Konversion Hardheim/Walldürn: "Hängen gerade etwas in der Schwebe"

Interview mit Verbandsvorsitzendem Markus Günther zum Thema "Konversion" - Pläne für Bundeswehrliegenschaften verzögern sich

30.11.2016 UPDATE: 01.12.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden

Wie geht es weiter mit den Bundeswehrliegenschaften? Verbandsvorsitzender Markus Günther steht der RNZ im Interview Rede und Antwort. Fotos: Rüdiger Busch

Von Janek Mayer

Walldürn/Hardheim. "Zapfenstreich" hieß es in den vergangenen Jahren viel zu häufig. 2004 und noch einmal 2011 wurde bekannt, dass sich die Bundeswehr fast überall in Deutschland aus zahlreichen Standorten zurückzieht - darunter auch Hardheim, Külsheim und Tauberbischofsheim. Die Nibelungenkaserne mit ihrem Logistikbataillon 461 blieb zwar verschont, aber das Altheimer Munitionsdepot muss ebenso schließen wie das Materiallager Wurmberg. Doch was tun mit den freien Flächen? Die RNZ hat Bürgermeister Markus Günther in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeindeverwaltungsverbands Hardheim-Walldürn zum Thema "Konversion" befragt.

Herr Günther, welche Standorte im GVV sind betroffen?

Das ist zum einen die Carl-Schurz-Kaserne. Die Schließung ist für das zweite Quartal 2017 vorgesehen - ebenso das Munitionsdepot in Altheim. Das Materiallager Wurmberg soll zum zweiten Quartal 2019 schließen. Es gibt allerdings Spekulationen, dass die Pläne nun in eine andere Richtung gehen. Konkrete Aussagen gibt es hoffentlich bis Ende 2016.

Was bedeutet die Aufgabe dieser Standorte für die Region?

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Der Verlust von über 1200 Soldaten (zu Hochzeiten, Anm. d. Red.) ist natürlich eine enorme wirtschaftliche Belastung. Die Infrastruktur mit Kindergärten, Schulen und Krankenhaus - gerade in Hardheim - ist auf die Soldaten ausgelegt. Da kann sogar der Wohnungsmarkt zusammenbrechen. Auch das Gewerbe wird diesen Verlust spüren. Die Schließung schmerzt.

Ergeben sich aus den Schließungen auch Chancen für die Region?

Die großen Ballungszentren wollen ihre militärischen Anlagen loswerden. Dort ist der Flächenbedarf viel höher als im ländlichen Raum. Für uns ist der Rückzug der Bundeswehr eine große Herausforderung. Aber wir dürfen nicht nur jammern. Wenn die Entscheidung getroffen ist, muss man das Beste daraus machen. Mit dem Konversionsentwicklungskonzept (KEK) sind wir auf einem guten Weg - Hardheim und Walldürn ziehen gemeinsam an einem Strang.

Warum sieht das Entwicklungskonzept eigentlich kaum Industrie- und Gewerbeansiedlungen vor?

Wir haben uns bewusst für ein ganzheitliches Konzept entschieden. Wir wollen die großen Flächen nicht für Einzelgewerbe zerstückeln. Denn sollte dann doch ein großes Konzept realisierbar werden, müssten diese kleineren Pachtverträge aufgekündigt werden. Außerdem haben wir auch in unserem Verbandsindustriepark (VIP) noch 30 Hektar verfügbar. Da gibt es aber keine Konkurrenzsituation.

Was sieht das KEK für die Carl-Schurz-Kaserne vor?

Die Pläne des IfaS-Instituts sehen vor, dass sich potenzielle ausländische Studenten dort auf ein Studium in Deutschland vorbereiten. Baden-Württemberg als "Spitzenland" ist geradezu prädestiniert dafür, ausländische Studenten heranzuziehen. Ein ähnliches Konzept funktioniert bereits am Standort Aalen. Es gibt da ein Riesenpotenzial: Ausländer bezahlen gutes Geld für Bildung.

Gibt es ähnliche Ideen für das Altheimer Munitionsdepot?

In Altheim sind die Nutzungsänderungen gänzlich anders - das Depot liegt im Wald, es sind wenig Gebäude auf einem großen Gelände. Statt einem riesigen Hochschulstandort macht hier eine kleinere Außenstelle mit Erprobungsmöglichkeiten mehr Sinn. Zum Beispiel könnte ein Windkraftanlage dort als "Anschauungsmaterial" für die Studenten dienen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem "Outdoor"-Gedanken - eine Erlebniswelt für Familien mit Outdoor-Sportarten, virtueller Schießbahn und Themenspielplätzen. Man braucht ein Alleinstellungsmerkmal. Wir haben touristisch gesehen einen Riesennachholbedarf im Familienbereich. Mit unseren Museen und Wanderwegen locken wir bisher vor allem die "Best-Agers" - für Familien gibt es noch zu wenig.

Wie ist der aktuelle Stand dieser Planungen?

Vertraglich möchten wir uns an das IfaS-Institut binden. Für unsere Konversionspläne hängen wir aber gerade etwas in der Schwebe. Es setzt ein Umdenken ein: "Wir brauchen doch Kasernen", heißt es nun. Aber die sicherheitspolitischen Erwägungen sind unbekannt. Rein betriebswirtschaftlich ist es zum Beispiel nicht nachvollziehbar, die Carl-Schurz-Kaserne aufzugeben. In der Öffentlichkeit ist jedoch noch nichts. Deshalb verzögert sich auch unsere Planung. Die Starterteams werden erst gebildet, wenn die Projektförderung gesichert ist. Sobald wir konkrete Informationen haben, müssen wir uns intensiv um Förderung bemühen.