"Es geht darum, eine Stadt voranzubringen"
Ein Gespräch mit Steffen Koch, der nach zehn Jahren als Stadtbaumeister Eberbach im September verlässt

So aufgeräumt wie jetzt, kurz vor seinem Weggang aus Eberbach, war Steffen Kochs Büro eigentlich immer in all den Jahren. Behauptet der scheidende Stadtbaumeister jedenfalls. Bis September ist es noch seins. Foto: jbd
Von Jutta Biener-Drews
Eberbach. Auseinandersetzungen zwischen Stadtbaumeister und Gemeinderäten waren keine Seltenheit, der Tonfall wurde dabei schon auch mal rauer - beiderseits. Steffen Koch ist keiner von den Weichgespülten, der gebürtige Pfälzer kann auch robust. Seine mit einem sonoren "Damen und Herren!" eingeleiteten Ansprachen waren stets schnörkellos und direkt. Wer das als wohltuend empfand, wird darauf jetzt verzichten müssen. Und auch die Ratssaal-Reibereien wird es zumindest in Eberbach nicht mehr geben.
Nach fast zehn Jahren räumt Steffen Koch seinen Schreibtisch und fängt am 1. Oktober als Verbandsbaumeister im südbadischen Denzlingen an. Mit seinen 50 Jahren wollte er noch mal was Neues machen, erklärt Koch seinen Abschied. "Aber ich hab’s hier gerne gemacht!" Auch zum Wohnen fand der Familienvater die Neckarstadt "genial", wie er im Gespräch mit unserer Zeitung verrät.
Geschenkt wurde Steffen Koch in seinem Job hier sicherlich nichts. Die Verhältnisse, die er 2010 als Nachfolger von Manfred Janner antraf, waren denkbar schwierig: Sanierungsgebiet Neckarstraße I, Einweihung des von Anfang an kritisierten Neuen Markts, das Fiasko rund um Sanierung und Modernisierung des HSG, gesperrte Bahnhofstraße und die Klagen der Geschäftsleute. Sein erstes eigenes Projekt? "Kann ich nicht definieren, alles war immer eine Kooperation verschiedener Amtsleiter und des Gemeinderats". Ganz so, wie das seinem Berufsbild entspricht: Der Stadtplaner als Schnittstelle zwischen den Disziplinen, "sonst läuft er gegen ne Wand." So, sagt er, habe er das von Anfang an praktiziert.
Koch sieht sich als Teamarbeiter, versteht sich aber auch darauf, zu sagen, wo’s langgeht: "Einer muss das!" Wenn ihn jemand davon überzeugt, "dass es auch besser geht", greife es das aber gerne auf. Für das Eberbacher Bauamt hat er diesbezüglich nur lobende Worte übrig: "Das war hier sehr gut, das Miteinander, die Kommunikation, das Ideen Gewinnen - ein Geben und Nehmen".
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Für Koch ist auch klar, dass er in seinem Job den Blick immer auf das Gesamtbild der Stadt zu richten habe, einschließlich Infrastruktur - im Unterschied zum Architekten. Womit er sich in der Arbeit der letzten zehn Jahre am meisten identifizieren kann? "Alles, was hier gelaufen ist, kann ich mittragen", sagt er im Brustton der Überzeugung; anders gemacht hätte er allenfalls Einzelheiten. Richtig gut geworden ist aus seiner Sicht aber die Neckarstraße, "da hat man im Sinne der Stadtsanierung einen richtig guten Job gemacht". Und ein gutes Beispiel für das gelungene Zusammenspiel aller Stellen abgeliefert. Oder das Imakomm-Gutachten Innenstadt. Daran anzuknüpfen und "alle Schritte in einem Stadtentwicklungskonzept zusammenzuführen" - für Koch wär’s das: "Ich hoffe, dass man diesen Weg gehen wird!"
Eberbach hat Probleme wie jede Kleinstadt dieser Größenordnung bis 20-/25.000 Einwohner, beschreibt der Noch-Stadtbaumeister die aktuelle Situation. "Man muss sich neu reinfinden!" Dass er jetzt wieder einen Posten in der öffentlichen Verwaltung ansteuert, erklärt Koch damit, dass es ihm immer Spaß gemacht habe, die Probleme von Kommunen anzugehen und das Beste herauszuholen. Ausreizen lasse sich das freilich nicht: "Es hört nie auf!"
Was hat sich verändert in seinen zehn Eberbacher Jahren? In der Baubranche haben Preissteigerungen und Neuerungen im Vergaberecht "die Arbeit nicht leichter gemacht", bilanziert Koch. "Das Hemdsärmelige von früher läuft nicht mehr, auch mit Blick auf die Förderung ist alles strenger." Auf die Kommunen komme ein Umdenken im Sinne der Ökologie zu, eine neue Mobilität sei gefragt. Bürgeransprüche auf Transparenz und Beteiligung, in Eberbach etwa in Sachen Windkraft und Schwimmbad, haben sich laut Koch sehr verstärkt. Zu recht, wie er findet. Seiner Meinung nach sollte die Verwaltung all dies nicht als lästig oder als zusätzlichen Zwang betrachten, sondern als Herausforderung. Koch: "Wenn man frühzeitig versucht, den Bürger mitzunehmen, macht man sich’s leichter!" Nur sollte der Bürger Bemühungen in diese Richtung halt auch nicht ins Leere laufen lassen.
Und noch was hat sich aus Kochs Sicht geändert: das Verhältnis zwischen Rat und Verwaltung. Sein Befund: Der gegenseitige Respekt als Grundlage für fairen Umgang und ein gutes Arbeitsverhältnis "hat mir hier zeitweise gefehlt". Für ihn mit eine Erklärung für manche Reiberei. Inzwischen, so Koch, hat sich das wieder sehr gebessert. Aber sein Standpunkt bleibt unverändert: "Der Gemeinderat ist zwar das höchste Organ der Gemeinde, aber er kann sich der Verwaltung gegenüber nicht alles erlauben". Zumal man dem Rat Antworten auf Fragen nie schuldig geblieben sei.
Politik, Ideologie, der Wunsch von Mandatsträgern, sich zu profilieren: Ginge es nach dem Stadtbaumeister, sollte dies in einem Kommunalparlament möglichst keine Rolle spielen. "Ich glaube, dem Bürger ist wichtig, die Stadt voranzubringen. Und da sollten alle an einem Strang ziehen." Dass sich Räte und Verwaltungsleute irgendwo zusammensetzen und miteinander, "im Konsens", eine Problemlösung aushandeln, zieht Steffen Koch einer öffentlichen Debatte vor, in der es seiner Ansicht nach oft genug eben nicht um die Sache selbst gehe. Nein, Kungelei wäre das nach seinem Dafürhalten bestimmt nicht. Sondern das Ziehen am gemeinsamen Strang zum Wohle einer Stadt.
Steffen Koch bleibt noch bis September in Eberbach. Dass er auch danach immer wieder kommen wird, weiß er aber schon. Spätestens zur Einweihung des Kulturzentrums Depot 15/7. Sein erstes eigenes Projekt in der Neckarstadt? Da wär’s!