"Life Coach" wehrt sich gegen langes Haft-Urteil (Update)
Ein selbst ernannter Lebensberater hat mehrere Frauen sexuell missbraucht. Dafür soll er lange in Haft - und wehrt sich nun dagegen.

Mosbach. (dpa) Nach der Verurteilung eines selbst ernannten Lebensberaters wegen Geiselnahme, gefährlicher Körperverletzung und Vergewaltigung durch das Landgericht Mosbach fechten beide Seiten das Urteil an.
Sowohl die beiden Angeklagten - der Lebensberater und sein Bruder -, als auch eine Nebenklägerin haben Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt, wie eine Sprecherin des Gerichts mitteilte.
Das Landgericht hatte den 38-Jährigen vergangene Woche zu elf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, seinen Bruder wegen Beihilfe zur Geiselnahme und wegen Vergewaltigung zu drei Jahren Haft.
Der Deutsche soll über Jahre hinweg Frauen in seinem Haus in Walldürn im Dreiländereck Baden-Württemberg/Hessen/Bayern missbraucht haben. Sein 25-jähriger Bruder, ebenfalls Deutscher, half ihm nach Überzeugung des Gerichts bei seinen Taten, vergewaltigte aber auch selbst Frauen.
Starker Drogenkonsum führt zu Schuldunfähigkeit
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Für zahlreiche schwere Straftaten kurz vor der Verhaftung des Hauptangeklagten im Oktober 2022 wurde er laut Gericht nicht verurteilt, weil er wegen massiven Drogenkonsums als nicht schuldfähig eingestuft wurde.
Nach Angaben des Vorsitzenden Richters, Michael Haas, bei der Urteilsverkündung bot der 38-Jährige als "Life Coach" Online-Seminare und "Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung" in seinem Haus an.
Von 2019 an nutzte er die Coaching-Angebote in seinem Haus in Walldürn demnach dazu, Frauen gezielt zu verunsichern. In der Zeit bis zu seiner Festnahme im Oktober 2022 misshandelte er laut Gericht sieben Frauen, auch ein Mann war Geschädigter.
Zum Auftakt des umfangreichen Prozesses Anfang Februar hatten die Nebenklage - darunter auch die Ehefrau des Angeklagten - und die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit gestellt. Diesem gab das Gericht statt. Grund dafür sei, dass während der Verhandlung Details aus dem persönlichen Lebensbereich der Nebenklägerinnen besprochen werden, teilte das Gericht mit.
Update: Mittwoch, 11. September 2024, 14.56 Uhr
"Life Coach" zeigt kaum Reaktion bei Urteilsverkündung
Altheim/Mosbach. (jam) Er soll Frauen in sein Haus in Altheim gelockt, dort ihren Widerstand gebrochen und sie schließlich massiv körperlich misshandelt und vergewaltigt haben. Am Montag hat er nun seine Strafe erfahren: Der selbst ernannte "Life Coach", der laut Staatsanwaltschaft am Altheimer Ortsrand mehrere Frauen als Geiseln in seinem Haus gehalten und missbraucht hat, muss für elf Jahre und sechs Monate hinter Gittern.
Sein jüngerer Bruder, der sich Richter Michael Haas zufolge nicht nur der Beihilfe schuldig gemacht hat, sondern selbst mindestens eine Frau vergewaltigt haben soll, erhielt drei Jahre Haft. Eine anschließende Sicherungsverwahrung schloss Haas aus. Die Voraussetzungen dafür seien nicht erfüllt, weil den Hauptangeklagten zwar eine zutiefst frauenverachtende Einstellung kennzeichne, aber "kein Hang zur Begehung von Straftaten" vorliege.
Beide Angeklagten zeigten kaum eine Reaktion, als der Richter das Urteil verkündete. Sie hatten sich zuvor im nicht-öffentlichen Teil nicht zur Sache geäußert.
400 Seiten Anklageschrift
Der Prozess fand seit Februar unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – um die Intimsphäre der Opfer und Zeuginnen zu schützen. Öffentlich verkündet wurden am Montag nur das Urteil und die richterliche Begründung. Zwei der 27 Verhandlungstage waren allein für die Verlesung des Anklagesatzes reserviert: Er umfasst mehr als 150 Seiten, die Anklageschrift selbst ist über 400 Seiten lang.
Darin – so viel war bereits im Vorfeld bekannt – wirft die Staatsanwaltschaft dem zugezogenen Altheimer vor, seine Coaching-Angebote gezielt dazu genutzt zu haben, Kontakt zu jungen Frauen aufzunehmen und diese systematisch zu verunsichern. Sogenannte "Boot Camps für Persönlichkeitsentwicklung", die er in seinem Haus am Rand des Walldürner Stadtteils abhielt, dienten ihm dazu, den Widerstand der Frauen zu brechen. Dazu nutzte er laut Staatsanwaltschaft verbale Erniedrigungen ebenso wie massive Gewalt. Mindestens sieben Frauen soll der heute 38-Jährige wiederholt sexuell missbraucht und körperlich misshandelt haben. Richter Haas attestierte ihm ein "frauenverachtendes Weltbild".
"Frauenverachtendes Weltbild"
"Der Mann führt, die Frau muss machen, was er sagt", ist nach Auffassung des Gerichts die Ansicht des Hauptangeklagten, die sich wie ein roter Faden durch die Chronik der Ereignisse zieht. Richter Haas zeichnete diese in seiner Begründung ausführlich nach.
Der heute 38-Jährige soll seine Tätigkeit als Lebensberater 2015 angefangen haben: "Er hatte keine Ausbildung, war aber durchaus erfolgreich." In einem Interview vor seinem Absturz in die Kriminalität beschreibt sich der "Life Coach" selbst als "übergewichtigen, spielsüchtigen und schüchternen Versager", der sich in einen "durchtrainierten, erfolgreichen Youtube-Star und Persönlichkeits-Coach" verwandelt hat. Tatsächlich nahmen laut Richter Haas viele "Follower" die Angebote des Lebensberaters an.
Coaching gegen Sex angeboten
Ein erstes Warnzeichen kam 2019, als er nach Auffassung des Gerichts eine offene Beziehung führen wollte: "Eine war ihm nicht genug", so Haas. Mit dem Einvernehmen seiner Ehefrau, die selbst allerdings keine anderen Männer haben durfte, hatte der "Life Coach" mehrere Affären. Noch im gleichen Jahr zogen verschiedene Frauen in sein neu gekauftes Haus am Altheimer Ortsrand und lebten dort zusammen mit ihm und der Ehefrau – "wie in einer Kommune", beschrieb es der Richter. Der Angeklagte, so Haas weiter, war "ganz klar Chef" und tauschte "Sex gegen Coaching". Entgegen der ursprünglichen Einschätzung habe es der "Life Coach" nicht explizit auf schwache Frauen abgesehen. Stattdessen habe er seine Klientinnen von Beginn an massiv manipuliert, sie "erst bestätigt, dann niedergemacht", wie Richter Haas erklärte.
"Grenzwertige sexuelle Praktiken"
Erste Übergriffe gegen den Willen der Frauen soll es dann im September 2019 gegeben haben. In der folgenden Silvesternacht soll der Hauptangeklagte nach Auffassung des Gerichts erstmals Drogen konsumiert haben – zunächst Marihuana, später auch Amphetamine, LSD und gegen Ende – kurz vor seiner Festnahme – Kokain. Zunächst zog aber im Frühjahr 2020 eine jüngere Zweitfrau bei dem Hauptangeklagten ein. Spätestens ab diesem Zeitpunkt soll der "Life Coach" "grenzwertige sexuelle Praktiken" genutzt haben, um seine beiden Frauen und Affären für vermeintliche Fehler zu bestrafen. Als Beispiel für solche angeblichen Vergehen nannte Richter Haas, dass eine Frau den Angeklagten "aggressiv angesehen" hätte. Das Gros dieser Taten, so die Auffassung des Gerichts, war zu diesem Zeitpunkt noch einvernehmlich.
"Im Frühjahr 2021 fing es dann mit der Gewalt an", sagte Richter Haas und beschrieb körperliche und sexuelle Übergriffe sowie Vergewaltigungen. Im selben Jahr soll der 38-Jährige als "Erziehungsmethode" einen Hundewelpen gequält und getötet haben. Der Gewaltakt zeigte, wie weit er seine damaligen Mitbewohner unter Kontrolle hatte: "Die ganze Kommune hat sich an der Tat beteiligt", berichtete Haas.
Im Sommer 2021 soll der "Life Coach" seine Gangart nochmals verschärft haben. "Die Übergriffe wurden dramatischer", sagte der Richter und ergänzte: "Die Frauen gingen aus Scham und Angst nicht zum Arzt." Erreicht hat das der manipulative "Life Coach" mit einer emotionalen Achterbahnfahrt aus Ablehnung und Bestätigung. "Er hat die Frauen mal massiv eingeschüchtert, dann war er wieder ganz, ganz lieb", schilderte Michael Haas die Masche.
Drogen verändern Persönlichkeit
Für alle Taten bis zu diesem Zeitpunkt gilt der Lebensberater als voll schuldfähig. Das ändert sich im Januar 2022, als massiver Drogenkonsum zu einer Persönlichkeitsänderung führt. Das Gericht sieht den Angeklagten in seiner "Steuerungsfähigkeit eingeschränkt". Der Wandel führt dazu, dass seine Ehefrau mit der Tochter aus dem Haus in Altheim flieht. Die "Vielzahl an Vergewaltigungen und Todesdrohungen" setzten sich laut Richter Haas aber fort: Zwei Frauen wohnen noch dort, mehrere "Tagesgäste" hielten sich teils für Wochen in dem Haus auf.
Den ersten Fall von Geiselnahme verortete Haas dann im Juni 2022, als der Hauptangeklagte den Willen einer Frau komplett gebrochen hatte. "Er hat sich ihrer bemächtigt", so der Vorwurf. Die psychisch isolierte Frau hätte trotz unverschlossener Türen nicht mehr aus dem Anwesen fliehen können, ist das Gericht überzeugt.
"Du gehst nirgendwo hin"
Im Oktober 2022 – seinem letzten Monat in Freiheit – nahm der "Life Coach" zwei weitere Frauen als Geiseln und fügte ihnen laut Richter Haas "massive körperliche und sexuelle Gewalt" zu. "Du gehst nirgendwo hin", soll er eine der Nebenklägerinnen angeschrien haben. Alles gipfelte in einem "massiven Gewaltexzess", bei dem der Angeklagte laut Richter Haas drei Frauen vergewaltigt haben soll. Eingang in das Urteil finden diese Straftaten und viele weitere Straftaten aus den letzten Tagen vor der Festnahme nicht. Ein renommierter Sachverständiger hatte Staatsanwaltschaft und Gericht davon überzeugt, dass der "Life Coach" zu dieser Zeit schuldunfähig war. Er begründete dies mit einer "drogeninduzierten Psychose", die der übermäßige Konsum von Kokain hervorgerufen haben soll.
Eine damals 26-Jährige brachte das Kartenhaus des Lebensberaters dann vollends zum Einstürzen, als sie aus der Gefangenschaft heraus eine Bekannte anrufen konnte. Diese alarmierte wiederum die Polizei, die in der Nacht auf den 19. Oktober bei einer nächtlichen Durchsuchung den Lebensberater in seinem eigenen Haus festnahm. "Die Polizisten haben bestimmt mit einem Routineeinsatz gerechnet, aber es wurde der wohl ungewöhnlichste Einsatz ihrer Karriere", schätzte der Richter. Laut Haas fanden sie schwerstverletzte Frauen vor – mit Einblutungen im Schädel, Wassereinlagerungen, ausgeschlagenen Zähnen und psychischen Folgeschäden. "Bei einer Frau war sogar die Gefahr des Todes gegeben", teilte der Richter mit.
Frauen waren "massivst geschändet"
Ebenfalls vor Ort festgenommen wurde in dieser Nacht im Oktober 2022 der Bruder des Hauptangeklagten. Der Lebensberater hatte den heute 28-Jährigen im Vorjahr aus dem Haus verbannt, weil sich dieser offenbar zu ungeschickt bei Videodrehs angestellt hatte. Zurückgekehrt war der 28-Jährige im Oktober 2022. Damals, so beschrieb Richter Haas die Szene, habe er nicht nur seinen älteren Bruder, sondern auch mehrere Opfer angetroffen, die sich auf Befehl für den Jüngeren entkleiden mussten. "Die Frauen waren völlig mit Hämatomen übersät, sie waren massivst geschändet", so Haas. Trotzdem habe sich der 28-Jährige entschlossen, seinen Bruder bei seinen weiteren Taten "psychisch zu unterstützen" und selbst zu vergewaltigen.
Vor seiner Verbannung war der jüngere Bruder in einer Beziehung mit einer der Frauen – "auf Anordnung", wie es Richter Haas formulierte. Trotzdem wertete das Gericht eine erste sexuelle Handlung zunächst als "einvernehmlich". Dann aber habe der damals 25-Jährige weitergemacht, als die Frau mit einem Verweis auf Schmerzen den Sex abbrechen wollte. Zudem habe der Bruder eine Frau für Misshandlungen festgehalten, eine andere habe er selbst geschlagen. "Er hatte zu Beginn eine untergeordnete Rolle, er war aber kein Opfer. [Er] ist der Vergewaltigung schuldig", so das Urteil von Richter Haas. Die Taten des heute 28-Jährigen seien zu gravierend für eine Bewährungsstrafe.
Das Puzzle setzt sich zusammen
Um all diese Ereignisse zu rekonstruieren, hatte das Gericht 30 Zeugen angehört und elf Sachverständige geladen. "Die Aussagen der Frauen waren glaubhaft, vieles stimmte überein. Es hat sich alles wie ein Puzzle zusammengesetzt", betonte Richter Michael Haas abschließend. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Update: Montag, 2. September 2024, 15.35 Uhr
Urteil gegen "Life Coach" wegen Geiselnahme möglich
Altheim. (rjs) Im Strafverfahren gegen einen selbst ernannten "Life-Coach" wird die Große Strafkammer des Landgerichts Mosbach womöglich schon heute Nachmittag oder am 9. September das Urteil verkünden. Der Zeitpunkt hängt nach Angaben von Gerichtssprecherin Katja Heim vom Umfang und der Dauer der am Montagvormittag beginnenden Plädoyers ab. Dem zu Prozessbeginn 38 Jahre alten Hauptangeklagten wirft die Staatsanwaltschaft schwere Straftaten wie Geiselnahme, Körperverletzung, sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung vor. Den Ermittlungen zufolge soll sich der Angeklagte gezielt junge, psychisch labile Frauen gesucht haben, um sie sexuell gefügig und von ihm abhängig zu machen. Laut Staatsanwaltschaft soll er zwischen September 2019 und Oktober 2022 sieben Frauen sexuell missbraucht und körperlich misshandelt haben. Drei der Frauen hielt er offenbar als Geiseln fest. Zwei weitere Frauen, sein eigenes Kind und drei Männer soll er körperlich misshandelt haben. Im Wesentlichen stützt sich die Anklage auf vier Frauen, die der 38-Jährige im Internet kennengelernt haben soll. Als einige von ihnen in das Haus des Angeklagten eingezogen waren, um an einem "Trainingslager" zur Persönlichkeitsentwicklung teilzunehmen, soll für sie ein monatelanges Martyrium mit verbaler und sexueller Erniedrigung und Gewalt bis hin zu Todesdrohungen begonnen haben.
Unmittelbar nach der Verlesung der 396 Seiten umfassenden Anklageschrift Anfang Februar war die Öffentlichkeit vom weiteren Verlauf der Verhandlung ausgeschlossen worden. Nachdem mehrere an dem Verfahren beteiligte Anwälte sowie die Staatsanwaltschaft den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt hatten, war das Gericht ebenfalls zu der Auffassung gelangt, dass es den überwiegend weiblichen Opfern nicht zuzumuten sei, sich der juristischen Aufarbeitung der Vorfälle in einer öffentlichen Verhandlung zu stellen. Auch die Plädoyers werden hinter verschlossenen Türen gehalten. Erst zur Urteilsverkündung ist wieder Publikum zugelassen.
Update: Sonntag, 1. September 2024, 17.54 Uhr
Urteil im Prozess wegen Geiselnahme und Vergewaltigung im September
Altheim. (jam/dpa) Der Angeklagte aus Altheim, dem Geiselnahme, besonders schwere Vergewaltigung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen werden, erfährt sein Urteil voraussichtlich Anfang September. Das Urteil in dem Verfahren wird voraussichtlich entweder am Montag, 2. September, ab 15 Uhr oder am Montag, 9. September, ab 9 Uhr verkündet, wie das Landgericht Mosbach mitteilt. "Die Öffentlichkeit des Verfahrens wird erst unmittelbar vor der Urteilsverkündung wiederhergestellt", heißt es.
Der 1985 geborene selbsternannte "Life Coach" soll mehrere Frauen in sein Haus in Altheim gelockt, als Geiseln genommen und vergewaltigt haben. Der Prozess gegen den Hauptangeklagten hat bereits Anfang des Jahres begonnen – allerdings unmittelbar unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Grund dafür sei, dass während der Verhandlung Details aus dem persönlichen Lebensbereich der Nebenklägerinnen besprochen werden (darunter die Ehefrau des Angeklagten), teilte das Gericht mit. Die Anklageschrift gegen den Altheimer und seinen mitangeklagten jüngeren Bruder umfasst mehrere Hundert Seiten. Insgesamt 35 Verhandlungstage waren ursprünglich angesetzt, rund 20 Zeugen geladen.
Laut Staatsanwaltschaft bot der Angeklagte als "Life Coach" Online-Seminare an und betrieb in seinem Haus am Rand von Altheim ein "Boot Camp zur Persönlichkeitsentwicklung". Die Vorwürfe beziehen sich auf die Jahre 2019 bis 2022. Der Angeklagte soll dazu entschlossen gewesen sein, die Coaching-Angebote dazu zu nutzen, Kontakt zu jungen Frauen aufzunehmen und diese systematisch zu verunsichern. Er habe sie dann zum "Boot Camp" zu sich nach Hause eingeladen. Danach habe er die Frauen erniedrigt, schwere Gewalt angewandt und sie immer wieder sexuell missbraucht. Der Hauptangeklagte soll insgesamt sieben Frauen sexuell missbraucht und misshandelt haben. Ebenso habe er zwei weitere Frauen, ein Kind sowie drei Männer, darunter seinen mitangeklagten Bruder, misshandelt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Dem Bruder wird wiederum Beihilfe zur Geiselnahme und zur besonders schweren Vergewaltigung vorgeworfen. Zudem soll er selbst Frauen vergewaltigt und verletzt haben.
Im Oktober 2022 gelang es einem Opfer, einen Notruf abzusetzen. In der folgenden Nacht durchsuchten Einsatzkräfte das Haus und nahmen die Angeklagten fest. Der Hauptangeklagte kam vorübergehend in eine psychiatrische Einrichtung, sitzt aber seit Mai 2023 in Untersuchungshaft.
Update: Mittwoch, 7. August 2024, 15.38 Uhr
Öffentlichkeit im Prozess wegen Geiselnahme und Vergewaltigung ausgeschlossen
Von Ralf Scherer
Mosbach/Altheim. Sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, Geiselnahme, Körperverletzung, Todesdrohungen: Die Liste der Straftaten, die Nikolaus G. in seinem Haus in Altheim begangen haben soll, ist lang – und jeder einzelne Vorwurf wiegt schwer. So schwer, dass es den überwiegend weiblichen Opfern des 38-Jährigen nicht zuzumuten ist, sich der juristischen Aufarbeitung der Vorfälle in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung stellen zu müssen. Das hat die achte Große Strafkammer des Landgerichts Mosbach entschieden.
Eigentlich hätte der Prozess gegen Nikolaus G. und seinen mitangeklagten jüngeren Bruder Christian am Donnerstag unmittelbar mit der Verlesung der 396 Seiten umfassenden Anklageschrift beginnen sollen. Zwei der mehr als 30 geplanten Verhandlungstage sind laut Gerichtssprecherin Katja Heim allein dafür vorgesehen. Nachdem jedoch im Vorfeld die Anwälte der betroffenen Frauen und schließlich auch die Staatsanwaltschaft Mosbach den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt hatten, blieb der Strafkammer um den Vorsitzenden Richter Michael Haas keine andere Wahl, als die Sitzung gleich wieder zu unterbrechen.
Nach gut einstündiger Beratung teilte er mit, dass die Öffentlichkeit vom gesamten Verlauf des Verfahrens ausgeschlossen bleibt. Erst zur Urteilsverkündung – voraussichtlich Ende September – sind wieder Zuschauer zugelassen. "Weil zu erwarten ist, dass die Intimsphäre der Betroffenen während der Hauptverhandlung durchgehend berührt sein wird", begründete Haas die Entscheidung. Es würden schwerste Sexualstraftaten und eine Vielzahl von Körperverletzungen beschrieben, die einen Ausschluss der Öffentlichkeit rechtfertigten. "Sie dürfen jetzt alle rausgehen", gab Richter Haas deshalb den Zuschauern zu verstehen.
Als schließlich der Leitende Oberstaatsanwalt Dr. Florian Kienle, unterstützt von Staatsanwältin Jana Wolf-Mittmann, mit der Verlesung der Anklageschrift begann, waren nur noch die beiden Angeklagten mit ihren vier Verteidigern, vier Anwälte der Nebenklage sowie die drei Berufsrichter und zwei Schöffen im Saal. Zudem hatten zwei Rechtsreferendare eine Sondererlaubnis erhalten, das Verfahren zu Ausbildungszwecken weiterhin zu verfolgen. Im Laufe des Tages dürften sie deutlich ausführlicher zu hören bekommen haben, was teilweise im Vorfeld der Verhandlung bekannt geworden war.
Recherchen des Magazins "Spiegel" zufolge soll Nikolaus G. gezielt nach jungen, psychisch labilen Frauen gesucht haben, um sie sexuell gefügig und von ihm abhängig zu machen. Als selbst ernannter "Life-Coach" habe der 38-Jährige Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung und "Bootcamps" angeboten und auf diese Weise Kontakt zu seinen späteren Opfern hergestellt. Laut Staatsanwaltschaft soll er zwischen September 2019 und Oktober 2022 sieben Frauen immer wieder sexuell missbraucht und körperlich misshandelt haben. Drei der Frauen habe Nikolaus G. als Geiseln festgehalten. Zwei weitere Frauen, sein eigenes Kind und drei Männer habe er körperlich misshandelt.
Im Wesentlichen stützt sich die Anklage auf vier Frauen, die Nikolaus G. im Internet kennengelernt haben soll. Als einige von ihnen in das Haus des Angeklagten eingezogen waren, um an einem "Trainingslager" teilzunehmen, soll für sie ein monatelanges Martyrium mit verbaler und sexueller Erniedrigung und Gewalt bis hin zu Todesdrohungen begonnen haben. Der jüngere Bruder von Nikolaus G. soll von alledem nicht nur gewusst, sondern sich aktiv beteiligt haben. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft deshalb Vergewaltigung, Körperverletzung und Beihilfe zur Geiselnahme vor. Gegen die ursprüngliche Entscheidung des Gerichts, in getrennten Verfahren gegen die Brüder zu verhandeln, hatte der Anwalt von Christian G. erfolgreich geklagt. Er hatte befürchtet, dass sonst Nikolaus G. seinen Bruder hätte belasten können, ohne unmittelbar darauf reagieren zu können.
Die vom Missbrauch betroffenen Frauen beschreiben den 24-Jährigen offenbar als Mitläufer, der zwar an den Taten beteiligt, im Grunde genommen jedoch selbst ein Opfer seines dominanten Bruders gewesen sein soll. Dass es sich bei den angeklagten Geschwistern um verschiedene Charaktere handelt, war zu Beginn der Hauptverhandlung am Donnerstag gut zu beobachten.
Während Nikolaus G. trotz der drohenden langjährigen Haftstrafe selbstsicher im Gerichtssaal Platz nahm und während der Unterbrechung mit einem der Anwälte plauderte, saß sein Bruder zwei Stühle weiter völlig in sich gekehrt. Überwiegend starrte er schweigend in Richtung der gegenüberliegenden Fensterfront oder gelegentlich an die Decke. Um auf den Fotos der zahlreichen Medienvertreter nicht erkennbar zu sein, hatte er sich beim Betreten des Saals minutenlang einen blauen Aktenordner vors Gesicht gehalten. Ganz anders Nikolaus G., der im Gegensatz zu seinem Bruder weiterhin in Untersuchungshaft sitzt: Als er hereingeführt wurde, war sogar ein Lächeln zu sehen.
Update: Donnerstag, 1. Februar 2024, 17.41 Uhr
Lebensberater wegen Geiselnahme und Vergewaltigung vor Gericht
Mosbach. (dpa) Ein selbst ernannter Lebensberater soll in seinem Haus in Walldürn im Neckar-Odenwald-Kreis in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Frauen als Geiseln genommen und vergewaltigt haben. Der Prozess gegen den 38-Jährigen beginnt am Donnerstag (9 Uhr) vor dem Landgericht Mosbach. Dem Deutschen werden unter anderem Geiselnahme in drei Fällen, besonders schwere Vergewaltigung in einer Vielzahl von Fällen sowie vielfache gefährliche Körperverletzung und Bedrohung zur Last gelegt.

Mitangeklagt ist sein 24-jähriger Bruder, dem unter anderem Beihilfe zur Geiselnahme und zur besonders schweren Vergewaltigung vorgeworfen werden. Zudem soll er selbst Frauen vergewaltigt und verletzt haben.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft bot der Hauptangeklagte als Life Coach Online-Seminare an und betrieb in seinem Haus ein "Boot Camp zur Persönlichkeitsentwicklung". Er soll dazu entschlossen gewesen sein, über seine Arbeit junge Frau zu kontaktieren und systematisch zu verunsichern. Diese habe er dann zum "Boot Camp" zu sich nach Hause eingeladen. Dann habe er die Frauen erniedrigt, Gewalt angewandt und sie immer wieder sexuell missbraucht.
Die Nebenklage will nach Angaben des Gerichts zum Prozessbeginn einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit stellen. Das Gericht hat weitere 34 Prozesstage mit rund 20 Zeugen für das umfangreiche Verfahren angesetzt. Ein Urteil wird für Ende September erwartet.
Update: Mittwoch, 31. Januar 2024, 17.44 Uhr
Prozess gegen "Life Coach" wegen Geiselnahme und Vergewaltigung im Januar
Mosbach. (dpa) Weil er als selbst ernannter Lebensberater mehrere Frauen als Geiseln genommen und vergewaltigt haben soll, muss sich ein 38-Jähriger von Januar an vor dem Landgericht Mosbach verantworten. Das teilte das Gericht am Dienstag mit. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten Geiselnahme, besonders schwere Vergewaltigung und gefährliche Körperverletzung vor.
Der Mann soll sich mehr als drei Jahre lang als sogenannter Life Coach ausgegeben haben. Über seine Beratungsangebote soll er Kontakt zu jungen Frauen aufgenommen und sie systematisch verunsichert haben. Laut Anklage lud er die Frauen zu einer Art Trainingslager zur Persönlichkeitsentwicklung in sein Haus in Walldürn ein, um ihren Widerstand durch verbale Erniedrigungen und Gewalt zu brechen und sie wiederholt sexuell zu missbrauchen.
Update: Dienstag, 19. Dezember 2023, 11.27 Uhr
"Life Coach" wegen Geiselnahme und Vergewaltigung angeklagt
Mosbach/Walldürn-Altheim. (pm) Die Staatsanwaltschaft Mosbach hat Ende Oktober Anklage gegen einen 38-jährigen Mann und dessen 24-jährigen Bruder beim Landgericht Mosbach erhoben. In ihrer mehrere hundert Seiten umfassenden Anklageschrift legt die Staatsanwaltschaft dem Hauptangeklagten unter anderem Geiselnahme in drei Fällen, besonders schwere Vergewaltigung in einer Vielzahl von Fällen sowie vielfache gefährliche Körperverletzung und Bedrohung zur Last.
Seinem Bruder wird unter anderem Beihilfe zur Geiselnahme und zur besonders schweren Vergewaltigung sowie gemeinschaftlich begangene Vergewaltigung und gefährliche Körperverletzung in mehreren Fällen vorgeworfen.
Der 38-Jährige war als sogenannter "Life Coach" tätig, veranstaltete Online-Seminare und betrieb in seinem Wohnhaus in Altheim ein sogenanntes "Bootcamp zur Persönlichkeitsentwicklung". Nachdem es einem der Opfer am 18. Oktober 2022 gelungen war, einen Notruf abzusetzen, erfolgten bereits in der Nacht auf den 19. Oktober die Durchsuchung der Wohnräume und die vorläufige Festnahme der Brüder.
Die Staatsanwaltschaft geht nach dem Ergebnis ihrer umfangreichen Ermittlungen davon aus, dass der 38-Jährige entschlossen war, seine Coaching-Angebote zu nutzen, um Kontakt zu jungen Frauen aufzunehmen und diese systematisch zu verunsichern. Diese habe er dann zu einem "Bootcamp" zu sich nach Hause eingeladen, um anschließend ihren Widerstand durch verbale Erniedrigungen und routinemäßige schwere Gewaltanwendungen zu brechen und sie wiederkehrend sexuell zu missbrauchen.
Insgesamt habe der 38-Jährige sieben Frauen sexuell missbraucht und körperlich misshandelt. Zudem habe er zwei weitere Frauen, ein Kind und drei Männer, einschließlich seines ebenfalls angeklagten jüngeren Bruders, körperlich misshandelt. Der von der Anklage der Staatsanwalt umfasste Zeitraum erstreckt sich von September 2019 bis zur Festnahme der beiden Männer im Oktober 2022.
Der 38-Jährige war nach seiner Festnahme zunächst in einer psychiatrischen Einrichtung vorläufig untergebracht und befindet sich seit 10. Mai 2023 in Untersuchungshaft. Sein Bruder befand sich bis 6. Oktober in Untersuchungshaft, ehe der Haftbefehl auf Antrag der Staatsanwaltschaft außer Vollzug gesetzt wurde.