Mein erstes Auto - Teil 1

Der D-Kadett wollte nicht von Mosbach nach Bielefeld

"Du wolltest einen D-Kadett, das ist dein D-Kadett" : Ein signalockerfarbener Kadett forderte viel Leidenschaft.

08.10.2022 UPDATE: 08.10.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 49 Sekunden
Foto: Schattauer

Von Heiko Schattauer

Mosbach. Auch der letzte Versuch der gütlichen Trennung scheiterte, nach mir kam zwar nicht die Sintflut – aber dafür das endgültige Aus. Mit dem Opel-Verrückten, der extra aus der Stadt, die es angeblich gar nicht gibt, angereist war, wollte sich mein alter Kadett jedenfalls nicht auf den Weg nach Ostwestfalen machen. Ortsausgang Aglasterhausen war Schluss mit lustig, auch der Kupplung war so gar nicht mehr nach Trennung, Vorankommen ausgeschlossen. D-Zug (aus Aglasterhausen fuhren seinerzeit wirklich Dieseltriebwagen) statt D-Kadett hieß es demnach für den netten Gast aus Bielefeld, die Nachfolgeregelung für meine ersten Autoliebe hatte sich in Rauch aufgelöst. Der signalockerfarbene Verweigerer wurde noch einmal in die großmütterliche Garage geschleppt, vier Wochen später kam der Verwerter für die allerletzten Kilometer dieses Autolebens.

Hintergrund

Modell: Opel Kadett D 1,3 (Bj. 1979)

Farbe: signalocker

Kaufpreis: 1500 DM

Woher: Autoverwertungsbetrieb

Erste Fahrt: War offenbar nicht so einprägsam – muss aber zur Schule gewesen sein.

Beste Erinnerung: Erste Reise mit dem eigenen Auto

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Modell: Opel Kadett D 1,3 (Bj. 1979)

Farbe: signalocker

Kaufpreis: 1500 DM

Woher: Autoverwertungsbetrieb

Erste Fahrt: War offenbar nicht so einprägsam – muss aber zur Schule gewesen sein.

Beste Erinnerung: Erste Reise mit dem eigenen Auto – mit der großen Liebe bis nach München. Und ohne Panne wieder zurück.

Schlimmstes Erlebnis: Totalschaden nach selbst verschuldetem Unfall, bei dem irgendwie doch ein Schutzengel mit an Bord war.

Das kam nach der Nummer eins: Ein feuerroter Peugeot 205 GTI – auch den hätte ich mal behalten sollen.

Mit Abstand nüchtern betrachtet: Ein besonderes Auto mit außergewöhnlicher Farbe – und großem Rostproblem.

Was ist geblieben? Viele schöne Erinnerungen, ein schlechtes Polaroidbild und ein Kofferraumdeckel für die Ewigkeit.

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Das hatte im Falle meines ersten eigenen Autos im Jahr 1979 begonnen. Seinerzeit war der Kadett D eine kleine Sensation gewesen. Front- statt Heckantrieb, viel Platz und Komfort, ein moderner Kompaktwagen, dessen Neuauflage zudem schon drei Jahre vor der nächsten Generation des ewigen Rivalen, dem VW Golf, am Start war. Das "D" in der Typenbezeichnung stand beim Kadett übrigens nicht für Diesel, sondern kennzeichnete lediglich die vierte Modellreihe, den Nachfolger des beliebten Kadett C also.

Bis der einst so progressive Kadett in meine Hände wanderte, hatte er allerdings schon einiges erlebt, fast 15 Jahre und reichlich Kilometer auf dem automobilen Buckel. Mir war das egal, es war meiner, selbst bezahlt, 1500 Mark "teuer". Gefunden hat er aber eher mich als ich ihn. Damals gab’s weder Mobile.de noch ebay-Kleinanzeigen, mein Vater organisierte das gewünschte D-Modell fürs überschaubare Budget von einem Verwertungsbetrieb unweit der badisch-schwäbischen Grenze. Gekauft wie gesehen war in diesem Fall nicht – der Kadett stand eines Abends bei uns in der Straße. "Du wolltest einen D-Kadett, das ist dein D-Kadett" – für meinen Vater war der Auftrag erledigt.

"Was ist das für ein seltsamer Kofferraumdeckel?", dachte ich bei der ersten Inaugenscheinnahme meiner Neuerwerbung. Den signalockerfarbenen Lack habe ich erst am Morgen darauf wirklich wahrgenommen. Man musste sich ein bisschen gewöhnen an den Wagen, farblich wie förmlich. Geschätzt 95 Prozent der Kadett-Limousinen wurden nämlich mit einer großen Heckklappe ausgeliefert. Meiner hatte diesen, nennen wir es mal eigenwilligen Kofferraumdeckel unter der feststehenden Heckscheibe. So what, ich sollte schon bald ganz andere Probleme haben ...

Erst einmal war ich stolz, auf mein erstes Auto, auf ein weiteres Stück Unabhängigkeit und Freiheit. Die erste Fahrt zur Schule, das Einbiegen auf den Parkplatz, ein herrliches Gefühl. Dass da objektiv betrachtet reichlich coolere, bessere, schickere Autos von anderen Schülern standen, war völlig nebensächlich. Einen guten "Stand" hatte mein Kadett wenig später auch unmittelbar vor einer Stufenparty. Die wurden seinerzeit noch auf Hütten gefeiert und von den Schülern selbst organisiert. Unmittelbar vor Partybeginn parkte mein von Getränkekisten und Musikanlage befreites Auto nämlich immer noch direkt im Eingangsbereich der Edi-Hütte – mit gerissenem Gaszug. Irgendwo kam dann mit den ersten Gästen auch eine Lüsterklemme ums Eck: Auto und Zugang gerettet, Party on.

Foto: Schattauer

Mal mehr, mal weniger mobil schleppten wir uns gemeinsam durch eine bewegte Zeit, inklusive Aus- und Unfällen, über die man auch heute noch lieber den Mantel des Schweigens breitet. Selbstverständlich spielte das erste eigene Auto auch in Sachen Liebe und Leidenschaft eine Rolle, Letztgenannte war dann aber irgendwann auch in stetig zunehmendem Maße für meinen Kadett selbst nötig. Das Leid wurde stärker, die Bindung schwächer.

Oder anders: Die Rostlöcher wurden immer größer, die Geduld und das Budget immer kleiner. An Schlechtwettertagen fuhr ich mitunter in Gummistiefeln – das beim Fahren aufgewirbelte Wasser von der Straße floss zum Gutteil direkt durch das löchrige Blech vom Motor- in den Fußraum. Die vom (allzu lange unbemerkten) Wassereinbruch schimmelige Isolierung hatte ich samt Teppich da bereits entsorgt. Von einer späteren Restaurierung träumend, lagerte ich den gebrechlich gewordenen Gefährten in Omas Garage ein. Es sollte sein feuchtes Grab werden.

Ein wenig lebt mein erstes Auto natürlich bis heute weiter. Zum einen in den vielen besonderen Erinnerungen, die ich damit verbinde. Zum anderen aber auch ganz greifbar, in der heimischen Garage. Der sonderbare Kofferraumdeckel, trotz Rostrand noch immer signalockerfarben leuchtend, hat dort seinen festen Platz gefunden, da kann kommen wer und was auch will ...

> Erinnern Sie sich auch noch genau an die erste Fahrt im eigenen Auto? Haben Sie auch ein paar unterhaltsame Geschichten zur Auto-Biografie auf Lager. Dann melden Sie sich gerne per E-Mail an red-mosbach@rnz.de oder per Telefon: 06261/93227165.

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