Hilfe für Flüchtlinge in Eberbach: Von der Spendenwelle überrollt
Eine Sammelaktion musste gestern sogar vorzeitig abgebrochen werden - Nun gibt es einen Berg von Sachen zu sortieren

Eberbach. Um 10 Uhr am Montag sollten sich die Pforten des Katholischen Pfarrheims öffnen für die fünftägige Sammelaktion der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden zugunsten in Eberbach lebender Flüchtlinge und Asylbewerber. Als Diakon Joachim Szendzielorz gegen 9.50 Uhr eintraf, standen bereits etliche mit Tüten und Kartons bepackte Menschen Schlange, um ihren Anteil an der Aktion zu leisten. "Die Spendenbereitschaft ist riesengroß", haben der katholische Diakon und die evangelische Pfarrerin Anja Kaltenbacher festgestellt. So groß, dass am Dienstagmittag der Anruf der beiden Initiatoren bei unserer Zeitung einging: "Wir müssen die Sammlung schon heute vorzeitig beenden. Die beiden zur Verfügung stehenden Räume sind restlos überfüllt, wir können keine weiteren Waren mehr annehmen." Man habe erwartet, "dass die Leute tröpfchenweise mit ihren Spenden kommen würden", sagt Szendzielorz. Doch dann kamen fünf, sechs gleichzeitig, sodass den ehrenamtlichen Helferinnen aus den Kirchengemeinden kaum Zeit blieb, die vielen Kleider und Schuhe, Handtücher, Bettwäsche, Spielsachen oder Haushaltsutensilien auch nur annähernd zu sortieren.
Rund 200 Menschen hatten bis Dienstagmittag mit ihren Gaben den Weg ins Pfarrheim gefunden. Sogar aus Waldbrunn seien einige gekommen, berichten Helene Weber und Hildegard Woldrich, während sie geschäftig auspacken. Dabei sind die Motive der Spendenfreudigkeit durchaus unterschiedlicher Natur. Maria Hauptmann hat Kleidung und Geschirr gebracht, "weil es zu viel ist im Haus". Hermann Hold hat warme Winteranoraks im Gepäck, "weil man solche Leute ja unterstützen sollte". Zwei Frauen bereichern den Spendenberg mit Bettwäsche und neuwertigen Kleidungsstücken, "weil ich's nimmer anziehen kann. Und mein Mann ist gestorben - was soll ich mit den vielen Hosen?" Eine junge Mutter bringt Kinderkleider und -schuhe: "Die Kinder sind rausgewachsen, und bevor ich die Sachen auf dem Flohmarkt verkaufe, gebe ich sie lieber hierher." Auch Babysachen finden sich in den Kartons. "Und sechs Fahrräder sind gekommen", sagt Helene Weber.
Warum sind solche Spendenaktionen nötig? Werden die Flüchtlinge nicht vom Landkreis mit allem Lebensnotwendigen versorgt, wollen wir wissen. "Sie erhalten eine Grundausstattung", berichtet Diakon Szendzielorz. "Aber oft fehlen den Menschen bestimmte Sachen". "Sie erhalten zum Beispiel nur einen Satz Bettwäsche", weiß Pfarrerin Kaltenbacher. "Wenn die in der Wäsche ist, muss man eben ohne schlafen." Auch Schuhe, Anoraks und Kinderspielzeug seien heiß begehrt. "Die Leute bekommen zwar Kleidergeld. Aber wenn man schaut, was ein paar gute Schuhe oder eine warme Jacke kosten, dann ist das schnell aufgebraucht."
Am heutigen Mittwoch bleibt das Pfarrheim bereits für weitere Spender geschlossen. "Wir sind überaus dankbar für die große Hilfsbereitschaft", sagt Anja Kaltenbacher. Doch brauche man die nächsten Tage dringend, um die eingegangenen Dinge zu sortieren und für die Ausgabe in der kommenden Woche vorzubereiten. Über den zuständigen Sozialarbeiter werde die "Zielgruppe" entsprechend informiert. Ein Euro Eintrittsgeld pro Person soll der Warenausgabe einen gewissen Stellenwert verleihen. Und man werde darauf achten, dass nur für den eigenen Bedarf mitgenommen wird, sagt der Diakon. "Was jemand mit zwei Händen tragen kann, darf er mitnehmen." Die nächste ökumenische Sammelaktion ist im Herbst geplant.



