Elefanten-Attacke in Buchen: Haben Tierschützer "Baby" freigelassen?

Schwere Vorwürfe der Zirkusleute - DNA-Spuren sichergestellt und Ermittlungsgruppe gegründet - Elefant jetzt im Safaripark

15.06.2015 UPDATE: 16.06.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden

Durch diese Zeltplane, die üblicherweise zugeknüpft ist, muss "Baby" am frühen Samstagmorgen ins Freie gelangt sein.

Von Rüdiger Busch

Buchen. Zwei Tage nach der tödlichen Attacke von Elefantenkuh "Baby" auf einen 65-jährigen Spaziergänger drehte sich gestern alles um eine Frage: Wie konnte der Dickhäuter aus seinem Stallzelt entkommen? Unterdessen ist "Baby" gut in seiner neuen Heimat im Safaripark in Stukenbrock (Nordrhein-Westfalen) angekommen. Dort soll die 34-jährige Elefantenkuh in einer kleinen Gruppe von Elefanten integriert werden. "Baby" habe die Nacht sehr gut überstanden und bereits Kontakt zu drei weiteren Elefantendamen aufgenommen, heißt es in einer Mitteilung.

"Es gibt noch keine neuen Erkenntnisse", sagte Oberstaatsanwalt Franz-Josef Heering am gestrigen Montag zur RNZ. "Wir versuchen nun, die näheren Umstände zu ermitteln, wie der Elefant aus seinem Zelt herausgekommen ist." Um festzustellen, wie das Tier aus dem Zelt gelangen konnte und warum es so aufgebracht war, dass es einen Menschen angegriffen hat, wurde die Ermittlungsgruppe "Zirkus" aufgestellt. Dabei geht es um die Frage, ob das Zelt des Dickhäuters nicht ordnungsgemäß verschlossen war, oder ob jemand nachgeholfen hat? Oder kurz: Fahrlässigkeit von Seiten der Zirkusmitarbeiter oder eine kriminelle Tat eines Außenstehenden?

"Wir müssen erst einmal ein genaues Bild gewinnen", unterstreicht Heering. Teil dieses Bildes ist möglicherweise auch ein Aspekt, über den die RNZ gestern exklusiv berichtet hat: Die Beobachtung einer Passantin, dass der Elefant, während er auf einer Wiese graste, von Jugendlichen provoziert worden sei. Es habe sich um Mutproben gehandelt - Mutproben, die womöglich später zu dem tödlichen Angriff geführt haben? "Wir werden auch in diese Richtung schauen", so Heering.

War es Vorsatz oder Fahrlässigkeit? Gegen Letzteres sprechen die Eindrücke vor Ort. "Baby" war in einem Stallzelt untergebracht und dort noch zusätzlich mit einem Elektrozaun gesichert. Dass der für den Einschluss des Elefanten verantwortliche Tierpfleger alle drei Komponenten einfach vergessen hat, erscheint schwer nachvollziehbar.

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Im früheren Elefantenzelt, das inzwischen zum neuen Heim der Dromedare umfunktioniert worden ist, schildert Marianne Frank, wie sich die Situation am frühen Samstagmorgen dargestellt habe: Die Stromführung des Elektrozauns sei unterbrochen gewesen, alle drei Elemente des Elektrozauns seien durchschnitten gewesen, und die Zeltplane sei aufgeknöpft gewesen. Für Marianne Frank und ihre Familie ist eines klar: "Es waren Tierschützer!"

Kann die Staatsanwaltschaft die Eindrücke vor Ort bestätigen? "Die Polizei hat DNA-Spuren am Zelteingang und am Stecker des Elektrozauns gesichert", sagt Oberstaatsanwalt Heering auf RNZ-Nachfrage. Die Auswertung dieser Spuren werde jedoch geraume Zeit dauern. Und wurde der Elektrozaun durchschnitten? "Dazu werden wir nichts sagen." Ein Dementi hört sich anders an.

Wurde "Baby" wirklich freigelassen, dann müssen es aber nicht zwangsläufig fehlgeleitete Tierschützer gewesen sein. Auch durch Alkohol zu einer solchen Tat ermutigte Nachtschwärmer sind nicht völlig auszuschließen. Es bleibt zu hoffen, dass die Ermittlungen bald Licht ins Dunkel bringen.

Spätestens bis Mittwoch möchte der Zirkus seine Zelte in Buchen endgültig abgebrochen haben. Wo das nächste Ziel des "Circus Luna" liegt, will Mirella Frank, eine der Töchter von Seniorchef Walter Frank, aus Angst vor weiteren Nachstellungen durch militante Tierschützer nicht nennen. Nur soviel: "Es wird weiter weg sein!"

"Warum lassen Sie uns nicht endlich in Frieden?", fragt Mirella Frank und meint damit die Tierrechtaktivisten von Peta, von denen sich die Zirkusleute verfolgt fühlen. "Schon mehrfach sind ihre Aktivisten unerlaubt in unsere Gehege eingedrungen", berichtet Slatjana Frank, eine Enkelin des Zirkuschefs.

"Das Unglück tut uns furchtbar leid. Wir trauern mit der Familie", sagt Mirella Frank. Ihr 78-jähriger Vater und seine 75 Jahre alte Ehefrau seien mit den Nerven am Ende: "Sie weinen bitterlich."

Einige Meter entfernt lässt Marianne Frank den Blick wehmütig über den Festplatz schweifen. Ihre Kollegen und sie blicken in eine ungewissen Zukunft. "Das schreckliche Ereignis hat nicht nur eine, sondern zwei Familien ins Unglück gestürzt", sagt sie, "ich hoffe, dass der Verursacher bald gefunden wird."

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