Waldhausener Unternehmer holte 200.000 Schutzmasken aus China
Volker Egenberger ist engagiert - Behörden konnten dies nicht leisten

Buchen-Waldhausen. (mb) Eigentlich leitet Volker Egenberger in Waldhausen ein IT-Dienstleistungsunternehmen mit 24 Mitarbeitern. Seit gut drei Wochen allerdings beschafft er für Landkreise und Pflegedienste medizinische Schutzmasken aus China – und das weitgehend ehrenamtlich. Es begann vor rund zwei Wochen mit einer Lieferung von 41.000 Masken. Am Mittwoch kamen weitere 150.000 Masken aus China im Neckar-Odenwald-Kreis an. Derzeit arbeitet Volker Egenberger aus Waldhausen an einer Lieferung von weiteren 200.000 Masken.
"Ich hätte nie gedacht, dass jemand in diesem großen Maß hilft", sagt Landrat Dr. Achim Brötel. Volker Egenberger bringt nach eigenen Angaben zurzeit die Hälfte seiner Arbeitszeit dafür auf, medizinische Schutzmasken aus China zu besorgen, und das weitgehend ehrenamtlich. Inzwischen ist der Landkreis, wie Brötel sich ausdrückt, "ordentlich ausgestattet". Doch damals, am 22. März, als Egenberger sich bei ihm meldete, "waren wir weitgehend blank".
Den Landrat erreichten viele verzweifelte Mails von Rettungs- und Pflegediensten. Land und Bund hatten Probleme damit, Masken den Kommunen, Ärzten und Hilfsdiensten zur Verfügung zu stellen. "Wir brauchen im Landkreis hunderttausende von Masken", stellt Brötel fest. Denn die Masken lassen sich nicht waschen und müssen deshalb regelmäßig durch neue ersetzt werden. Der Handlungsdruck sei sehr groß gewesen.
"Ich habe spontan beschlossen, das Risiko einzugehen", erinnert sich Brötel: Denn der Lieferant in China verlangte Vorkasse. Wäre die Lieferung nicht wie zugesagt eingetroffen, wäre das Geld weg gewesen. "Es sind zurzeit in diesem Bereich viele Glücksritter unterwegs", sagt der Landrat. Viele Angebote seien nicht seriös. Die Qualität der Masken stimme nicht immer. Man hört von gefälschten Zertifikaten oder davon, dass gelieferte Kartons statt der bestellten Ware Papierschnipsel enthielten. Brötel vertraute auf Egenberger, den er schon seit Jahrzehnten kennt, und auf dessen persönliche Kontakte in China.
Der Kontaktmann in China schickte Videofilme aus der Produktion des Unternehmens, das die Masken herstellte. Das trug zur Glaubwürdigkeit seiner Angaben bei.
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Volker Egenberger ist mit seinem Unternehmen regional tätig und hat selbst eigentlich keine Kontakte ins Reich der Mitte. Ein befreundeter IT-Unternehmer aus Dortmund hatte ihm angeboten, für Egenbergers Firma Masken zu besorgen. Denn der Dortmunder verfügt über einen Mitarbeiter in China, der dort Software verkauft. Diesem wiederum bot eine chinesische Firma Schutzausrüstung an. Und so kam der Stein ins Rollen.
Doch Masken in China zu besorgen, ist das Eine. Man muss sie auch nach Deutschland bringen. Der ursprüngliche Lieferant wollte die Ware von Shanghai aus ausfliegen. Dort waren allerdings die Luftfrachtkapazitäten erschöpft. Über Mazlum Oktay, Geschäftsführer des Pflegedienstes "Hand in Hand", nahm Egenberger Kontakt zu einem hiesigen Unternehmer mit Erfahrung im China-Geschäft auf. Dieser kannte sich nicht nur im Import von Waren aus Fernost aus, sondern fand einen zuverlässigen Lieferanten, der die Masken günstiger liefern konnte. Allerdings musste man eine Mindestmenge abnehmen.
Egenberger wandte sich daraufhin wieder an Achim Brötel – immer noch an jenem Sonntag, den 22. März. Als Sprecher der nordbadischen Landräte schrieb Brötel seine Kollegen im Regierungsbezirk Karlsruhe an. Zwei meldeten sich: die Landräte vom Enzkreis und vom Landkreis Freudenstadt. Diese erhielten insgesamt 30.000 der später gelieferten 40.000 Masken.
Von Shenzhen über Sibirien trafen nach gut einer Woche die Masken am Flughafen Frankfurt ein. Dort lagen sie zwei Tage lang beim Zoll. "Das ist für mich ein Unding", sagte Brötel. "Das sind dringend benötigte Hilfsgüter!" Der Landrat schaltete die hiesigen Bundestagsabgeordneten ein, die beim Bundesfinanzministerium Druck machten. Und so kamen 40 Kartons à 1000 Masken im Landkreis an. Innerhalb von zehn Tagen gelang Volker Egenberger und seinen Unterstützern das, was die Behörden von Bund und Land nicht geschafft hatten. "Ich habe es bis zum letzten Moment nicht geglaubt, dass wir das hinbekommen", sagt Mazlum Oktay. "Denn viele Firmen in der Region mit Beziehungen nach China haben das nicht geschafft." Die medizinischen Gesichtsmasken erhielten die Landkreise zu einem Bruttopreis von rund drei Euro.
Doch weil inzwischen auch Passagierflugzeuge für die Fracht eingesetzt werden und diese von Hand beladen werden müssen, sind die Transportkosten stark gestiegen, so dass der Preis für künftige Lieferungen höher ausfallen wird.
Nach den beiden erfolgreichen Lieferungen stand für Volker Egenberger außer Frage, weiterhin zu helfen. Er tut es auch für seinen Vater, der über 80 Jahre alt und damit zur Risikogruppe zählt. "Doch wenn etwas schiefgeht, ist das Geld weg. Und ich bin der Blöde", sagt er.



