"Erftalstube" bleibt auch nach der Corona-Krise geschlossen
"So hatten wir uns den Abschied nicht vorgestellt" - Schmerzhafter Schritt für die Familie Dräger

Hardheim. (rüb) Jede dritte Gaststätte könnte nach der Corona-Pandemie nicht mehr öffnen – diese dramatische Prognose stammt vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Jetzt gibt es auch in der Region ein erstes bekanntes "Opfer" der Krise: Die "Erftalstube" bleibt dauerhaft geschlossen. Aus gesundheitlichen Gründen hätten Sabine und Sven Dräger ihr Gasthaus im Herzen von Hardheim zum 30. September sowieso zugemacht. Schweren Herzens haben sie sich nun dazu entschlossen, schon jetzt die Reißleine zu ziehen. Da ihre Haupteinnahmequelle, das Ausrichten von Familienfeiern aller Art, komplett weggebrochen ist und aktuell auch keine Aussicht auf eine Änderung der Situation besteht, sei ihnen keine andere Wahl geblieben, sagt Sabine Dräger im Gespräch mit der RNZ.
Bereits im Herbst hatten die Drägers bekanntgegeben, dass sie ihren im Herbst auslaufenden Pachtvertrag nicht verlängern werden. Dabei hatte alles so gut angefangen: Die Familie Malcher hatte die "Erftalstube" zu einem beliebten gastronomischen Treffpunkt gemacht, ehe sie im Jahr 2011 altersbedingt die Türen ihres Lokals schlossen. Vier Jahre dauerte es, bis die Gemeinde als Eigentümer der mehr als 400 Jahre alten Zehntscheuer einen Nachfolger präsentieren konnte: Sabine und Sven Dräger, die zuvor schon drei Jahre mit Erfolg das Restaurant "Famos" in Hardheim betrieben hatten, knüpften an die Erfolge der Malchers an, bereicherten das Angebot mit kulinarisch-kulturellen Events und Motto-Abenden und bewirteten auch bei Veranstaltungen in der Erftalhalle.
Doch dann machte die Gesundheit der leidenschaftlichen Gastronomin einen Strich durch die Rechnung. Als Konsequenz blieb der 46-Jährigen nur der mittelfristige Rückzug aus der kräftezehrenden Selbstständigkeit.
Mit einem prall gefüllten Jahresprogramm – mit Konzerten, Motto-Abenden und einer Vielzahl an Familienfeiern – wollten sich die Drägers von ihren Gästen verabschieden. Hinzu kamen Großveranstaltungen wie die Benefizparty des Lions-Clubs Madonnenland und das Fantreffen von Sängerin Liane. Doch Mitte April waren diese Pläne plötzlich alle Makulatur: "So hatten wir uns den Abschied nicht vorgestellt", betont Sabine Dräger, die an der schwierigen Situation hörbar zu knabbern hat.
So schmerzhaft der Schritt für das Gastronomen-Ehepaar ist, so nachvollziehbar wird er bei Sabine Drägers Schilderung des Ist-Zustands und der fehlenden Perspektive für die nächsten Monate: Bis 31. August musste sie wegen der behördlichen Vorgaben alle Familienfeiern, darunter auch vier Hochzeiten, absagen. Hinzu kommen die bereits zuvor ausgefallenen Kommunionen und unzählige runde Geburtstags. "Damit ist unsere Existenzgrundlage dahin, denn wir haben von den Feiern gelebt", klagt Sabine Dräger. Auf 80 Prozent beziffert sie den Anteil der Feierlichkeiten am Umsatz. Auf Grund der hohen Fixkosten hätte sich ein Abholangebot von Speisen für ihr Lokal nicht gelohnt, erklärt die Wirtin weiter, so dass am Ende nur dieser Entschluss geblieben sei.
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Zum Glück war die "Erftalstube" nicht das einzige Standbein der Familie: Sven Dräger arbeitet im Hauptberuf als Küchenleiter bei der Bundeswehr. Sohn Max, ebenfalls gelernter Koch, habe sich nun auch bei der Bundeswehr beworben., berichtet Sabine Dräger. Sicherheit steht in diesen Zeiten nun einmal hoch im Kurs. Neue Aufgaben werden sich die übrigen Mitarbeiter suchen müssen, darunter rund 20 Bedienungen, die auf Teilzeitbasis in der Gaststätte gearbeitet haben.
"Unser Wunschtraum wäre es gewesen, unseren Nachfolger einzuarbeiten und ihm so einen leichteren Start zu ermöglichen", sagt Sabine Dräger, die bereits mit dem Ausräumen des Lokals begonnen hat. Seit Herbst hat sich jedoch niemand gefunden, und durch Corona ist die Perspektive auch nicht besser geworden. Diese Einschätzung kann die Hardheimer Hauptamtsleiterin Mareike Brawek nur bestätigen: "Ein Nachpächter oder Interessent wurde bisher nicht gefunden. Wir sind grundsätzlich weiterhin auf der Suche, aufgrund der Corona-Krise und der sich daraus ergebenden Unsicherheit insbesondere für die Gastronomie gestaltet es sich vermutlich jedoch noch schwieriger, einen passenden Nachfolger zu finden."
Ganz werden Sabine und Sven Dräger nicht von der gastronomischen Bildfläche verschwinden: Die Zusammenarbeit mit dem örtlichen DRK, mit dem die Drägers in Kooperation bei Festen und anderen Großveranstaltungen die Feldküche betreiben, möchten sie im kommenden Jahr wieder aufnehmen. Wenigstens diese Tür soll sich nach Corona wieder öffnen.




