Das ist der Heinrichhof in Obrigheim (plus Video)
Zu Besuch bei Bio-Landwirt Jürgen Heinrich - Bio in seiner ganzen Vielfalt

Jürgen Heinrich und seine Frau Maria Perktold-Heinrich führen seit mehreren Jahrzehnten den Demeterbetrieb Heinrichhof. Derzeit gibt es etwa 45 Kühe, Rinder und Kälber auf dem Bauernhof. Fotos: Dominik Rechner (4) / Getty Images (2)
Von Dominik Rechner
Neckar-Odenwald-Kreis. Mittwoch, 15 Uhr in Obrigheim: Als wir Jürgen Heinrich zum Interview auf der Weide treffen, ist der Biobauer schon seit über zehn Stunden auf den Beinen. Bestens gelaunt stellt er uns seinen Heinrichhof vor, von Müdigkeit ist beim Landwirt nichts zu spüren. An diesem Morgen ist er um 4.30 Uhr aufgestanden, um seinen Transporter mit Lebensmitteln zu beladen.
Von 7 bis 13 Uhr ging es auf den Mosbacher Wochenmarkt und dann wieder zurück auf seinen Hof, wo er noch bis in die Abendstunden hinein arbeiten wird. Ein langer Arbeitstag. Doch in den gut zwei Stunden, die wir bei Jürgen Heinrich zu Gast sind, wird klar: Für den Bio-Landwirt ist sein Beruf nicht einfach nur Arbeit. Er lebt und liebt, was er tut.
Hintergrund
Rezept: Polentataler mit Bohnen-Ratatouille für vier Personen
> Bohnen-Ratatouille: 400 g Tomaten, eine Zwiebel, eine Knoblauchzehe, eine Aubergine, 300 g grüne Bohnen, zwei EL Olivenöl, eine Handvoll Bohnenkraut
1. Tomaten
Rezept: Polentataler mit Bohnen-Ratatouille für vier Personen
> Bohnen-Ratatouille: 400 g Tomaten, eine Zwiebel, eine Knoblauchzehe, eine Aubergine, 300 g grüne Bohnen, zwei EL Olivenöl, eine Handvoll Bohnenkraut
1. Tomaten und Auberginen waschen und würfeln. Zwiebel und Knoblauch würfeln. Bohnen putzen und halbieren.
2. Olivenöl in einem Topf erhitzen, Auberginenwürfel hinzufügen und rundum bei mittlerer Hitze ca. sieben Minuten anbraten, bis die Würfel Farbe angenommen haben.
3. Zwiebel, Knoblauch und Bohnen zufügen, ca. vier Minuten farblos anschwitzen, dann die Tomaten zufügen.
4. Das Ganze mit Salz und Pfeffer würzen und 20 Minuten leise köcheln lassen. Bohnenkraut hacken und unterrühren.
> Polentataler: 400 ml Milch, Salz und Pfeffer, 20 g Butter, 120 g Polentagrieß, 40 g geriebener Parmesan, zwei Eigelb, drei EL Olivenöl
1. Milch mit etwas Salz, Pfeffer und Butter in einem Topf zum Kochen bringen.
2. Polentagrieß unter ständigem Rühren einrieseln lassen und ca. 15 Minuten unter gelegentlichem Rühren leise köcheln lassen.
3. Polenta vom Herd ziehen. Parmesan und Eigelb unterziehen. Die Masse auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech streichen und abkühlen lassen.
4. Taler ausstechen und von beiden Seiten in Olivenöl goldbraun anbraten. Eventuell im Backofen warm stellen.
Schon seit 1986 wirtschaftet Heinrich biologisch-dynamisch nach den Richtlinien des Demeter-Verbandes. Er war damit einer der ersten Bio-Bauern im Neckar-Odenwald-Kreis. Das Wort "Bio-Musterregion" war damals noch ein Fremdwort. Mittlerweile gibt es 57 Bio-Betriebe im Landkreis.
Zusammen mit seiner Frau Maria Perktold-Heinrich und Sohn Felix leitet Jürgen Heinrich den Heinrichhof, unterstützt werden sie von vier festen Mitarbeitern (70 Prozent-Stellen), drei Auszubildenden und aktuell einer Studentin sowie zwei Praktikanten.
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Hintergrund
Bio-Anbauverband Demeter
Demeter ist der älteste Bio-Anbauverband Deutschlands und besteht seit 1924. In Deutschland arbeiten rund 1600 Landwirte mit über 85.000 Hektar Fläche nach den biologisch-dynamischen Vorgaben des
Bio-Anbauverband Demeter
Demeter ist der älteste Bio-Anbauverband Deutschlands und besteht seit 1924. In Deutschland arbeiten rund 1600 Landwirte mit über 85.000 Hektar Fläche nach den biologisch-dynamischen Vorgaben des Demeter-Verbands.
> Die Demeter-Richtlinien gehen deutlich über die Mindestkriterien des EU-Labels hinaus:
> Betriebsführung: Ausschließlich biologisch-dynamische Bewirtschaftung für den gesamten Betrieb. Nach EU-Bio ist konventionell neben Bio erlaubt.
> Was bedeutet biologisch-dynamisch? Kreislaufwirtschaft: Der Landwirt hält so viele Tiere wie er mit seinem Land ernähren kann. Deren Mist sorgt für eine hohe Bodenfruchtbarkeit, die beste Lebensmittel für den Menschen hervorbringt. Mit Hilfe von biodynamischen Präparaten (z.B. aus Kräutern, Mineralien oder Kuhmist) ordnet der Landwirt Naturprozesse. So wird der Hof zu einem einzigartigen Organismus, in dem jedes Organ das andere braucht: Mensch, Pflanze, Tier und Boden wirken zusammen (mehr dazu hier)
> Tiere: Tierhaltung oder eine Kooperation mit einem Demeter-Betrieb mit Tierhaltung ist vorgeschrieben. Weniger Tiere pro Hektar Fläche. Auslauf für Rinder, Weidegang so viel wie möglich. Enthornung, Kupieren der Schwänze, das Abkneifen der Zähne und das Einziehen von Nasenringen ist bei Demeter nicht zulässig, nach EU-Bio schon.
> Behandlung bei Krankheit: Natürliche Verfahren wie Pflanzenheilkunde haben Vorrang. Vorbeugende Medikamente wie Antibiotika oder Hormone sind tabu (EU-Siegel ebenso).
> Deutlich weniger Zusatzstoffe: Nur wenige absolut notwendige Zusatzstoffe und Prozesshilfstoffe sind in der Verarbeitung erlaubt. Jodierung, Nitritpökelsalz und natürliche Aromen sind verboten. Ausschließlich Aromaextrakte sind zugelassen. Die EU-Bio-Verordnung erlaubt etwa 30 Zusatzstoffe mehr, die bei Demeter tabu sind.
> Futter: Mindestens 50 Prozent des Futters müssen vom eigenen Betrieb oder einer Betriebskooperation stammen. Nach der EU-Öko-Verordnung ist die Futtererzeugung vom eigenen Hof nicht eindeutig vorgeschrieben. Bei Demeter ist ausnahmslos kein konventionelles Futter erlaubt. Nach EU-Verordnung sind konventionelle Futtermittel zu kleinen Teilen erlaubt.
> Insektizide: Bei Demeter ist der Einsatz von synthetischen Insektiziden nicht erlaubt. Nach der EU-Öko-Verordnung darf aber z.B. das Insektizid Spinosad eingesetzt werden.
> Saatgut: Saat- und Pflanzengut soll aus biodynamischer Züchtung und Vermehrung stammen. Chemisch-synthetisches Saatgut ist nach EU- und Demeterbestimmungen nicht erlaubt. Nach der EU-Öko-Verordnung ist die Züchtungstechnik nicht geregelt.
1985 hat Jürgen Heinrich den elterlichen Nebenerwerbs-Betrieb übernommen und zunächst konventionell gewirtschaftet. "Ich habe aber gemerkt, dass es für mich nichts ist und ich fand das Biologische spannend und reizvoll."
Zugleich erklärt er auch, warum biologische Landwirtschaft anspruchsvoller und aufwendiger als konventionelle Landwirtschaft sei. Man habe anders als bei der konventionellen Landwirtschaft keine sofort wirkenden Hilfsmittel in der Hand. Es müsse alles vorausgeplant werden und man müsse gute Pflanzenkombinationen ermöglichen. "Eine ausgeglichene Tierhaltung mit robusten Tieren ist ebenfalls wichtig."
Ein konventionell arbeitender Landwirt habe dagegen immer noch die Hilfsmittel in der Tüte oder im Sack und könne in jedem Moment agieren. "Das ist im Bio-Landbau nicht möglich." Als Beispiel nennt er den Karottenanbau: "Wenn man einen Hektar Karotten als konventioneller Bauer vom Unkraut sauber halten will, schafft man das mit einem Herbizid (Unkrautbekämpfungsmittel, Anm. der Red.) in einer Stunde." Als guter Bio-Bauer brauche man dafür "vielleicht 300 Stunden", als schlechter 2000 Stunden. Synthetische Mittel sind tabu, das Unkraut wird ausschließlich mechanisch mit Striegel oder der Hacke bekämpft.
Jürgen Heinrichs Hof ist ein besonderer Hof - nicht nur wegen der biologischen Arbeitsweise. Die Vielfalt und die Direktvermarktung, die hinter allem steht, machen den Heinrichhof zu einem Vorzeigebetrieb. Die Direktvermarktung von Rind-, Kalb-, Schweine- und Lammfleisch, Wurst, Gemüse und Obst macht etwa zwei Drittel des Einkommens der Familie Heinrich aus. Das restliche Drittel kommt aus der Pflege von Naturschutzgebiet, Baumfällarbeiten und Winterdienst für das Land, die Gemeinde oder Privatleute zustande.
Hintergrund
Direktvermarkter im Neckar-Odenwald-Kreis
Hohe Qualität, regionale Herkunft, frische Waren: Das sind nur einige Vorteile, die der Kauf von Lebensmitteln bei einem Direktvermarkter bietet. Dazu kommen noch der direkte Kontakt zu den Erzeugern sowie
Direktvermarkter im Neckar-Odenwald-Kreis
Hohe Qualität, regionale Herkunft, frische Waren: Das sind nur einige Vorteile, die der Kauf von Lebensmitteln bei einem Direktvermarkter bietet. Dazu kommen noch der direkte Kontakt zu den Erzeugern sowie kurze Wege - und das alles für jeden Geldbeutel. Da Direktvermarktung auch bei uns in der Region immer mehr in den Fokus rückt, werden wir in den nächsten Wochen verschiedene von ihnen in einer Serie vorstellen. Als kleines Schmankerl gibt es jeweils noch ein Rezept dazu, das aus den verschiedenen Produkten in der eigenen Küche nachgekocht werden darf.
Info: Direktvermarkter, die bei uns erscheinen wollen, melden sich per E-Mail unter red-buchen@rnz.de
Auf dem Heinrichhof und seinen Weideflächen leben 45 Kühe, Rinder und Kälber (Angus und Fleckvieh), 150 Schafe/Lämmer und 40 Schweine (Schwäbisch-Hällisches Landschwein und Duroc). Dazu bauen die Heinrichs auf einer Gewächshausfläche von 3500 Quadratmetern Gemüse an. Von Auberginen über Fenchel, Kohlrabi, Tomaten, Rosenkohl, Grünkohl bis zu Zwiebeln, Kartoffeln, Kraut, Kräutern und vielem mehr ist alles dabei, was in der Region wächst und gedeiht. Dazu kommt der Getreideanbau - auch seltene Sorten wie Chiasamen werden angebaut - und Obst von den Streuobstwiesen beziehungsweise Beerensorten.
Das Futter für die Tiere (größtenteils Gras, Heu, Silage und Getreideschrot) stammt überwiegend aus eigener Herstellung und wächst auf den zum Heinrichhof gehörenden Flächen von 40 Hektar Grünland und 20 Hektar Ackerland. Das fehlende Futter steuert der Kooperationsbetrieb Groß in Daudenzell bei. Ergänzend bekommen die Tiere für die Mineralstoffversorgung Mineralfutter und Lecksteine - alles ökologisch zertifiziert.
Noch eine Besonderheit: Die Türen und Tore des Hofs stehen für jeden offen. Der Heinrichhof ist einer von rund 240 Biobetrieben in Deutschland, die zum Netzwerk Ökologischer Landbau gehören, das auf Initiative des Bundeslandwirtschaftsministeriums ins Leben gerufen wurde.
Unter dem Motto "Bio live erleben!" kann jeder Interessierte sehen, wie weit gefächert der ökologische Landbau ist und wie er in der Praxis funktioniert. Besonderheiten, Vorzüge und auch Herausforderungen und Probleme werden erläutert.
Als Naturpädagogin ist Jürgen Heinrichs Frau Maria dafür prädestiniert. Jeden Tag kommen Kindergärten, Schulen oder andere private Gruppen an den Heinrichhof und schauen sich den biologischen Landbau vor Ort an. Kinder können in Kursen Kühe, Schafe und Schweine streicheln und gemeinsam füttern oder kennenlernen, wie Gemüse gedeiht - vom Säen bis zur Ernte.
Info: Die Produkte vom Heinrichhof gibt es auf den Wochenmärkten in Mosbach mittwochs und samstags und in Neckargemünd samstags jeweils von 7 bis 13 Uhr sowie im Hofladen (Welschbergweg 2 / Kirstetter Straße 23) in Obrigheim dienstags und freitags jeweils von 10 bis 18 Uhr.



