In Sigmaringen brachte die Teilprivatisierung eine Trendwende
In der Diskussion um die Zukunft der Neckar-Odenwald-Kliniken wurde zuletzt das Beispiel Sigmaringen ins Spiel gebracht - Die RNZ hat nachgefragt

Könnte eine Teilprivatisierung den Neckar-Odenwald-Kliniken eine Trendwende bringen? Foto: R. Busch
Von Alexander Rechner
Sigmaringen/Neckar-Odenwald-Kreis. Die finanzielle Schieflage der Neckar-Odenwald-Kliniken bewegt die Gemüter im Landkreis. Welche Medizin soll den Krankenhäusern verschrieben werden? Die Klinik-Verantwortlichen präsentierten einen Struktur- und Maßnahmenplan, der helfen soll, die Krankenhäuser in Mosbach und Buchen auf ein tragbares finanzielles Fundament zu stellen. Zuletzt jedoch plädierte Mosbachs Oberbürgermeister Michael Jann im RNZ-Interview dafür, einen strategischen Partner (sprich privaten Krankenhausträger) ins Boot zu holen. OB Jann bezog sich dabei auf den Landkreis Sigmaringen. Dort stieg im Jahr 2014 die Heidelberger SRH-Stiftung bei den damaligen Kreiskliniken Sigmaringen ein. Die RNZ hat sich bei Melanie Zeitler-Dauner, Geschäftsführerin der SRH-Kliniken-Landkreis-Sigmaringen GmbH und MVZ-Tochtergesellschaften, sowie Pressesprecher Tobias Kolbeck vom Landratsamt Sigmaringen, nach Hintergründen und Entwicklungen erkundigt.

Warum entschied sich der Landkreis Sigmaringen, Anteile an der Klinik an Private zu kaufen? Inwieweit ist der Kreis noch an den Kliniken beteiligt?
Kolbeck: Seit dem Einstieg der privaten Stiftung Rehabilitation Heidelberg (SRH) im Jahre 2014 trägt die SRH 51 Prozent der Anteile, der Landkreis hält gut 36 Prozent und der Spitalfond Pfullendorf knapp 13 %. Angesichts der rasanten Entwicklungen im Medizinbereich und großen Investitionsaufgaben war es uns wichtig, einen professionellen und erfahrenen Partner ins Boot zu holen. Die SRH-Kliniken-Landkreis-Sigmaringen GmbH investiert nun aus eigenen Mitteln rund 98 Millionen Euro in die Erweiterung und die Sanierung des Standortes Sigmaringen. Auch an den Klinikstandorten in Bad Saulgau und Pfullendorf wurde und wird investiert.
Gab es damals auch Widerstände gegen diese Beteiligung?
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Kolbeck: Nein.
Welches Mitspracherecht hat der Landkreis? Muss der Landkreis eventuelle Verluste aufgrund des Versorgungsauftrags tragen?
Kolbeck: Der Landkreis ist Minderheitsgesellschafter, das operative Geschäft liegt in den Händen der SRH. Im Aufsichtsrat der Kliniken wird der Landkreis durch die Landrätin und über gewählte Vertreter des Kreistags an den Entscheidungen beteiligt. In den vergangenen Jahren war ein Verlustausgleich durch die Gesellschafter nicht erforderlich.

Wie zufrieden ist der Landkreis mit diesem Modell? Ist damit auch den Beschäftigten und den Menschen in ihrem Landkreis gedient?
Kolbeck: Als Landkreis sind wir froh, die SRH als starken und kompetenten Partner mit an Bord zu haben. In den letzten Jahren konnten wir die medizinische Versorgung ausbauen und neue Patienten hinzu gewinnen. Dass die Kliniken nun fast 100 Millionen Euro in den Um- und Neubau der Klinik in Sigmaringen investieren, zeigt, dass die Partnerschaft Früchte trägt, und wir uns für die Zukunft rüsten.
Wie entwickelten sich die wirtschaftlichen Ergebnisse in den vergangenen Jahren?
Zeitler-Dauner: Wir hatten für die Krankenhäuser im Landkreis im Jahr 2013 vor der Betriebsübernahme durch die SRH ein Minus von 3,4 Millionen Euro. Im Jahr 2018 lag das Betriebsergebnis mit 802.000 Euro im Plus und hatte sich um 7,9 Prozent gegenüber 2017 gesteigert. Unter dem Blickwinkel der geänderten Rahmenbedingungen auf dem Gesundheitsmarkt war unsere wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren bis jetzt immer noch positiv. Es wird jedoch zunehmend schwieriger, und das spüren auch wir.
Hintergrund
Bei den Kliniken Sigmaringen sorgt die Teilprivatisierung für positive Zahlen. Es gibt in Baden-Württemberg aber auch Einrichtungen mit ähnlicher Gesellschafterstruktur, bei denen das Jahresergebnis negativ ist. Das Kreiskrankenhaus Bergstraße, bei dem der Kreis nur noch zehn
Bei den Kliniken Sigmaringen sorgt die Teilprivatisierung für positive Zahlen. Es gibt in Baden-Württemberg aber auch Einrichtungen mit ähnlicher Gesellschafterstruktur, bei denen das Jahresergebnis negativ ist. Das Kreiskrankenhaus Bergstraße, bei dem der Kreis nur noch zehn Prozent hält, weist im Jahresergebnis ein Minus von 1,6 Mio. aus.
Auch bei den zu 100 Prozent in Kreisträgerschaft betriebenen Krankenhäusern gibt es große Unterschiede: Bei den Rems-Murr-Kliniken musste 2018 ein Negativergebnis von rund 18 Mio. Euro ausgeglichen werden, während etwa die Kliniken des Landkreises Lörrach tatsächlich noch schwarze Zahlen schreiben. In der Nachbarschaft sah es zuletzt indes ähnlich aus wie an den Neckar-Odenwald-Kliniken: Die GRN-Kliniken (100 % beim Rhein-Neckar-Kreis) wiesen für 2018 ein Minus von fast 6,3 Mio. Euro aus. (schat)
Wie konnte man diese Trendwende an den Kliniken erreichen?
Zeitler-Dauner: Wir haben vor allem mit einer konsequenten Umsetzung unserer Medizinkonzeption für unsere drei Krankenhausstandorte mit jeweils eigener Schwerpunktbildung profitiert und von den Synergieeffekten innerhalb der SRH, unserem Hauptgesellschafter. Diese beiden Faktoren ermöglichten uns die Trendwende.
Wie sieht denn die Medizinkonzeption aus?
Zeitler-Dauner: Jeder unserer drei Krankenhausstandorte hat ein eigenes medizinisches Kernprofil, welches wir konsequent weiterentwickelt haben und weiterentwickeln. So zeichnet sich der Standort Sigmaringen unter anderem durch etablierte zertifizierte Zentren aus, zum Beispiel das Brustzentrum, Darmzentrum und das Uroonkologische Zentrum. Am Standort Pfullendorf etablieren wir eine Altersmedizin.



