Obrigheim: EnBW will Brennelemente nach Neckarwestheim holen
Der Energiekonzern intensiviert seine Planungen für einen möglichen Transfer der ausgedienten Brennelemente aus dem Kernkraftwerk Obrigheim ins bestehende Zwischenlager am eigenen Kraftwerksstandort Neckarwestheim. Der Widerstand bleibt.
Obrigheim. Im Frühjahr waren es noch Planspiele, nun ist es ein konkretes Vorhaben: Der Energiekonzern EnBW intensiviert seine Planungen für einen möglichen Transfer der ausgedienten Brennelemente (BE) aus dem Kernkraftwerk Obrigheim (KWO) ins bestehende Zwischenlager am eigenen Kraftwerksstandort Neckarwestheim. Für EnBW überwiegen klar die Vorteile dieser Lagerungsvariante, bestehende Kapazitäten würden genutzt, ein weiteres Zwischenlager vermieden, der Standort Obrigheim zügig zurückgebaut und "atomfrei". In 15 Castorbehälter verpackt, könnten sich die Brennstäbe 2016 auf den Weg nach Neckarwestheim machen und dort für 40 Jahre zwischengelagert werden.
So die Theorie der EnBW. Für eine praktische Umsetzung sind allerdings neue Genehmigungen notwendig. Drei an der Zahl: Eine für die Zulassung der Castoren - die braucht man indes auch, wenn man die BEs am Standort Obrigheim zwischenlagern will. Eine weitere, um die Castoren von Obrigheim ins rund 50 Kilometer entfernte Neckarwestheim transportieren zu dürfen. Und eine dritte, um die Abschirmungsbehälter für die strahlenden Elemente am GKN einlagern zu dürfen. Bis zu Genehmigungen ist es in atomrechtlichen Belangen nicht selten ein langer Weg. So sich das Bundesamt für Strahlenschutz überhaupt mit den Überführungsplänen anfreunden kann. Daher weiß man auch bei der EnBW: "Vor 2016 ist ein Transport sicher nicht zu realisieren." Fakt ist: Für den weiteren Rückbau müssen die 342 im Nasslager des KWO ruhenden Brennelemente aus Betriebszeiten raus aus der Anlage. Denn inzwischen ist man schon dabei, das Herzstück des Atommeilers Baujahr 1968 zu zerlegen. Der Deckel des Reaktordruckbehälters, in dem einst die nun zu "versorgenden" Brennelemente Energie abgaben, ist schon zersägt. "In Obrigheim sind wir schon relativ weit", verkündet auch EnBW-Kernkraft-Geschäftsführer Jörg Michels.
Aus den Erfahrungen, die man in Obrigheim gemacht hat und macht, wird man auch bei den anstehenden Rückbauten in Neckarwestheim und Philippsburg profitieren. Atommüll aus dem KWO will man aber freilich dennoch nicht haben: "Unser Standpunkt ist unverändert", stellt Neckarwestheims Bürgermeister Mario Dürr auf RNZ-Nachfrage klar. "Wir sind gegen eine Überführung von Castoren aus Obrigheim ins Zwischenlager des GKN". Bereits im Frühjahr bekundeten Dürr und sein Gemeinderat ihre Ablehnung, nachdem die EnBW ihre Transferpläne erstmals offenbart hatte. Dürr bezieht sich nach wie vor auf eine Zusage des Landes, nach der nur Müll aus Neckarwestheim vor Ort gelagert werde. Die Kommunikation mit der EnBW laufe indes korrekt, so Dürr weiter, der Gemeinderat sei bereits vor zwei Wochen vom Energiekonzern über die aktuellen Planungen und Erkenntnisse im GKN informiert worden. "Da waren unsere Anwälte schon mit dabei", ergänzt der Bürgermeister. Die sollen nun die juristische Lage überprüfen. Gegen eine mögliche Änderungsgenehmigung würde man sich auf jeden Fall wehren.
Nicht gut zu sprechen ist Dürr auf Umweltminister Franz Untersteller (Grüne): "Der dürfte sich gerne mal melden und sich uns gegenüber erklären. Schließlich will er ja was von uns." Untersteller befürwortet das Transfervorhaben (siehe nebenstehenden Kasten).
Ähnlich wie Untersteller sieht es auch Obrigheims Bürgermeister Roland Lauer. "Wenn schon ein Zwischenlager besteht und das noch Kapazität hat, kann es schon Sinn machen, es auch dafür zu nutzen", so Lauer in Bezug auf die Überführungspläne. Zwar habe man auch den (weiterhin in Bearbeitung befindlichen) Antrag auf Errichtung eines neuen Zwischenlagers in Obrigheim unterstützt. Die nach dem Atomausstieg modifizierten Pläne der EnBW könne man aber auch nachvollziehen. Aus wirtschaftlicher Sicht sei ein Transfer nach Neckarwestheim wohl auch wirtschaftlicher. Wie sein Kollege in Neckarwestheim lobt derweil auch Lauer die Kommunikation mit dem Energiekonzern, der bereits im Vorfeld des Pressegesprächs vom Mittwoch den Austausch vor Ort gesucht habe.
Gegen eine Überführung spricht sich weiter die Initiative "AtomErbe Obrigheim" aus. Die Aushebelung des Grundsatzes, dass Atommüll auch dort gelagert wird, wo er produziert wurde, will man vermeiden. "Wir präferieren nach wie vor ein Zwischenlager vor Ort - nach höchstmöglichen Sicherheitsstandards", heißt es von Seiten der Initiative.