Drei Landwirte aus der Region bauen im Odenwald Linsen an
Der Odenwald kann auch klein und grün - Vermarktung auch direkt in der Region

Von Stephanie Kern
Elztal/Limbach. Ganz neu ist diese Frucht nicht. Auf der Alb gehört sie fast schon zum Kulturgut. In der französischen Region Puy ist sie so bekannt, dass ihr Name durch die EU geschützt wurde. Im Neckar-Odenwald-Kreis ist die Geschichte der Linse aber noch recht jung. Maßgeblich an dieser Geschichte beteiligt sind in Elztal und Limbach Michael Schiffmann und Albert Haaf. Die zwei Landwirte bauen seit vier Jahren grüne Linsen in Bio-Qualität auf einigen ihrer Flächen an. Im vergangenen Jahr kam noch Mabel Riebesell dazu.
"Wenn man immer nur das macht, was man kann, ist man irgendwann weg vom Fenster", meint Michael Schiffmann. Deshalb sei es auch in der Landwirtschaft wichtig, Neues auszuprobieren. Auf die Idee brachte ihn sein Vermarkter "Rebio". Gemeinsam mit Albert Haaf setzte der Landwirt den Vorschlag um: "Wir probieren Dinge aus, sind aufgeschlossen." Albert Haaf ergänzt: "Wir haben mit 13 Hektar angefangen. Das war schon ein Risiko."
Um überhaupt Linsen anzubauen, mussten die beiden Bio-Landwirte erst mal recherchieren. Erstes Ergebnis: Die Linse wächst eher auf nährstoffarmen Böden und ist sehr konkurrenzschwach. Falls die Böden also zu viele Nährstoffe enthalten, werden sie von Beikräutern überwuchert. Und aufgrund ihrer Beschaffenheit baut man sie gemeinsam mit Hafer an. Der sorgt für genug Schatten, damit nicht so viele Beikräuter wachsen, und bietet der Linse auch Gelegenheit, sich festzuhalten. Denn die Pflanze würde sonst einfach auf den Boden fallen und könnte nicht mit dem Mähdrescher geerntet werden.
"Man muss sich schon reinknien", erzählt Michael Schiffmann. "Der Rest ist dann Erfahrung." Zum Beispiel wie das optimale Verhältnis von Hafer zu Linse ist. "Das ist von Standort zu Standort unterschiedlich, ich würde sogar sagen von Mähdrescher zu Mähdrescher", sagt der Limbacher. Und auch das, was nach dem Dreschen kommt, musste erst einmal erlernt werden: Das Hafer-Linsen-Gemisch wird feucht gedroschen, muss dann getrocknet und getrennt werden.
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In den ersten beiden Jahren übernahm das "Rebio". Von der Mühle kam die Anfrage, ob die beiden Landwirte auch gerne Linsen zurück haben wollen. "Wir haben es ausprobiert, die Linsen an der Haustür verkauft", erzählt Michael Schiffmann. Vier Säcke waren es damals. Die reichen heute nicht mehr. Denn inzwischen sind die Linsen aus dem Odenwald in vielen Edeka-Märkten, in regionalen Bäckereien und im Regiomat an der B27 in Dallau erhältlich.
Das kommt gut an. So gut, dass man inzwischen auch am Vertriebsweg gefeilt hat: Durch den Einstieg der Familie Riebesell kann man das Linsen-Hafer-Gemisch selbst trocknen. Das heißt, es muss nicht direkt auf Lkw verladen werden. "Das nimmt uns etwas den Druck", so Schiffmann. Nicht alle Linsen gehen danach an "Rebio", ein Teil wird auch nach Kleineicholzheim gebracht. Die Familie Fellmann bereitet dort die Linsen für den Direktvertrieb im Neckar-Odenwald-Kreis auf. So bleiben die Wege kurz.
Genau das seien die unschlagbaren Vorteile regionaler Vermarktung, betont Ruth Weniger von der Bio-Musterregion Neckar-Odenwald. "Meine Aufgabe ist es, die Vermarktung voranzubringen." Ihr aktuelles Projekt hat genau das zum Ziel: Regionale Erzeuger von Bio-Produkten und die Einzelhändler zusammen bringen. "Da beginnen jetzt Gespräche, wie das funktionieren kann", sagt Weniger. Ihr Ziel sind regionale Bio-Regale in den Supermärkten der Region. "Für die Verbraucher ist es transparent. Sie können Kontakt zu den Landwirten aufnehmen und auch sehen, wo die Nahrungsmittel angebaut werden", erklärt Weniger.
Für Michael Schiffmann und seine Mitstreiter sind Linsen inzwischen eine sinnvolle Ergänzung der angebauten Kulturen. Gemeinsam mit Albert Haaf baut er auch Lupinen, Sojabohnen, Dinkel, Hafer, Weizen, Roggen und Rotklee an. Auf einer Teilfläche werden auch Blühmischungen angebaut. "Gerade im Bio-Bereich ist es wichtig, ein breites Portfolio zu haben", sagt Schiffmann. Denn jede Kultur habe eigene Schädlinge und Krankheiten. "Dadurch kann man das Risiko reduzieren", so der Landwirt. "Im konventionellen Bereich gibt es ein paar Kulturen, die rentabel sind. Im Bio-Bereich nimmt man auch Exoten mit rein."
Wie etwa die Linsen. Denn als damals die Anfrage kam, hat Michael Schiffmann mit den Hülsenfrüchten noch nicht viel anfangen können. Inzwischen haben die Landwirtsfamilien auch Rezeptblätter zum Mitgeben an die Käufer. "Viele Kunden sagen mir, dass sie nur noch unsere grünen Linsen essen", sagt Schiffmann. Und ihm selbst, schmecken sie auch "sehr, sehr gut". Na dann: Guten Appetit!
Info: Die Linsen gibt es in den Edeka-Märkten in Dallau, Schefflenz, Mudau, Limbach, Osterburken, Buchen und Walldürn, bei Berres in Gerolzahn in den Bäckereien FritzeBeck (Großeicholzheim) und Schmitt (Limbach) sowie in der Bioscheune in Dallau und bei den Landwirtsfamilien, Telefon 0152/05 277 013.



