Eberbach: Wolfgang Court sammelt bergeweise Spenden für Bedürftige
Was man am Nötigsten zum Leben braucht, kann man im leer stehenden Dr.-Schmeißer-Stift finden. Dorthin hat Court seine Sammlung verlagert.

Kistenweise Kleidung in allen Größen, Schuhe, Spielzeug, alles, was man zum Leben braucht: Um Flüchtlingen und Bedürftigen zu helfen, hat Wolfgang Court (l.) im leer stehenden Dr.-Schmeißer-Stift den "Basar Eberbach" eingerichtet. Foto: Nolten-Casado
Von Barbara Nolten-Casado
Eberbach. Es ist eisig kalt im Dr.-Schmeißer-Stift. Essensduft weht dem Besucher entgegen, wenn er durch eine Seitentür den ehemaligen Pflegetrakt des leer stehenden Altersheims betritt. Die Küche ist noch in Betrieb. Dort wird das Essen für das neue Pflegeheim "Lebensrad" zubereitet. Seit kurzem erfüllt das Gebäude noch einen weiteren Zweck: Der Eberbacher Wolfgang Court hat hier ein Lager mit Kleidung, Möbeln und vielem mehr eingerichtet, aus dem sich Flüchtlinge, Asylbewerber und bedürftige Einheimische nach Terminvereinbarung kostenlos mit allerlei Nützlichem versorgen können.
Stimmen sind zu hören: arabische, englische, deutsche Worte werden gewechselt. Wo einst ein Dreibettzimmer pflegebedürftigen Menschen ein letztes Zuhause bot, ist jetzt ein Ehepaar aus Syrien dabei, sich aus Gemüsekisten und von Garderobeständern Kleidung für sich und die beiden Kinder auszusuchen.
Eingeteilt in Damen und Herren, per rosa oder blaue Etiketten nach Größen sortiert, finden sich hier Mengen gut erhaltener und zum Teil nagelneuer Kleidungsstücke. "Das Sortiment reicht vom BH bis zur Winterjacke, von Wollsocken bis zum Herrenanzug", sagt Court, der mit Hilfe des englischsprechenden Syrers Tarek Maktabi den Besuchern hilft, das Passende zu finden.
Gut bestückte Schuhregale reihen sich an den Wänden im Gang, bergeweise Handtaschen, Rucksäcke, Koffer finden sich in einem weiteren Raum. Es folgen Abteilungen für Kinder- und Babykleidung, Spielsachen, Geschirr... Eine Hotelbesitzerin hat Bettzeug gebracht und dabei auch gleich ihren Kleintransporter zur kostenlosen Nutzung angeboten. In der Kinderkrippe Spatzennest hat Leiterin Julia Jakob per Elternbrief Kindersachen für den Basar gesammelt. In den Wandschränken stapeln sich Handtücher, Tischdecken oder Bettwäsche. Und wo früher der Aufenthaltsraum der Senioren war, warten jetzt Küchengeräte, Polstergarnituren und ganze Schrankwände auf neue Besitzer.
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"Möbel brauchen wir zurzeit besonders dringend", sagt Court. Denn nach und nach erhielten die syrischen Familien ihre Aufenthaltsgenehmigungen und könnten nun eigene Wohnungen beziehen, die es zu möblieren gelte.
Angefangen hat alles am 27. November, als Court durch Zufall eine Flüchtlingsfamilie aus dem Lindacher "Schiff" kennenlernte. Man lud ihn ein, im Nu war er im ganzen Haus bekannt. Court sammelte Spenden, um den Menschen eine Weihnachtsfreude zu bereiten. Er bemühte sich um Kleidung oder Haushaltsgeräte, um denen, die vor Krieg und Armut geflohen waren, das Leben ein klein wenig angenehmer zu gestalten.
Schnell sprachen sich die Aktionen des pensionierten Elektroingenieurs herum. Menschen aus Eberbach und Umgebung boten ihre Gaben an. "Anfangs habe ich die Sachen zu Hause gelagert: im Flur, im Keller, im Büro", berichtet Court. Dann bat ihn seine Frau "freundlich aber bestimmt", eine andere Lösung zu suchen. "Da kam mir die Idee mit dem Schmeißer-Stift", sagt Court. Er rief Lebensrad-Leiterin Doris Popp an, diese besprach die Sache mit dem Vorstand der Stiftung Altersheim und der gab grünes Licht.
Zehn Räume sind mittlerweile im Erdgeschoss belegt - mit allem, was man so zum Leben braucht. Inzwischen werde er auch zu Haushaltsauflösungen gerufen, so Court. Dann geht er hin, klebt rote Punkte auf Brauchbares. Wenig später fährt er mit einem angemieteten oder zuweilen auch kostenlos zur Verfügung gestellten LKW vor und lädt auf. Ein paar syrische Familienväter helfen beim Abmontieren und Transport. Heike Bode hilft beim Auszeichnen von Kleiderspenden. Ist alles zur Ausgabe bereit, begleiten Court und seine Helfer die Familien durch die Räume. Jede Familie bekommt eine Stunde Zeit, um sich ganz in Ruhe im "Basar Eberbach" umzuschauen. "Und", so Court, "Sammlung und Ausgabe sind nicht als einmalige Aktion gedacht, sondern sollen kontinuierlich und nachhaltig erfolgen."
Das syrische Ehepaar hat sich inzwischen etliche Kartons und Tüten aus dem Fundus zusammengestellt. Wolfgang Court wird sie ihm am Nachmittag mit seinem Auto nach Hause, in die Flüchtlingsunterkunft, bringen.
Warum er das alles tut? "Es ist meine Grundeinstellung", sagt Court, "denen zu helfen, die Hilfe brauchen - ohne viel zu reden." Doch das Strahlen auf seinem Gesicht lässt ahnen, dass ihn seine neue ehrenamtliche Aufgabe auch selbst ein Stück weit glücklich macht.
Info: Neben Eberbacher Flüchtlingsfamilien steht der "Basar Eberbach" auch bedürftigen Einheimischen zur Verfügung. Terminvereinbarung unter der 06271 / 67 02.



