Ein Jahr Stadtbahn Nord: Keine Geschenke zum Geburtstag

Die Stadtbahn Heilbronn Nord zwischen Neckarelz und Heilbronn ist seit genau einem Jahr auf der Schiene - Für Fernpendler ist das Projekt nach wie vor ein Ärgernis

14.12.2015 UPDATE: 15.12.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 54 Sekunden

Eine seltene Spezies? Triebfahrzeugführer sind bei der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft derzeit Mangelware, weshalb es vermehrt zu Zugausfällen und Verspätungen kommt. Im April soll zumindest dieser Missstand behoben sein. Foto: Benjamin Auber

Von Benjamin Auber

Neckarelz. Exakt vor einem Jahr hat die Stadtbahn Heilbronn Nord ihren regulären Betrieb aufgenommen. Eigentlich ein Projekt, das den Nahverkehr attraktiver gestalten sollte. Doch bereits ab dem ersten Tag hagelte es nicht nur bei der Rhein-Neckar-Zeitung, sondern auch bei den Verantwortlichen des Landratsamtes, der Stadt Mosbach, der Verkehrsgesellschaft Deutsche Bahn, der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) und der höchsten Landesebene Beschwerden wütender Pendler.

Hintergrund

(bma) Die Verbindung der Stadtbahn Neckarelz (Abfahrt 5.50 Uhr) bis Heilbronn Hbf (Ankunft 6.37 Uhr) an Samstagen und Sonntagen entfällt und wird durch die Verbindung Mosbach Baden (ab 5 Uhr) bis Heilbronn Hbf (5.57 Uhr) ersetzt. Dadurch besteht für Audi-Mitarbeiter auch am

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(bma) Die Verbindung der Stadtbahn Neckarelz (Abfahrt 5.50 Uhr) bis Heilbronn Hbf (Ankunft 6.37 Uhr) an Samstagen und Sonntagen entfällt und wird durch die Verbindung Mosbach Baden (ab 5 Uhr) bis Heilbronn Hbf (5.57 Uhr) ersetzt. Dadurch besteht für Audi-Mitarbeiter auch am Wochenende ein passender Zubringer (Ankunft in Neckarsulm Mitte 5.36 Uhr).

Die Stadtbahn von Heilbronn Hbf (Abfahrt 5.45 Uhr) bis Neckarelz (Ankunft neu 6.34 Uhr) fährt ab Neckarsulm (Abfahrt neu 6.05 Uhr) drei Minuten früher. Dadurch wird in Neckarelz die S1 in Richtung Mannheim (Abfahrt 6.37 Uhr) erreicht. Die meisten S-Bahnen in Mosbach, die in Richtung Heidelberg fahren, starten künftig zwei Minuten früher.

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Aktuell ist von vermehrten Zugausfällen bei der Stadtbahn die Rede. Die RNZ fragte bei der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft nach und sie bestätigte, dass es "personelle Engpässe bei den Triebfahrzeugführern" gibt. "Wenn die Personalsituation durch Urlaubszeit oder einen erhöhten Krankenstand noch zusätzlich angespannt wird, kommt es leider zu vereinzelten Zugausfällen", erklärt Pressesprecherin Sarah Fricke.

Die Geschäftsführung arbeite mit Kräften dagegen an und die AVG bilde in großem Umfang Triebfahrzeugführer aus. "Wir überbuchen unsere Ausbildungskurse bewusst und lassen mehrere parallel laufen, um den Unterbestand so schnell wie möglich auszugleichen. Derzeit fehlen noch rund 27 Zugführer", fügt Fricke hinzu. Im April kommenden Jahres will man den Missstand behoben haben.

Nach Angaben der AVG wird auch an einer Lösung der Barrierefreiheit an den Haltestellen von Mosbach bis Haßmersheim gearbeitet. In einer Arbeitsgruppe werde geklärt, welche Möglichkeiten bestehen, um mobilitätseingeschränkten Fahrgästen Zugang zur Bahn zu ermöglichen. Zur Debatte stehen mobile Rampen im Fahrzeug oder an Haltestellen.

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Besonders die Bahnfahrer auf dem Weg nach Stuttgart, die auf der Hin- und Rückfahrt in Bad Friedrichshall umsteigen müssen, hat die Umstellung zum Stadtbahn-System auf eine harte Geduldsprobe gestellt, indem sie nicht selten eine Stunde Wartezeit wegen verpasster Anschlussverbindungen warten. Weitere Probleme wie verschlossene Toi-letten, alte Nahverkehrszüge, einem Absatz zwischen Bahnsteig und Zug (22 Zentimeter), unzureichende Infos über Verspätungen oder Zugausfälle kamen hinzu. Die Liste ließe sich weiterführen.

Der Protest mündete in der vom SPD-Landtagsabgeordneten Georg Nelius Anfang Februar organisierten Veranstaltung "Stadtbahn - ein Ärgernis?" im Gasthof "Eisenbahn" am Neckarelzer Bahnhof. Aus dem völlig überfüllten Raum drangen Aussagen wie "verkehrstechnisch wie in einem Entwicklungsland" oder "endgültig aufs Abstellgleis verschoben" nach draußen. Im Anschluss haben die Verantwortlichen versucht, eine Verbesserung herbeizuführen, was in Bezug auf den "5.50 Uhr-Problem-Zug" und auf längere Umsteigezeiten (von vier auf acht Minuten) teilweise auch gelang.

Viel Kritik musste das Projekt einstecken, doch es gibt auch positive Stimmen, beispielsweise aus dem Automobilkonzern Audi. Vor einer Woche hat das Unternehmen das 1000. Jobticket an die Mitarbeiter ausgegeben. Audi führte das Jobticket im September 2014 in Kooperation mit dem Heilbronner Hohenloher Haller Nahverkehr (HNV) ein. "Für die große Anzahl ist auch die Einführung der Stadtbahn mit den neuen Haltestellen verantwortlich. Das ist ein großer Fortschritt für die Region und eine hohe Entlastung des Verkehrsaufkommens im Werksumfeld", gibt Hanna van der Velden, Pressesprecherin am Standort Neckarsulm, Auskunft.

Nach 365 Tagen hat die Stadtbahn Heilbronn Nord bereits eine bewegte Geschichte hinter sich. Befürworter aus dem Heilbronner Raum stehen Skeptikern aus dem Neckar-Odenwald-Kreis gegenüber. Bleibt zu hoffen, dass zumindest die Stabilität der Verbindungen bald keine Wünsche mehr offen lässt.

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