Nicht jeder verhält sich in der heimischen Natur regelkonform
Freizeit in Corona-Zeiten bedeutet oft, die heimische Natur zu entdecken. Doch so schön wie es ist, soll es auch bleiben.

Von Stephanie Kern
Region Mosbach. Restaurants, Kinos, Zoos, Schwimmbäder – alle geschlossen. Das Freizeitangebot ist aktuell mehr als begrenzt. Wandern, spazieren und Radfahren, das ist für viele Menschen in der Region und darüber hinaus inzwischen ein Höhepunkt. Denn die Natur hat weiterhin geöffnet.
Dass der Ansturm auf beliebte Ausflugsziele und Wanderwege aber auch Schattenseiten haben kann, das musste im Winter die Gemeinde Waldbrunn und ganz extrem der Ortsteil Waldkatzenbach erfahren: Viel zu viele Menschen wollten am Katzenbuckel Schlitten fahren und den Schnee genießen. Acker- und Wiesenflächen wurden von Wildparkern beschädigt, die Zufahrt zum Katzenbuckel musste gesperrt werden.
Inzwischen geht es etwas ruhiger zu am Katzenbuckel. Aber trotzdem beobachtet Bürgermeister Markus Haas: "Es ist schon sehr viel los." Das bemerke man auch am Müllaufkommen. Besonders schade: Der Müll landet nicht immer im Eimer, und wenn dieser voll ist, werde der Unrat einfach daneben geworfen. Die Situation sei aber nun etwas entspannter, denn die "Villa Katzenbuckel" biete Speisen und Getränke zum Mitnehmen an und habe große Mülltonnen aufgestellt.
"Es war aber schon vor Corona so, dass ein gewisser Anteil der Bevölkerung seinen Müll nicht wieder mitgenommen hat", beschreibt Haas. Nach dem Winter haben Mitarbeiter des Schwimmbads (das ja ohnehin geschlossen ist) rund um den Katzenbuckel aufgeräumt. Dabei wurde einiges gefunden – vom defekten Schlitten bis hin zu Alltagsmüll. Die Gemeinde hat nach Beschwerden auch (wieder) eine mobile Toilette aufgestellt.
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"Wir sind aber auch froh, wenn die Leute kommen, denn wir sind ja ein Tourismusgebiet und machen auch viel in diese Richtung", meint Haas. Es wäre aber schön, wenn jeder die Landschaft sauber halte. "Die Leute kommen zu uns, weil es schön ist – und es sollte auch schön bleiben. Das sollte jeder bedenken und verinnerlichen", betont Haas.
In Neckargerach, an der Margarethenschlucht, kann rücksichtsloses Verhalten noch ganz andere Folgen haben. "Es ist viel los, tatsächlich zu viel", berichtet Bürgermeister Norman Link. Die Schlucht ist so beliebt, dass sie von vielen Menschen aus ganz Baden-Württemberg aufgesucht wird. Sie reisen mit dem Auto an, parken auf Wiesen und Äckern, oft auch vor Hofeinfahrten. "Außerdem möchten wir die Besucher darum bitten, die Schlucht von unten nach oben zu durchwandern", sagt Link. Denn das sei tatsächlich weniger gefährlich als der entgegen gesetzte Weg. Zudem sei der schmale Pfad bei Gegenverkehr auch nicht gerade coronakonform.
Wenn es zu einem Unglück kommt, stehen die Rettungskräfte bereit. "Aber das sind ehrenamtliche Kräfte, und jeder Einsatz kostet die Gemeinde einiges." Deshalb appelliert Link an die Besucher, keine gefährlichen Situationen zu provozieren und den ausgewiesenen Weg keinesfalls zu verlassen. "Und man kann auch der Beschilderung Glauben schenken: Die Margarethenschlucht ist ein alpiner Klettersteig, der Geschick, Ausdauer und auch etwas Vorsicht erfordert", so Link.
"Ein weiteres Thema ist der Müll: Der wird auf der Wiese, am Waldrand, in der Schlucht, am Parkplatz hingeworfen." Vor Kurzem wurden auch der Tisch an der Vesperecke und Tafeln des Naturparks besprüht. "Was ich mir wünsche, ist gegenseitige Rücksichtnahme – auf die Menschen, die hier wohnen und auch auf andere Wanderer", sagt Link. Zudem solle das, worauf auf etlichen Tafeln rund um die Schlucht hingewiesen wird, beachtet werden. "Wir wollen doch niemanden gängeln, es ist zum Schutz der Menschen und der Natur."
Die Evangelische Stiftung Pflege Schönau, die Eigentümerin vieler Waldflächen ist, weist ebenfalls auf die steigende Vermüllung hin. "Immer mehr Waldbesucher werfen vermeintliche Kleinigkeiten wie leere Glasflaschen, Kaffeebecher oder Plastiktüten einfach in den Wald oder lassen sie unachtsam fallen", beobachtet Försterin Imke Beck. Das störe nicht nur die zahlreichen Waldbesucher, die sich sorgsam und verantwortungsvoll zeigen. "Für das Ökosystem Wald ist diese Wegwerfmentalität eine ernste Bedrohung."
Jeder kann seinen Teil beitragen
Je nach Material kann es einige Tausend Jahre dauern, bis der Müll abgebaut ist. So benötigt eine handelsübliche PET-Flasche 450 Jahre bis zum vollständigen Abbau, Styropor gar 6000 Jahre. Beim Zerfall entsteht Mikroplastik, das sich im Wasser und am Ende in unserer Nahrung wiederfindet. Batterien, Zigarettenkippen und Elektrogeräte vergiften zudem das Grundwasser und bedrohen Pflanzen, Tiere und Menschen gleichermaßen.
Um die Waldbesucher auf die Müllproblematik aufmerksam zu machen und zum Handeln anzuregen, startet die Stiftung Schönau eine Kampagne. Dabei will sie den Menschen nicht mit erhobenem Zeigefinger daherkommen. "Wir wollen die Waldbesucher auf das empfindliche Ökosystem Wald aufmerksam machen und an die Verantwortung jedes Einzelnen appellieren", meint Christine Flicker von der Stiftung Schönau. Dazu sollen Informationsbroschüren erstellt und Hinweistafeln an zentralen Stellen aufgestellt werden. Die Botschaften sollen zum Schmunzeln anregen und die Waldbesucher zum Mitmachen animieren. "Kein Müll mehr in der Landschaft, das ist eine schöne Vorstellung. Jeder kann ganz einfach dazu beitragen, indem er den eigenen Müll richtig entsorgt und fremden Müll einsammelt", wünscht sich Försterin Beck von den Waldbesuchern.
Zu den Waldgebieten der Stiftung Schönau gehört auch das Gebiet rund um den Roberner See. Auch dort sei viel los, beobachtet Fahrenbachs Bürgermeister Jens Wittmann. Immer wieder höre man von Bürgern, dass dort (im Winter) Schlittschuh gefahren oder (im Sommer) gebadet werde. Dabei ist der See ein Naturschutzgebiet, baden oder Schlittschuh fahren verboten. "Unser Problem ist aber, dass wir bei Umweltverstößen auf Zeugenhinweise angewiesen sind, und die Menschen wollen die Schuldigen oft nicht benennen", sagt Wittmann. Besonders rund um Trienz habe man auch etwas Probleme mit Müll. Den muss dann im Zweifel der Bauhof oder ein anderer Verwaltungsmitarbeiter entsorgen. "Ich selbst bin mir dafür auch nicht zu schade", so Wittmann.
Der Fahrenbacher Bürgermeister freut sich, wenn die Menschen die schönen Seiten der Region wieder erkennen, sich wieder darauf besinnen. "Das ist meiner Meinung nach ein positiver Effekt der Coronazeit." Schön wäre es aber auch, wenn die Menschen die Natur so zurücklassen würden, wie sie sie vorgefunden haben, oder im Idealfall noch etwas sauberer. "Die Leute kommen zu uns, weil es schön ist – und es sollte auch schön bleiben." Markus Haas hat die Maßgabe für den Ausflugshöhepunkt eigentlich perfekt auf den Punkt gebracht ...



