Kampagne abgesagt - Garde trainiert weiter
Karnevalsgesellschaft Blau-Weiß Wiesloch sagt ihre komplette Fastnachtskampagne ab - Keine finanziellen Verluste zu erwarten - Garde trainiert weiter

Von Sophia Stoye
Wiesloch. Mit der Karnevalsgesellschaft (KG) Blau-Weiß Wiesloch sagt nun ein weiterer Fastnachtsverein der Region die Kampagne 2020/2021 endgültig ab. Präsident und Vorstandsvorsitzender Stefan Wolter spricht im RNZ-Interview über die Folgen der Absage für den Verein.
Herr Wolter, was waren am Ende die ausschlaggebenden Gründe, dass Sie sich dazu entschieden haben, die komplette Fastnachtskampagne abzusagen?

Der Vorstand hat Ende Juni, Anfang Juli beschlossen, dass wir erst einmal abwarten, nicht der Empfehlung der Vereinigung Badisch-Pfälzischer Karnevalsvereine folgen und uns als Deadline den 30. September setzen, weil man ja auch eine gewisse Planungssicherheit braucht. Jetzt durch die steigenden Infektionszahlen haben wir gesagt, wir können unter diesen Voraussetzungen für uns Karneval nicht so gestalten, wie es in der Vergangenheit war und sagen es lieber ab. Die Gesundheitsprävention geht einfach vor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen aktuell Lust haben, voll besetzte Säle zu besuchen, zu schunkeln und zu tanzen – und dann vielleicht auch noch mit Maske.
Welche Ihrer Veranstaltungen sind davon betroffen?
Wir haben die Karnevalseröffnung abgesagt, die traditionell in der Mensa des Ottheinrich-Gymnasiums am Samstag nach dem 11.11. stattgefunden hätte. Betroffen ist auch unsere Prunksitzung, die Ende Januar gewesen wäre, und wir haben den Rathaussturm und Kinderfasching abgesagt. Nachdem ich im August im Palatin nachgefragt habe, wie denn aktuell die Planung der Prunksitzung stattfinden könnte, hat man mir gesagt, unter Einhaltung der Hygienevorschriften würden 130 Personen in den Saal passen – wir haben normalerweise 400 Gäste. Das heißt, ich hätte den Eintrittspreis verdreifachen müssen. In der Mensa haben wir normalerweise etwa 200 Personen, nach den aktuellen Regeln hätten wir dort wahrscheinlich nur 50 Personen unterbringen können, das ist einfach nicht machbar.
Machen Sie mit der Absage der Karnevalskampagne 2020/21 auch finanzielle Verluste?
Die KG Blau-Weiß hat da das Glück, dass zum Beispiel unsere Trainerinnen alle ehrenamtlich tätig sind und daher keine Vergütung bekommen. Außerdem finanzieren wir uns hauptsächlich durch Mitgliederbeiträge, Spenden des Ehrensenats und der Teilnahme bei "Wein und Markt". Wir legen ja eigentlich bei der Prunksitzung immer Geld drauf. Uns fehlen zwar die Einnahmen von "Wein und Markt", das tut auch ein bisschen weh, weil wir die Garden damit finanziell unterstützen. Wenn aber keine Kampagne stattfindet, können wir uns auch einiges an Ausgaben sparen. Verträge für die Kampagne 2020/2021 hatten wir vorsorglich noch keine geschlossen und die Künstler nun auf die nächste Kampagne vertröstet. Wir konnten auch in der Vergangenheit Rücklagen bilden, dass uns der Ausfall einer Kampagne nun nicht so hart trifft.
Haben Sie trotzdem ein Alternativ-Programm geplant?
Die Garden trainieren ja seit Ostern in 20er Gruppen weiter, deswegen haben wir geplant, wenn es die Corona-Verordnung zulässt, dass wir den Garden die Möglichkeit geben wollen, sich in kleineren Gruppen die Tänze gegenseitig oder über einen Livestream vorzuführen. Wir planen schon etwas, damit das Training nicht umsonst war. Das hängt allerdings davon ab, wie sich jetzt alles entwickelt. Vielleicht kann man die ein oder andere kleinere Aktion in der Faschingszeit kurzfristig planen.
Ihr Verein lebt ja eigentlich von dieser "fünften Jahreszeit". Wie ist jetzt die Stimmung, wenn die ganze Vereinsarbeit eigentlich auf dieses Ereignis ausgerichtet ist und darauf trainiert wird?
Also unsere Tänzer haben es eigentlich schon verstanden. Wir haben sie ja auch nach dem 30. September direkt darüber informiert, dass wir die Kampagne absagen. Sie haben es auch schon gewusst, seitdem sie das Training aufgenommen haben, dass sie wahrscheinlich schon für die Kampagne 2021/22 trainieren. Aber es macht viel aus, dass man trotzdem trainiert und sich gemeinsam trifft. Der Zusammenhalt in unserem Verein ist einfach toll, wir hatten keine Austritte aus dem Verein aufgrund der Pandemie, keine negative Resonanz – auch wenn es natürlich schade ist, dass die Kampagne ausfällt.
Was war denn bisher für Sie ein Highlight, das Ihnen besonders fehlen wird?
Ich bin ehrlich gesagt froh, dass unser Jubiläum schon in der vorletzten Kampagne 2018/19 war und wir es feiern konnten. Es wäre schade, wenn wir dieses Jahr tatsächlich ein Jubiläum hätten ausfallen lassen müssen. Mir persönlich werden die ganzen Termine fehlen. Wiesloch gehört ja zum Kurpfälzer Narrenring: Wir sind 16 Vereine aus der Region, die freundschaftlich zusammengeschlossen sind. Da besucht man sich traditionell an den Ordensfesten. Dass der Planungsstress von den eigenen Veranstaltungen ausfällt, ist verkraftbar, aber der Kontakt zu den anderen Vereinen wird mir schon fehlen.
Glauben Sie, dass bei der nächsten stattfindenden Kampagne die Besucherinnen und Besucher erst einmal von der großen Menschenmenge abgeschreckt sind?
Das Problem ist tatsächlich, dass Corona seinen Ausgangspunkt in Deutschland auf einer Faschingssitzung hatte. Trotzdem kann ich nicht sagen, ob es die Menschen abschrecken wird. Aber ich glaube, sobald man mal das Coronavirus wie das Grippevirus in den Griff bekommen hat, ist das Karneval Feiern auch wieder möglich. Da muss man positiv in die Zukunft schauen. Wir hoffen natürlich, dass uns die Wieslocher – die die Fastnacht in der Vergangenheit unterstützt haben – treu bleiben und auch wieder später zu unseren Veranstaltungen kommen und uns besuchen werden. Das ist ganz wichtig.
Info: Die Garden und Tanzgruppen der KG Blau-Weiß trainieren unter Einhaltung der Hygienevorschriften weiter. Ab sofort können nach Absprache mit den Trainerinnen bei der Löwengarde – ab 6 Jahre – auch wieder Probetrainings durchgeführt werden.



