck alle Möglichkeiten prüfen, die Produktion "zumindest teilweise kurzfristig wieder anzufahren". Weil die Mitarbeiter jedoch nicht mehr abgesichert seien und kein Kapital verfügbar ist, "um irgendwelche Zahlungen an betriebsnotwendige Vertragspartner leisten zu können", gestalte sich das alles andere als einfach.
Zwar hatte Geschäftsführer Li Meng noch einen Geldeingang über zwei Millionen Euro in der vergangenen Woche versprochen, angekommen ist davon allerdings noch nichts, wie Spiekermann auf Nachfrage bestätigt. Auch von den in den nächsten 40 Tagen angekündigten 20 Millionen Euro aus China hat der Insolvenzexperte bei seinem Besuch vor Ort erfahren. "Aber Ankündigungen und Worte allein zählen nicht und bezahlen keine Rechnungen. Allein Taten zählen", macht Spiekermann deutlich.
Thomas Bohlender, zweiter Bevollmächtigter bei der IG Metall Heidelberg, ist froh, dass sich nun endlich die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens abzeichnet. "Es ist beschämend, wie die Geschäftsführung von Hüller Hille die Angestellten hingehalten und auf Zeit gespielt hat."
Denn Insolvenzgeld werde nach der Verfahrenseröffnung nur drei Monate rückwirkend von der Agentur für Arbeit an die Beschäftigten gezahlt. Das wichtigste sei nun, dass das Unternehmen an der Diedesheimer Steige wieder Fahrt aufnehme und nicht abgewickelt werde. "Die Arbeitsplätze müssen erhalten bleiben! Dafür setzen wir uns als IG Metall mit aller Kraft ein", betont Bohlender.




