Bilanz des Weihnachtsgeschäfts

Die Eberbacher kaufen "bewusst" ein

Die Bürger nehmen sich Zeit und wissen Beratung und Service zu schätzen.

05.01.2023 UPDATE: 05.01.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 29 Sekunden
Zahlreiche Ideen für das passende Geschenk hatten die Eberbacher Einzelhändler. Im Spielwarengeschäft von Mahmoud Ismail gingen neben Lego auch die Spiele von Haba sehr gut. Foto: Moritz Bayer

Von Moritz Bayer

Eberbach. Für viele Geschäfte ist es die umsatzstärkste Zeit des Jahres: die Tage vor Weihnachten. In Eberbach, das wie die meisten Gemeinden zuletzt von einigen Geschäftsschließungen gebeutelt wurde, stellte sich zum Jahresabschluss ein erfreulich positives Bild ein.

Denn nicht nur lief das Geschäft trotz mancherlei Widrigkeiten mehrheitlich sehr ordentlich, sondern es wurde auch ein neues – oder wiederentdecktes – Bewusstsein bei den Käufern ersichtlich.

Seit 1989 arbeitet Sieglinde Beisel schon im NKD und kennt die Branche lange. Dieses Jahr kauften die Menschen laut ihr bewusster ein, machten sich mehr Gedanken. Das Geschäft lief gut, besonders Wolldecken, kuschelige Socken, Kerzen und Batterien wurden gefragt.

Ein Fingerzeig für Vorratskäufe? "Es macht den Anschein, als wollten die Menschen eben vorbereitet sein. Zumindest haben sich viele Gedanken gemacht, was sie oder ihre Freunde wirklich brauchen können", meint Beisel. Denn umgetauscht wurde fast nichts, wenngleich das problemlos möglich wäre. "Ein zufriedener Kunde kommt wieder, dafür tun wir natürlich alles." Die Filialleiterin möchte ihren Teil dazu tun, dass die Eberbacher Innenstadt lebendig bleibt.

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Auch im Reformhaus Wolff lief das Geschäft ordentlich, die gefragten Themen waren Gesundheit und Genuss. Häufig verkauft wurden Bio-Wein und Manuka-Honig aus Neuseeland.

Dem "medizinischen Honig", wie ihn Inhaberin Christina Wolff nennt, wird aufgrund seines hohen Gehalts an entzündungshemmenden Substanzen heilende Wirkung zugeschrieben. Umtausch ist hier kein Faktor. "Die Leute wissen, was sie wollen, und erkundigen sich vorher, beziehungsweise werden fachgerecht beraten. Zurückgeben wollte niemand etwas", klärt Wolff auf.

"Schuhe werden eigentlich das ganze Jahr über nachgefragt", sagen Rudi Niedermayer und Hilde Waadt-Niedermayer vom Schuh- und Sporthaus Niedermayer. Aber aus Erfahrung können die Eberbacher berichten, dass das früher anders war: "Da haben wir sicher hundert extra Paar Hausschuhe in der Vorweihnachtszeit verkauft."

Heute gibt es diese Spitze nicht mehr, wenngleich Hausschuhe übers Jahr gesehen häufig gekauft wurden. Das Ehepaar erkennt ebenfalls ein bewussteres Einkaufen der Bürger. Sie nähmen sich mehr Zeit, etwas Passendes zu finden.

Positiv lief es auch in der Parfümerie Godel. Es wurde mehr als im letzten Jahr verkauft. Einen kleinen "Extra-Boost" gab wie immer die 20-Prozent-Aktion für alle im PC erfassten Stammkunden. Umtausche sind möglich, aber selten. Nur, wenn jemand aus Versehen das falsche Parfüm der gleichen Marke erwischt hatte, käme das mal vor.

Über Stammkunden ist auch Susanne Reinig mehr als froh. Deren Treue sei bemerkenswert. "Wir tun alles, um ihnen auch etwas bieten zu können", sagt die Inhaberin von Electroplus Reinig.

Persönlicher Einkauf würde geschätzt, was in der jüngeren Vergangenheit doppelt wichtig war: Denn obgleich der Weihnachtsverkauf gut lief, machte die Sperrung der Straße nach Waldbrunn Reinig Sorgen. Sie ärgere sich, ob das nicht hätte besser gelöst werden können als mit einer Sperrung bis kurz vor Weihnachten. Aktuell ist die wichtige Zufahrtsstraße in die Stadt offen, aber bald wird sie wieder geschlossen werden.

Wie jedes Jahr wurde bei Nara Mode die Aktion der Stadtgutscheine gut angenommen. Selbst aus Heidelberg und Mannheim seien Leute gekommen, die Stimmung und Beratung im Laden zu schätzen wüssten. Bewusstes Einkaufen äußere sich dadurch, dass die Menschen länger geblieben wären und sich Zeit nähmen, das passende Geschenk zu finden. Im Dezember waren das vor allem Mützen, Schals und andere Accessoires. "Was man selbst mag, wird auch gern verschenkt", fasst die Verkäuferin zusammen.

Dass auch hier Umtausche, etwa bei falschen Größen, kein Problem sind, ist kundenfreundlich, denn entgegen der weitverbreiteten Meinung nicht gesetzlich vorgeschrieben. In Deutschland gibt es im Einzelhandel kein generelles Umtausch- oder Rückgaberecht. Der Kaufvertrag ist mit dem Bezahlvorgang und dem Aushändigen der Ware abgeschlossen, es gilt der Grundsatz: Verträge sind einzuhalten. Die Eberbacher Händler zeigen hier alle große Kulanz.

"Lego läuft immer gut, Lego Technik auch für Ältere", weiß Mahmoud Ismail von TA Toys zu erzählen. Und einen absoluten Renner gab (und gibt) es auch: Cascadia, das Spiel des Jahres, ist nicht nur bei ihm ausverkauft, sondern auch bei allen seiner fünf Lieferanten derzeit nicht zu bekommen. Die von Kinderärzten empfohlenen Spiele von Haba sind ebenfalls beliebt, da sie Lerninhalte für Kleinkinder spielerisch vermitteln.

Schwandl Uhren, Optik und Schmuck hatte ein ähnliches Geschäft wie im vergangenen Jahr. Das bewusste Einkaufen passt ins Bild, da kaum Umtausche stattgefunden haben.

Barbara Krawczyk von Barbara’s Beauty-Boutique fürchtet, dass die Anziehungskraft in der Innenstadt insgesamt nachlässt, da viele Geschäfte schließen. Gleichzeitig stellte sie fest, dass den Leuten Beratung wieder wichtiger wird. Krawczyk kann das einschätzen, sie arbeitet seit mehr als 50 Jahren in der Branche. Bei ihr lief der Weihnachtsverkauf gut, hervorzuheben wären die Besuche in der Beauty-Kabine bei Tochter Mona Menges. "Das haben sich einige gegönnt."

Während der Kältewelle wurde vermehrt Tee nachgefragt. Das war zwischenzeitlich anstrengend, als eine Lieferung von 90 Kilogramm auf dem Speditionsweg verloren gegangen war. Als alte "Kräuterhexe", wie sie sich lachend nennt, konnte sie aber viel beratend helfen und mit den Kunden geschmacklich auf ähnliche Tees ausweichen.

Dass ein neues Bewusstsein beim Kaufen einsetzt, sieht und hofft auch Sven Bauer, von der Eberbacher Werbegemeinschaft (EWG): "Die teils starke Abhängigkeit vom Ausland hat nicht nur Gutes, so wurde auch die eigene Infrastruktur geschwächt. Das fiel mehr und mehr auf, Qualität im Fachhandel ist wichtig. Das schätzen die Leute jetzt vielleicht noch mehr.

Negativ sieht der EWG-Vorsitzende wie Susanne Reinig die Sperrung der Straße bei Oberdielbach. "Das Vorweihnachtsgeschäft macht einen beträchtlichen Anteil am Gesamtumsatz vieler Händler aus". Bauers Appell an die Entscheider lautet daher logischerweise, für die Zukunft gemeinsam bessere Lösungen zu finden.

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