"Wir sind bestürzt" - Narren in der Pandemie
Narrenring-Präsident Stefan Schulz gibt einen Einblick in die närrische Seele an diesem besonderen 11.11.

Buchen. Seit 2009 bekleidet Stefan Schulz das Amt des Präsidenten des Narrenrings Main-Neckar. Im Interview mit RNZ-Volontärin Jana Schnetz erklärt er, welche Auswirkungen Corona auf die Fastnachtsvereine und -gesellschaften der Region hat – und was die Fastnacht für ihn persönlich bedeutet.
Wie finden sie es, dass die Fastnacht in dieser Kampagne nicht so stattfinden kann, wie wir sie kennen?
Rational gedacht, gibt es zurzeit keine andere Lösung. Da muss man einfach realistisch sein. Das Gefühl, dass es in einem auslöst, keine Fastnacht feiern zu dürfen steht wieder auf einem anderen Blatt Papier. Das ist nicht zu beschreiben.
Was bedeutet Ihnen persönlich die Fastnacht?
Die Fastnacht hat in meinem Leben einen sehr hohen Stellenwert. Es ist vor allem das Brauchtum, das mich reizt und das es zu bewahren gilt. Das Brauchtum ist in vielen Ortschaften übrigens älter als gedacht. Die Fastnacht hat mir aber auch sehr viele Bekanntschaften und enge Freundschaften in ganz Deutschland ermöglicht, von denen ich keine missen möchte und für die ich sehr dankbar bin. Das Beste, was mir passiert ist, ist meine Frau, die ich an Fastnacht kennengelernt habe, und meine drei Kinder, die aus der Ehe hervorgegangen sind. Sie sehen also, dass der Stellenwert der Fastnacht in meinem Leben sehr hoch ist.
Auch interessant
Welche Auswirkungen hat Corona bei Fastnachtsfreunden hinterlassen?
Es löst definitiv Bestürzung aus. Einfach aus dem Grund, weil man sich nicht treffen und gemeinsam das Brauchtum erleben kann. Zu einem gesunden Leben gehört auch die Freude dazu und die kann die Fastnacht erbringen. Es ist auch schwierig die vielen Kontakte nur "online" zu pflegen. Wir müssen aber alle durch diese schwere Zeit gehen und hoffen, dass wir gesund und gestärkt aus dieser Geschichte hervorkommen.

Wie groß ist der Schaden für die Vereine in finanzieller Hinsicht?
Der Schaden dürfte enorm sein. Es geht aber auch hier vielerorts eher um den Erhalt des Brauchtums, als darum Gewinn zu erwirtschaften. Man muss aber auch anerkennen, was an den Fastnachtsveranstaltungen mit dranhängt. Wenn ich alleine an Caterer oder an Licht und Tontechniker denke, da können einem alles in allem schon die Tränen kommen.
Sind Sie denn der Meinung, dass eine Absage unbedingt nötig war oder hätte man Prunksitzungen mit der Abstandsregelung feiern können?
Wenn wir die momentanen Fallzahlen anschauen, sicherlich nicht. Die Gesundheit hat Vorrang. Wenn wir mal ehrlich sind, dann macht eine Prunksitzung mit je 1,50 Meter Sitzabstand auch keinen Spaß. Und bei den Umzügen ist auch sehr viel körperliche Nähe im Spiel. Ich denke, die meisten können es nachvollziehen. Ich selbst wollte momentan auch keine Verantwortung für eine Großveranstaltung übernehmen.
Haben sie je erlebt, dass Fastnacht ausgefallen ist?
Doch, als junger Bub zur Zeit des Golfkrieges. Aber das Schlimmste, was einem da passieren konnte war, dass man den Cowboy-Revolver nicht benutzen und keine Gutsel erhaschen konnte.



