Eberbach

Kochshow oder Forschung? Gelatine begeistert bei Rundgang

Bei der RNZ-Sommertour geht es zur Gelita AG und die Teilnehmer durften sogar selbst etwas herstellen.

29.09.2025 UPDATE: 29.09.2025 04:00 Uhr 4 Minuten, 20 Sekunden
Helene Neureuter (l.) lernt von Anna Kammerer die Herstellung von Fruchtgummis. Foto: coe

Von Carmen Oesterreich

Eberbach. Personen mit Krankheitssymptomen müssen draußen bleiben, Trinkflaschen, Essen, Schmuck, Handys oder der Stift zum Mitschreiben sind in den Werkhallen und Forschungslaboren nicht erlaubt. Die Hygiene und Sicherheitsvorkehrungen bei der Gelita AG unterliegen hohen Standards, denn im Werk in Eberbach wird zu Lebensmitteln und Pharmaprodukten geforscht und Gelatine für verschiedene Anwendungen hergestellt.

Dies erfahren die zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer der RNZ-Sommertour schon vor ihrer Anreise zum Hauptsitz des weltweit handelnden Familienunternehmens. Dort angekommen, werden aus Sicherheitsgründen nicht nur die Ausweise kontrolliert und Namensschilder ausgeteilt, sondern auch die Gesundheit gecheckt. Zwei Personen sind wegen einer Erkältung zu Hause geblieben, bei den Anwesenden ist alles okay.

Jens Beisel von Gelita (r) rührt mit seinen Gästen Marschmallowteig an. Foto:coe

Nathalie Mrozek von der Unternehmenskommunikation hat ein umfangreiches Besucherprogramm organisiert. Dieses beginnt mit der persönlichen Begrüßung durch Dr. Peter Hill. Der Brite, seit 35 Jahren in Deutschland und zum 1. Oktober seit einem Jahr als CEO an der Unternehmensspitze, überträgt seine Begeisterung von den "Topprodukten zur Verbesserung der Lebensqualität" und den Unternehmenswerten auf die Gäste.

"Die Menschen machen ein Unternehmen aus", sagt er und führt Vertrauen, Mut, Leidenschaft, Empathie, Verbindlichkeit und Fürsorge als wertvolle Basis für die erfolgreiche internationale Zusammenarbeit von mehr als 2900 Mitarbeitenden an 20 Produktionsstandorten weltweit, fünf Vertriebsbüros, dem Logistikzentrum in Sinsheim und der Biotech Hub in Frankfurt/Main an.

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Hill betont zudem die Nachhaltigkeit bei der Verarbeitung von Schweineschwarten, Rinderhäuten und Knochen zu Kollagenproteinen (Gelatine und Kollagenpeptide), Fetten und Mineralien. Denn was bei der Fleischerzeugung als Abfall entsorgt werden würde, ist für Gelita ein Rohstoff, der in hochwertige Inhaltsstoffe umgewandelt wird. Im Firmenjargon spricht man deshalb nicht von Abfall, sondern von "Nebenprodukten".

Jedes Werk ist dabei spezialisiert: in Eberbach beispielsweise auf Rind, in Schweden auf Schwein. Sogar die Nebenprodukte, die selbst bei Gelita noch übrig bleiben, werden laut Hill in einen natürlichen Kreislauf zurückgeführt: Mineralien, die während der Produktion entstehen, dienen als Phosphorquelle für Dünger, Klärschlamm wird in der Landwirtschaft eingesetzt.

Auch das Wasser, das in der Produktion zur Vorbereitung der Rohstoffe oder als Kühlmittel gebraucht wird, werde nach der Nutzung im Sinne der Nachhaltigkeit in der betriebseigenen Abwasseraufbereitungsanlage "nach höchsten Standards" gereinigt, bevor es wieder "der Natur zugeführt" wird. So zeige das Unternehmen, wie Rohstoffe effizient und verantwortungsvoll genutzt werden. Die Ressourcen würden geschont, ohne die Qualität zu beeinträchtigen.

Nico Schröder, Produktionsleiter für Rohprodukte, führt gemeinsam mit seiner Kollegin Luzie Allert die sorgsam in Schutzkleidung gehüllten Sommertour-Gäste über das Werksgelände. Ein eigenes Kraftwerk liefert zuverlässig den benötigten Strom für die energieintensiven Produktionsprozesse.

"Die tierischen Nebenprodukte werden durch gezielten Einsatz von Wasser und Wärme aufgespalten, um Gelatine zu gewinnen", erklärt Schröder. In den Werkhallen erläutert er die Anlagentechnik und kompromisslosen Hygienestandards.

Die Gäste staunen über die hochmodernen und komplexen Produktionsprozesse, die notwendig sind, um aus den Rohstoffen Gelatine für Gummibärchen, Kapseln in unterschiedlicher Flexibilität und erstaunlich viele weitere Pharma-, Speise- und Gebrauchsprodukte bis hin zu Fetten für Biodiesel zu machen.

Auf ihrem Weg vorbei an den hier in drei Schichten arbeitenden Menschen und den Maschinen sehen sie, wie aus Rohwaren Gelatineblätter mit dem typischen Gelatine-Raster sowie Kollagenpeptide entstehen, die laut Gelita eine positive Wirkung auf Haut, Haar und Nägel haben.

Weil daran in den Laboren geforscht wird, geht es nach einer Mittagspause weiter zum Foodlabor. Dort erklären Dr. Johanna Schmidgall, Anna Kammerer und Jens Beisel anhand von Gummibärchen und Marschmallows die Einsatzmöglichkeiten von Gelatine. Hier dürfen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch selbst einmal bei der Herstellung der Süßigkeiten mitwirken.

Anschließend zeigen Heike Rodriguez, Martin Müller und Marina Bauer im Pharma-Labor, welche nützlichen Produkte aus dem Nebenprodukt für Gesundheit und Wohlbefinden entstehen. Mit speziellen pharmazeutischen Gelatinen können Hart- und Weichkapseln hergestellt werden, die die oft sehr empfindlichen Wirkstoffe schützen und deren Haltbarkeit ermöglichen.

Zudem werde durch die Gelatine bestimmt, wo und wann im Körper sich die Kapseln auflösen sollen, um die Wirkstoffe zum richtigen Zeitpunkt und an der richtigen Stelle – etwa im Magen oder erst im Darm – freizusetzen. Mittlerweile gibt es auch schon zuckerfreie Fruchtgummis, die zum Beispiel die richtige Menge an Vitaminen enthalten und so eine Alternative zur Medikamentenkapsel darstellen.

Die Besucherinnen und Besucher waren von dieser RNZ-Sommertour bei Gelita rundum begeistert und dem gesamten Team dankbar. Angesichts von so viel interessantem Input würden sie alle gern an einer weiteren Sommertour im nächsten Jahr teilnehmen.


Eberbach. Fast einen ganzen Arbeitstag waren die Teilnehmenden der RNZ-Sommertour bei der Gelita AG auf den Beinen. Von morgens früh um 9 Uhr bis nachmittags um 15.30 Uhr erfuhren sie enorm viel über die Möglichkeiten, Gelatine zu produzieren und zu verarbeiten. Am Ende waren sie "etwas erschlagen", aber "total begeistert".

"Bei der Werksführung haben wir an den Maschinen wenige Menschen gesehen, aber die, die daran gearbeitet haben, die waren alle freundlich", stellte Helmut Kaiser aus Eberbach fest.

Die anschaulichen Erklärungen der Forscherinnen und das große Interesse der Sommertour-Teilnehmenden machten miteinander viel Spaß. Foto: coe

"Hier spürt man, dass der Mensch im Vordergrund steht. Der Produktionsleiter Nico Schröder hat jede Frage ausführlich beantwortet. Dass er sich so viel Zeit für uns genommen hat und alles für Laien verständlich erklärt hat, das finde ich toll", ergänzt ihn seine Frau Roswitha Kaiser, die selbst als MTA (Medizinisch-Technische Assistentin) gearbeitet hat. "Er hat auch schnell Karriere gemacht. Mit 34 Jahren schon Produktionsleiter zu sein, das war zu unserer Zeit selten", so Helmut Kaiser, erfreut, dass die junge Generation durch den demographischen Wandel gute Karrierechancen hat.

"Ich bin von so viel Neuem überrascht worden, was ich gar nicht gedacht hätte", sagt Karin Wirlach aus Hirschhorn: "Auch in der Produktionsstätte, wo zum Beispiel Automaten die Säcke packen und heben und überhaupt vieles vom PC im Büro gesteuert wird, das hat mich beeindruckt."

"Keine Frage blieb unbeantwortet", lobt auch Anita Gärtner aus Hirschhorn. Wenn nach dem gemeinsamen Essen in der Werkskantine am Nachmittag mancher erst einmal gegen die Müdigkeit ankämpfen musste und Fragen hintenan stellte, gilt dies auch für die Forscherinnen und Forscher im Food- und Pharmalabor. Ihre Begeisterung für die langkettigen Proteine, die man gezielt zusammenfalten und wieder strecken kann, sprang genauso über wie am Morgen in der Produktion.

"Ich finde es faszinierend, an den Maschinen zu sehen, wie unterschiedlich lang die Kapseln brauchen, um sich aufzulösen. Jetzt kann ich mir besser vorstellen, wie sich die einen Wirkstoffe schon im Magen, die anderen im Darm auf den Weg zur Heilung machen", sagt Dieter Heidenreich aus Neckargerach.

Begeistert wirkten die Teilnehmerinnen auch selbst im Labor mit. So hatten Helene Neureuter aus Eberbach und Jutta Schnürlein aus Neckargemünd Spaß daran, Fruchtgummis und Marschmallows herzustellen, während die "Zuschauer" lästerten, dass sei ja "wie in einer Kochshow – alles schon ein bisschen vorbereitet". Lachend konterten sie schließlich in der Kaffee-Lounge einem Mitarbeiter, der angesichts der grauen Haare mancher Teilnehmer und der Bestrebungen mancher Politiker witzelte, ob sie jetzt die neuen Mitarbeiter seien. "Warum nicht", antwortete Ortfried Bracht aus Schönbrunn schmunzelnd, "die Stimmung hier stimmt".

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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